Ein Schlag für Audi und die Region
Der Chef sitzt in Untersuchungshaft, doch bei Audi muss es weitergehen. Wie Mitarbeiter mit den Entwicklungen umgehen und was ein Händler und Neuburgs OB sagen
Ingolstadt Am Vormittag hat die Meldung rasend schnell die Runde im Audi-Werk gemacht: Vorstandschef Rupert Stadler sitzt in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft München hat befürchtet, dass der Audi-Chef nach seiner Hausdurchsuchung möglicherweise Zeugen hätte beeinflussen wollen. Und so klingelten Mitarbeiter der Behörde gestern in der Früh an seinem Privathaus im Ingolstädter Westviertel. Wie geht es nun weiter bei Audi, wenn der Chef im Gefängnis sitzt? Wie ist die Stimmung im Werk, in dem aktuell rund 44 000 Mitarbeiter tätig sind? Was wünschen die sich für die Zukunft?
Kaum einer der Angestellten und Arbeiter mag sich zu der dramatischen Entwicklung gestern äußern. Kopfschütteln, „kein Kommentar“– das war’s. Unter den wenigen Äußerungen ist aber eins herauszuhören: Vielen dauert die Dieselkrise schon viel zu lange. Immerhin wurden bereits vor fast drei Jahren die ersten Hinweise auf eine manipulierte Technik publik. Ein Großteil der Audi-Mitarbeiter, so scheint es, hätte sich mittlerweile an die vielen Negativschlagzeilen gewöhnt, die zuletzt im Wochentakt auf sie einprasselten: Rückrufe, Razzien, erst am vergangenen Montag die Hausdurchsuchung bei Rupert Stadler wegen des Verdachts auf Betrug und mittelbare Falschaussage. Gestern nun seine Verhaftung. „Eigentlich wollen wir nur Autos bauen“– mit diesem Kommentar drückt ein Mitarbeiter seine Resignation aus. Geht es um Stadlers Festnahme, sind die Meinungen in Ingolstadt zwiegespalten. Die einen beurteilen das Vorgehen der Staatsanwaltschaft als viel zu hart, ein anderer wiederum sagt: „Wer für die Verantwortung bezahlt wird, muss sie auch tragen.“
Einer, der Rupert Stadler persönlich kennt, ist Manfred Prüller. Der Neuburger Autohändler hat den Audi-Chef als „sehr klar strukturierten, scharfsinnigen Menschen“erlebt. Und deshalb zeigt er sich auch betroffen von Stadlers Verhaftung: „Das geht mir schon nahe.“Die Dieselkrise hat in den vergangene Jahren Prüllers Arbeit stark geprägt. „Aber die Kunden nehmen das bemerkenswert locker“, sagt der Neuburger. Noch immer werden Dieselfahrzeuge verkauft, gerade von Vielfahrern. Doch Privatleute, die gerade vor der Entscheidung „Diesel oder Benziner“stehen, tendierten dann doch eher zum Benziner, sagt Prüller. Der Dieselskandal selbst habe der Marke aber kaum was anhaben können: „Die Leute halten zu Audi.“
Nichtsdestotrotz meint Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling, dass die Verhaftung Stadlers insgesamt schon „einen schweren Schlag für Audi“bedeute – und gleichzeitig einen für die gesamte Region, weil der Autobauer der mit Abstand größte Arbeitgeber ist. Dass es soweit gekommen ist, habe Gmehling hingegen „absolut überrascht“. Neuburgs Rathauschef hätte nicht erwartet, dass bei der Untersuchung von Stadlers Privathaus noch etwas herauskommen würde, nachdem sich die gesamte Affäre mittlerweile schon so lange hinziehe. Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Lösel wollte sich auf Nachfrage nicht zu den aktuellen Entwicklungen äußern.