Neuburger Rundschau

Ein Schlag für Audi und die Region

Der Chef sitzt in Untersuchu­ngshaft, doch bei Audi muss es weitergehe­n. Wie Mitarbeite­r mit den Entwicklun­gen umgehen und was ein Händler und Neuburgs OB sagen

- VON LUZIA GRASSER UND STEFAN KÜPPER

Ingolstadt Am Vormittag hat die Meldung rasend schnell die Runde im Audi-Werk gemacht: Vorstandsc­hef Rupert Stadler sitzt in Untersuchu­ngshaft. Die Staatsanwa­ltschaft München hat befürchtet, dass der Audi-Chef nach seiner Hausdurchs­uchung möglicherw­eise Zeugen hätte beeinfluss­en wollen. Und so klingelten Mitarbeite­r der Behörde gestern in der Früh an seinem Privathaus im Ingolstädt­er Westvierte­l. Wie geht es nun weiter bei Audi, wenn der Chef im Gefängnis sitzt? Wie ist die Stimmung im Werk, in dem aktuell rund 44 000 Mitarbeite­r tätig sind? Was wünschen die sich für die Zukunft?

Kaum einer der Angestellt­en und Arbeiter mag sich zu der dramatisch­en Entwicklun­g gestern äußern. Kopfschütt­eln, „kein Kommentar“– das war’s. Unter den wenigen Äußerungen ist aber eins herauszuhö­ren: Vielen dauert die Dieselkris­e schon viel zu lange. Immerhin wurden bereits vor fast drei Jahren die ersten Hinweise auf eine manipulier­te Technik publik. Ein Großteil der Audi-Mitarbeite­r, so scheint es, hätte sich mittlerwei­le an die vielen Negativsch­lagzeilen gewöhnt, die zuletzt im Wochentakt auf sie einprassel­ten: Rückrufe, Razzien, erst am vergangene­n Montag die Hausdurchs­uchung bei Rupert Stadler wegen des Verdachts auf Betrug und mittelbare Falschauss­age. Gestern nun seine Verhaftung. „Eigentlich wollen wir nur Autos bauen“– mit diesem Kommentar drückt ein Mitarbeite­r seine Resignatio­n aus. Geht es um Stadlers Festnahme, sind die Meinungen in Ingolstadt zwiegespal­ten. Die einen beurteilen das Vorgehen der Staatsanwa­ltschaft als viel zu hart, ein anderer wiederum sagt: „Wer für die Verantwort­ung bezahlt wird, muss sie auch tragen.“

Einer, der Rupert Stadler persönlich kennt, ist Manfred Prüller. Der Neuburger Autohändle­r hat den Audi-Chef als „sehr klar strukturie­rten, scharfsinn­igen Menschen“erlebt. Und deshalb zeigt er sich auch betroffen von Stadlers Verhaftung: „Das geht mir schon nahe.“Die Dieselkris­e hat in den vergangene Jahren Prüllers Arbeit stark geprägt. „Aber die Kunden nehmen das bemerkensw­ert locker“, sagt der Neuburger. Noch immer werden Dieselfahr­zeuge verkauft, gerade von Vielfahrer­n. Doch Privatleut­e, die gerade vor der Entscheidu­ng „Diesel oder Benziner“stehen, tendierten dann doch eher zum Benziner, sagt Prüller. Der Dieselskan­dal selbst habe der Marke aber kaum was anhaben können: „Die Leute halten zu Audi.“

Nichtsdest­otrotz meint Neuburgs Oberbürger­meister Bernhard Gmehling, dass die Verhaftung Stadlers insgesamt schon „einen schweren Schlag für Audi“bedeute – und gleichzeit­ig einen für die gesamte Region, weil der Autobauer der mit Abstand größte Arbeitgebe­r ist. Dass es soweit gekommen ist, habe Gmehling hingegen „absolut überrascht“. Neuburgs Rathausche­f hätte nicht erwartet, dass bei der Untersuchu­ng von Stadlers Privathaus noch etwas herauskomm­en würde, nachdem sich die gesamte Affäre mittlerwei­le schon so lange hinziehe. Ingolstadt­s Oberbürger­meister Christian Lösel wollte sich auf Nachfrage nicht zu den aktuellen Entwicklun­gen äußern.

 ?? Foto: X. Habermeier ?? Als Audi vor vier Jahren in Neuburg mit dem damaligen Ministerpr­äsidenten Horst Seehofer (2. von links) sein Driving Experience Center eröffnete, war von einem Diesel skandal noch keine Rede. Im Zuge des Skandals wurde im September 2015...
Foto: X. Habermeier Als Audi vor vier Jahren in Neuburg mit dem damaligen Ministerpr­äsidenten Horst Seehofer (2. von links) sein Driving Experience Center eröffnete, war von einem Diesel skandal noch keine Rede. Im Zuge des Skandals wurde im September 2015...

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