Warum Zeit Geld kostet
Wissenschaftler der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt gingen der Geduld verärgerter Kunden auf den Grund
Eichstätt Wie lange können sich Firmen damit Zeit lassen, Beschwerden über Servicefehler zu bearbeiten und Kunden dafür zu entschädigen? Und wie entwickelt sich die Erwartungshaltung von Kunden, je länger eine Entschädigung auf sich warten lässt? Diesen Fragen ging ein Forscherteam des Lehrstuhls für Dienstleistungsmanagement der KU Eichstätt-Ingolstadt in mehreren experimentellen Studien nach.
Das Team um Prof. Dr. Jens Hogreve, Dr. Nicola Bilstein und Leonhard Mandl stellte bei einer Befragung von über 50 Service-Verantwortlichen – von Fluglinien über Paketdienstleister bis hin zu Tourismusanbietern – vorab fest, dass bislang nur wenige Firmen eigene Standards für den Zeitraum definiert haben, in dem Service-Fehler zu bearbeiten sind. Auch eine Studie über den direkten Einfluss der Zeit bis zu einer Wiedergutmachung auf die Erwartungen der Kunden fehlt. Daher wurden mehrere hundert Probanden unter anderem mit diesem Szenario konfrontiert: Als Fluggast haben sie nicht ihren reservierten Sitzplatz erhalten, sondern einen ungünstiger gelegenen, aber in der gleichen Kategorie. Anschließend wurden sie darüber informiert, dass sie nach einer Beschwerde am Serviceschalter sofort oder nach einer Woche oder vier Wochen eine Entschädigung erhalten. Die Probanden sollten angeben, in welcher Höhe eine Entschädigung für sie zum jeweiligen Zeitpunkt befriedigend wäre. Die Ergebnisse zeigen, dass zwar die Erwartungshaltung tendenziell ansteigt, je länger eine Entschädigung dauert. Jedoch ließen sich kaum Unterschiede in der erwarteten Kompensationshöhe zwischen einer sofortigen Entschädigung und einer Wiedergutmachung nach einer Woche feststellen. „Kunden verstehen, dass Firmen generell eine gewisse Zeit benötigen, um Lösungen anzubieten. Sie sind mehr an einer adäquaten Lösung interessiert als an einer übereilten“, erklärt Hogreve. Dieses „Zeitfenster der Toleranz“lasse sich – wie die weiteren Untersuchungen zeigten – durch eine gezielte Kommunikation (plausible Gründe nennen, über Fortgang der Bearbeitung informieren) der Firmen mit ihren Kunden ausweiten. Doch bei zu viel Kommunikation komme es zu einem „too-much-of-a-good-thing“ Effekt, der dazu führe, dass die Kompensationserwartung mit der Zeit steige. Herausgestellt habe sich auch, dass Neukunden schnell eine höhere Entschädigung erwarten und Stammkunden eine größere Geduld hätten. Die Firmen dürften jedoch den Bogen nicht überspannen. Für sie empfehle es sich, etwa durch Befragungen mehr über die branchenspezifische Zeit zu erfahren, die ihre Kunden bei der Bearbeitung von Service-Fehlern tolerieren.