Endlich wehen sie wieder
Sie wehen wieder. Fährt man durch Neuburg und den Landkreis, so erblickt man dieser Tage des Öfteren Banner in SchwarzRot-Gold. Der Grund: Es ist wieder WM. Aber warum werden die Fahnen von den meisten nur dieser Tage gehisst? Diese Seltenheit ist schade, denn die Flaggen sehen nicht nur gut aus, sie vermitteln auch eine Wertschätzung, die hier manchmal fehlt, andernorts aber schier zur DNA gehört. Eine positive Nachricht ist es trotzdem, was – wenn auch eher zu WM-Zeiten – zurzeit zu sehen ist im Lande: Die Verkrampfung zu den Farben des Landes hat sich etwas gelöst.
In der Kindheit in gar nicht so fern zurückliegender Zeit, da zeigten sich viele Gartenbesitzer ohnehin nie wirklich verkrampft mit ihren Farben, auch wenn es meist um die weiß-blauen ging. Sie gehörten zu jedem Dorf, jedem Weiler dazu. Sie haben etwas vermittelt: Werte des Landes, Bodenständigkeit, Zusammengehörigkeits- und Verantwortungsgefühl für den Ort, an dem man lebt. Und irgendwie hat sich auch niemand daran gestört, dass sie aufgezogen wurden. Man hätte einem Meckerer auch schlichtweg verständnislos den Vogel gezeigt. Andernorts gehört die Fahne sowieso seit jeher dazu. In den Vereinigten Staaten weht sie vor fast jedem Häuschen. Und im einen wie im anderen Fall hat sie nie andere ausgeschlossen – nein, sie stand und steht für eben jene Zusammengehörigkeit, für Gemeinschaft, Tradition, für Verantwortung für das einem mit anvertraute Land. Und es ist schön, wenn sie wehen, die Farben der Städte, der Kirchen, des Landes. Ein gesunder Patriotismus bewahrt vor krampfhaftem Nationalismus.
Etwas mehr Respekt vor diesem Hintergrund und vor jenen Farben wäre bei uns manchmal angebracht. In unserer Kaserne, damals als junge Soldaten, wurde uns beigebracht, stehenzubleiben und zu salutieren, wenn die deutschen Fahnen aufgezogen oder eingeholt wurde. Das war manchmal nervig, wenn man nach Dienstschluss noch mal vor der Ausfahrt aus dem Auto steigen musste – aber im Grunde hat die Prozedur jedem von uns etwas nicht zu Unterschätzendes vermittelt: eine gewisse Achtung vor diesen Farben, vor Land und Leuten, die es zu bewahren und schützen gilt. Und das ist etwas, was auch außerhalb der WM-Zeiten aktuell ist. Vielleicht wehen ja einige Banner weiter – ganz locker, normal und unverkrampft.