7000 Zinnsoldaten nehmen die Harburg ein
Die Gemeinnützige Fürst zu Oettingen-Wallerstein Kulturstiftung eröffnet eine Dauerausstellung der Zinnfigurensammlung des Harburgers Gerald Lang. Damit bleibt das Lebenswerk des Hobby-Künstlers in der Heimat
Claudia Lang ist erleichtert. Das Lebenswerk ihres Vaters Gerald Lang bleibt in der Heimat. So wie es sich ihr 2016 gestorbener Vater immer gewünscht hatte. Die Gemeinnützige Fürst zu Oettingen-Wallerstein Kulturstiftung eröffnet am 5. Juni in der Roten Stallung auf Schloss Harburg eine Dauerausstellung. Gezeigt wird die Zinnfigurensammlung des Harburgers Gerald Lang. Über 7000, von Lang in mühevoller Handarbeit bemalte Zinnsoldaten werden auf der Harburg zu sehen sein. „Wir sind überglücklich, dass die Werke in der Heimat bleiben. Daran hätte mein Vater sicherlich große Freude gehabt“, erklärt Claudia Lang.
Bis vor Kurzem waren die kleinen Statuen noch in Claudia Langs Elternhaus gelagert. „Die Figuren und Dioramen standen im ganzen Haus verteilt, sogar im Schlafzimmer meiner Eltern“, erzählt die Augsburgerin. Nun werden etwa zwei Drittel der insgesamt nahezu 12000 Figuren ihres Vaters auf der Harburg ausgestellt. Passend zu den historischen Gemäuern werden in der Ausstellung ausschließlich militärische Figuren von der Römerzeit bis ins frühe 20. Jahrhundert gezeigt. So sind unter anderem militärische Regimente aus Preußen, Sachsen, Österreich, Frankreich, Bayern und England zu sehen. Lang sammelte und bemalte aber auch „Zivilfiguren“wie Asterix und Obelix, König Ludwig II. oder die Serie „Mode im Wandel der Zeit“, in der jeweils ein Paar die Mode des jeweiligen Jahrhunderts repräsentiert – und das über eine Zeitspanne von 2000 Jahren. Sein aufwendigstes Werk ist im Stadtmauermuseum in Nördlingen zu sehen. Hier wird ein Diorama der Schlacht bei Nördlingen von 1634 mit über 4000 Figuren gezeigt.
Wie sich die Leidenschaft des in Konstanz am Bodensee geborenen und seit 1952 in Harburg lebenden Chemielaboranten für die 20 bis 54 Millimeter großen Figuren aus Zinn entfachte, ist auch für seine Tochter verwunderlich. „Wahrscheinlich hat er das von seinem Vater, der ein großer Bastler war und ihm Zinnfiguren zum Spielen geschenkt hat“, erinnert sich Claudia Lang. Bevor er 1974 seine ersten Figuren bemalt hatte, baute er historische Schiffsmodelle sowie alte Steinschlossgewehreund Pistolen nach. „Er war schon immer sehr geschichtsinteressiert, was ihm auch bei seinem Hobby entgegenkam“, erklärt Lang. Denn mindestens genauso zeitaufwendig wie das Bemalen der Tischtennisball großen Figuren mit Ölfarbe, Echthaarpinsel und Standlupe war das Recherchieren der wahrheitsgemäßen Darstellung der militärischen Szenen. Lang porträtiert in seinen Dioramen militärische Schlachten und Gefechte. Besonders viele Entwürfe hat er aus dem Dreißigjährigen Krieg, dem Siebenjährigen Krieg und dem Spanischen Erbfolgekrieg erschaffen. Dabei liegt der Teufel im Detail. Lang recherchierte oft wochenlang und tauschte sich mit Gleichgesinnten aus, um die richtigen Farben der Uniformen, die wahrheitsgemäßen Fahnen mit den entsprechenden Symbolen und Motiven und die korrekte historische Truppenaufstellung zu verwirklichen. Bei größeren Dioramen wie bei seinem Werk „Friedrich der Große“achtete Lang sogar auf die richtige Geländeform oder die passende Jahreszeit. „In dieser Hinsicht war er ein Perfektionist“, erzählt seine Tochter: „Wenn er Jahre später herausfand, dass eine Fahne aufgrund seiner Recherchen falsch war, malte er diese neu.“
An den 7000 kleinen Soldaten, die auf der Harburg zu sehen sind, sind übrigens kaum Abnutzungserscheinungen zu sehen. „Einzig an der Maltechnik kann man erkennen, welche mein Vater vor 40 Jahren oder erst am Ende bemalt hatte“, erklärt Claudia Lang. Diese habe sich ständig weiterentwickelt. Lang war im regelmäßigen Austausch mit Sammlern aus ganz Deutschland um seine Kunstwerke so wahrheitsgemäß wie nur möglich zu gestalten. An einer Figur habe er mindestens zwei Stunden gemalt. Falls der kleine Zinnsoldat auf einem Pferd saß, dauerte es doppelt so lange. „Die Pferde zu bemalen war das Schwierigste, weil hier viel mit Schattierungen gearbeitet werden muss“, so Claudia Lang. Die Geduld an seinem Hobby habe Gerald Lang allerdings nie verloren. Bis ins hohe Alter von 88 Jahren hat der Harburger seine Zinnfiguren bemalt. Nun ist sein Lebenswerk an einem würdigen Ort für jedermann zugänglich.