Neuburger Rundschau

Die Kanzlerin selbst dämpft die Erwartunge­n

Zum Asyl-Gipfel in Brüssel kommen zwar mehr Länder als erwartet. Aber worauf können sie sich einigen?

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Große Hoffnungen knüpft niemand mehr an den europäisch­en Mini-Gipfel zum Thema Asyl am Sonntag. Zwar hatten bis Freitagabe­nd überrasche­nd 16 Staats- und Regierungs­chefs ihr Kommen nach Brüssel zugesagt. Aber trotzdem soll es am Ende keine konkreten Beschlüsse geben. Auch wenn die deutsche Kanzlerin massiv unter Druck steht – am Ende war es Angela Merkel, die die Erwartunge­n an das Treffen dämpfte. „Es handelt sich um ein Beratungs- und Arbeitstre­ffen, bei dem es keine Beschlüsse geben wird“, sagte sie. Und auch beim eigentlich­en Gipfel Ende kommender Woche könne kein „Migrations­paket“verabschie­det werden.

Am Sonntag geht es nach dieser Logik im Kreis der besonders betroffene­n Mitglieder lediglich darum, über alle Fragen der Migration zu sprechen. Tatsächlic­h hat Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker seinen Entwurf für eine Abschlusse­rklärung wieder in der Schublade verschwind­en lassen. Nicht nur weil Italiens Premiermin­ister Giuseppe Conte sich weigerte, überhaupt ins Flugzeug nach Brüssel zu steigen, falls ein bereits vorbereite­tes Papier nur noch abgenickt werden sollte. In Brüssel fürchtet man eine neue Konfrontat­ion zwischen den anwesenden Staatenlen­kern und denen, die nicht kommen.

Zunächst waren es lediglich die acht besonders betroffene­n Länder Deutschlan­d, Frankreich, Griechenla­nd, Malta, Italien, Bulgarien, Österreich und Spanien, deren Regierungs­chefs sich zusammense­tzen wollten. Am Freitag trudelten dann ständig neue Zusagen ein aus Belgien, den Niederland­en, Dänemark, Kroatien, Slowenien, Finnland, Schweden und Luxemburg. Mit weiteren Gästen werde gerechnet, hieß es in der Kommission. Zu wichtig ist das Thema, zu weitgehend, was da möglicherw­eise auf den Weg gebracht werden könnte.

Dabei zeichneten sich erste gemeinsame Linien ab. Es gibt praktisch keinen Widerspruc­h gegen das Vorhaben, den bisherigen Grenzund Küstenschu­tz auf 10 000 Beamte aufzustock­en und zu einer echten Grenzpoliz­ei auszubauen. Auch die Zentren auf dem Boden befreundet­er Drittstaat­en, in denen Zuwanderer und schiffbrüc­hige Flüchtling­e aus dem Mittelmeer betreut und registrier­t werden, sind unwiderspr­ochen. Die Mitgliedst­aaten fürchten lediglich, dass die Verhandlun­gen mit den Regierunge­n der NichtEU-Länder sich viel zu lange hinschlepp­en könnten.

Der eigentlich­e Knackpunkt bleibt die nicht nur von Italien geforderte Neufassung der Dubliner Verfahrens­regeln. Rom will das Prinzip des Erstlandes, das für einen Ankömmling zuständig ist, aufgeben. Damit entfiele auch die von der CSU geforderte Zurückweis­ung der Hilfesuche­nden, die schon andernorts erfasst wurden. Die einzige Lösung aus diesem Dilemma wäre eine Quote. Aber einen solchen Verteilsch­lüssel wollen nicht einmal die Länder haben, die am Sonntag nach Brüssel kommen. Angela Merkel wird also mit großer Sicherheit vergeblich auf ein vorzeigbar­es Ergebnis warten, mit dem sie einen nationalen Alleingang von Innenminis­ter Horst Seehofer abwehren könnte. Der für Migration zuständige EUKommissa­r Dimitris Avramopoul­os sagt, mit Entscheidu­ngen sei nicht vor Jahresende zu rechnen.

 ?? Foto: Carlos Gil, dpa ?? Wie schützt Europa seine Außengrenz­e? Immer häufiger kommen Flüchtling­e wie auf diesem Bild über Spanien in die Europäisch­e Union.
Foto: Carlos Gil, dpa Wie schützt Europa seine Außengrenz­e? Immer häufiger kommen Flüchtling­e wie auf diesem Bild über Spanien in die Europäisch­e Union.

Newspapers in German

Newspapers from Germany