Windböen als größter Feind
Der 24-jährige Neuburger Dominik Winter betreibt Modellfallschirm-Zielspringen und zählt dabei zur europäischen Elite. Warum es passieren kann, dass man 800 Kilometer zu einem Turnier „umsonst“fährt
Neuburg Modellfliegen und Fallschirmspringen ist wohl für nahezu jedermann ein Begriff. Anders dürfte es sich indes mit „Modellfallschirm-Zielspringen“verhalten. Einer, der diese Sportart perfekt beherrscht und bereits seit Jahren zur europäischen Elite zählt, ist Dominik Winter. In unserer Serie
stellen wir den 24-Jährigen und seine LieblingsFreizeitbeschäftigung einmal etwas genauer vor.
Wie sind Sie zum ModellfallschirmZielspringen gekommen und seit wann üben Sie diese Sportart aus?
Winter: Zum Modellfliegen bin ich einst durch einen Arbeitskollegen meines Vaters gekommen, als ich ungefähr zehn Jahre alt war. Der hat mir seinen alten Flieger gegeben, mit dem ich das Ganze mal ausprobieren konnte. Nachdem ich den Flieger dann zweimal „gecrasht“habe, wollte ich es unbedingt richtig lernen – und so bin ich zum Modellfliegen gekommen. Irgendwann war dann auch einmal ein Wettbewerb im Zielspringen, wobei mich einer unserer Leute aufgefordert hat, doch einfach mal mitzumachen. Nachdem ich in der Jugendklasse auch prompt Erster geworden bin, hat mir diese Disziplin sofort Spaß gemacht. Letztlich bin ich bis heute dabei geblieben.
Was fasziniert Sie besonders am Modellfallschirm-Zielspringen?
Winter: Zunächst einmal ist es die Tatsache, dass man den Ausgang eines Wettbewerbs beziehungsweise Fluges aufgrund des Windes nicht vorhersehen kann. Das Schönste ist aber in meinen Augen die Gemeinschaft. Bei den jeweiligen Wettkämpfen an verschiedenen Orten trifft man zumeist immer wieder die gleichen Teilnehmer aus ganz Europa. Im Grunde ist es wie eine große Familie. Wenn man in Deutschland, Österreich oder der Schweiz unterwegs ist, dann ist das für mich jedes Mal so etwas wie ein kleiner Urlaub.
Was ist das Nervigste an Ihrer Sportart?
Winter: (überlegt) Letztlich sind es die Windböen, die schlichtweg nicht vorhersehbar sind. Wenn dich in einem Wettkampf eine solche erwischt, hast du keine Chance und bist einfach weg. Da kann es dann schon passieren, dass man die 800 Kilometer nach Holland quasi um- sonst gefahren ist. Wenn man auf diesem Niveau auch nur einen Sprung „versemmelt“, hat man keine Chance mehr.
Wie groß ist der Zeitaufwand, den Sie betreiben?
Winter: Nun, was einen Wettkampf betrifft, sind wir immer das ganze Wochenende unterwegs, wobei das eigentliche Springen immer am Samstag stattfindet. Eine Ausnahme bildet hier die deutsche Meisterschaft, bei der drei Tage gesprungen wird. Auf das ganze Jahr verteilt, stehen circa zehn, elf Wettkämpfe auf dem Programm. Trainingstechnisch ist man letztlich von mehreren Faktoren abhängig. Zum einen vom Wetter, zum anderen von Teamkollegen. Da Modellfallschirm-Zielspringen ein Mannschaftssport ist, benötigt man auch immer andere Leute – beispielsweise für ein Schleppflugzeug, das die Fallschirme nach oben zieht. Im Idealfall trainieren wir im Sommer zweioder dreimal pro Woche. Wie hoch ist der finanzielle Aufwand beim Modellfallschirm-Zielspringen? Winter: Nun, es gibt Einsteiger-Modelle, mit denen man trainieren und Spaß haben kann. Wenn man überhaupt keine Ausrüstung hat, beginnt das Ganze bei 400 bis 500 Euro. Später, wenn dann auch Wettkämpfe hinzukommen, liegt man bei rund 1000 Euro. Falls jemand das Modellfallschirm-Zielspringen bei uns im Verein mal ausprobieren möchte, besteht dazu natürlich kostenlos die Möglichkeit.
Was ist Ihr wichtigster beziehungsweise „heiligster“Ausrüstungs-Gegenstand?
Winter: Letztlich geht man mit jedem Teil sehr sorgfältig um, da es nicht gerade billig ist. Ein besonderes Augenmerk lege ich vor allem auf die Fernbedienung, damit diese beispielsweise nicht nass wird. Bei Regen wird aber in der Regel ohnehin nicht mehr geflogen.
Was würden Sie als Ihren bislang größten Erfolg beziehungsweise bitterste Enttäuschung bezeichnen?
Winter: Mein größter Erfolge war sicherlich der zweimalige Gewinn der European-Para-Trophy 2015 und 2016. Das ist quasi die europäische Jahreswertung mehrerer Wettkämpfe in einer Saison. Das ist in etwa vergleichbar wie der Weltmeistertitel in der Formel 1 – es gibt zahlreiche Rennen und am Ende einen Gesamtsieger. Auf der anderen Seite gibt es immer mal Wettkämpfe, die nicht so laufen, wie man sich das wünscht. Aber durch die enorme Gemeinschaft unter den Teilnehmern wird man dann immer sehr gut aufgefangen, sodass man das schnell wieder vergisst.
Haben Sie ein Vorbild oder einen Lieblingssportler?
Winter: Nein, eigentlich nicht. Da das Teilnehmerfeld insgesamt doch noch ziemlich überschaubar ist, gibt es diesen einen großen Überflieger, zu dem alle anderen aufschauen, nicht. Gibt es noch andere Sportarten, für die Sie sich begeistern können?
Winter: Ganz klar Eishockey! Zum einen spiele ich im Winter in einer Hobbymannschaft in Ingolstadt. Zum anderen bin ich DauerkartenBesitzer beim ERCI und begleite die DEL-Mannschaft auch regelmäßig auf Auswärtsfahrten. Ansonsten schaue ich mir hin und wieder American Football im Fernsehen sehr gerne an.
Welche Fähigkeiten sollte man mitbringen, wenn man mit Modellfallschirm-Zielspringen beginnen möchte? Winter: Man sollte sich zunächst einmal gerne im Freien aufhalten. Auch eine große Portion Geduld ist hilfreich, da es schon passieren kann, dass man am Anfang etwas weiter laufen muss, um den Fallschirm wieder zu finden (lacht) – aber das passiert auch uns „Profis“. Wenn man diese Sportart dann intensiver betreiben möchte, ist ein gewisses technisches Grundverständnis sicherlich auch nicht verkehrt.