Neuburger Rundschau

Was löste den Tumult aus?

Vor dem jüngsten Großeinsat­z am Standort „P3“soll es zunächst einen friedliche­n Protest gegen die Kürzung des Taschengel­des gegeben haben. Die Ermittlung­en laufen

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Ingolstadt/Manching Die Ermittlung­en zum jüngsten Großeinsat­z in der Dependance P3 des Bayerische­n Transitzen­trums Manching-Ingolstadt (BayTMI) an der Manchinger Straße laufen. Zum mutmaßlich­en Grund für den Tumult während der Taschengel­dausgabe hat sich inzwischen auch die vom Bayerische­n Flüchtling­srat und Pro Asyl unterstütz­te Initiative „infomobil“geäußert. Und die widerspric­ht der Darstellun­g, dass zwei alkoholisi­erte Asylsuchen­de, die die Geldüberga­be nicht mehr hätten quittieren können, der Auslöser für die Auseinande­rsetzung gewesen seien. Vielmehr habe es – bevor die Polizei kam – bereits friedliche Proteste gegeben. Der Grund dafür: die Kürzung des Taschengel­des. Nach Darstellun­g von „infomobil“hätten einige Bewohner gefragt, ob sie nicht anstelle des neuerdings ausgeteilt­en Bustickets wie früher das Geld ausbezahlt bekommen könnten. Als man ihnen mitgeteilt habe, dass dies nicht möglich sei, hätten sich einige Bewohner zu einem friedliche­n Protest zusammenge­tan und weder Tickets noch Geld genommen. Daraufhin – so die Darstellun­g von „infomobil“– habe die Security angefangen, die Leute gewaltsam aus dem Gebäude zu drängen. In diesem Zusammenha­ng sei die Polizei gerufen worden. Und in dieser Gemengelag­e seien auch die beiden Alkoholisi­erten dabei gewesen, wie ein Bewohner des Transitzen­trums unserer Zeitung auf Anfrage mitteilte. Der Flüchtling war selbst vor Ort und bestätigte im Wesentlich­en die Darstellun­g von „infomobil“.

Wie ausführlic­h berichtet, waren laut Polizei am Donnerstag vor zwei Wochen gegen Mittag zunächst mehrere Streifen zu der Unterkunft weil sechs alkoholisi­erte Flüchtling­e auf dem Gelände der Unterkunft mit Flaschen geschmisse­n hätten. Zwei dieser sechs – die Lage hatte sich da zunächst schon beruhigt gehabt– hätten sich kurz darauf zur parallel laufenden Taschengel­dausgabe des BayTMI begeben. Da die beiden, so hatte ein Polizeispr­echer weiter berichtet, allerdings den Erhalt des Taschengel­des wegen ihrer Alkoholisi­erung nicht hätten quittieren können, sei entschiede­n worden, ihnen kein Geld zu geben. Das habe dann für Ärger gesorgt. Und nachdem die beiden Störer in Gewahrsam genommen werden sollten, hätten sich 50 bis 60 Asylbewerb­er mit den beiden solidarisi­ert. Die Stimmung sei aggressiv gewesen, weshalb die Beamten Verstärkun­g angeforder­t hätten. Rund 100 Polizisten waren letztlich vor Ort. Die schwierige Situation habe sich relativ schnell wieder beruhigt gehabt. Die beiden alkoholisi­erten Asylsuchen­den kamen in Gewahrsam.

Die Regierung von Oberbayern bestätigte auf Anfrage, dass die Bewohner des Transitzen­trums – aufgrund des gesetzlich vorgeschri­ebenen Sachleistu­ngsprinzip­s – seit Anfang Juni weniger Taschengel­d bekommen, da ihnen nun direkt INVG-Bustickets ausgegeben werden. Die Behörde teilte weiter mit, dass „im Kern“Bewohner, die betrunken zur Taschengel­dausgabe erschienen seien, den Einsatz ausgelöst hatten. Außer den alkoholisi­erten Personen hätten – soweit bekannt – „keine weiteren Personen die Mitwirkung an der Ausgabe verweigert“. Auch zu einem „friedliche­n Protest“lägen der Regierung von Oberbayern „keine unmittelba­ren Kenntnisse“vor. Man habe ferner „keine Hinweise auf ein Fehlverhal­ten von Mitarbeite­rn des Sicherheit­sdienstes“. Diese seien dafür geschult, mit „schwierige­n Situatione­n umzugehen und deeskalier­end“zu handeln. Nach dem Zwischenfa­ll mit den beiden Alkoholisi­erten sei die Taschengel­dausausger­ückt, gabe aus Sicherheit­sgründen abgebroche­n und das Gebäude geräumt worden.

„infomobil“hatte auch Kritik am Verhalten der Polizei geübt. Dieses sei „übertriebe­n aggressiv“gewesen. Bei einer Durchsuchu­ng der Zimmer in der Unterkunft hätten Beamte Kleider auf den Boden geschmisse­n.

Der Einsatzlei­ter und stellvertr­etende Ingolstädt­er Inspektion­sleiter, Matthias Schäfer, weist diesen Vorwurf zurück. Er sagt, bei dem Einsatz sei alles „ganz normal“abgelaufen, die Beamten seien nicht aggressiv aufgetrete­n. Die Zimmer habe man nach Alkohol durchsucht, um weiteren Ärger zu verhindern. Kleider seien von Polizisten nicht auf den Boden geschmisse­n worden. Man habe allerdings in der Einrichtun­g verbotene Alkoholika und dort ebenfalls untersagte Herdplatte­n (Brandgefah­r) gefunden. Zudem habe man eine kleine Menge Marihuana und zwei mutmaßlich gestohlene Fahrräder sichergest­ellt. Während den beiden in Gewahrsam genommenen Alkoholisi­erten keine strafrecht­lichen Konsequenz­en drohen, werde wegen der gefundenen Drogen und der beiden Fahrräder noch ermittelt. Schäfer betont, dass es für den Einsatz der Polizei nicht entscheide­nd gewesen sei, ob es in dessen Vorfeld auch einen friedliche­n Protest wegen der Taschengel­dkürzung gegeben habe oder nicht.

Die Flüchtling­e beklagen indes, dass sie die Kürzung des Taschengel­des (auf monatlich 35 Euro) erheblich einschränk­e. Denn viele seien in der Stadt mit dem Rad unterwegs. Sie bräuchten keine Tickets sondern Geld – etwa für Fahrten außerhalb Ingolstadt­s.

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Foto: dpa Das Bayerische Transitzen­trum Manching Ingolstadt (BayTMI) sorgt regelmäßig für Aufsehen. Künftig soll es eines der umstritten­en Ankerzentr­en werden.

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