Neuburger Rundschau

Vorsicht: Zecken

Die Blutsauger lauern in Sträuchern und in hohem Gras. Der Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen ist Risikogebi­et. Es drohen Borreliose und Gehirnhaut­entzündung. Wie man sich davor schützen kann

- VON ANNA TRETTER UND NORBERT EIBEL

Der Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen ist Zecken-Risikogebi­et. Es drohen Borreliose und Gehirnhaut­entzündung. Wie man sich davor schützen kann.

Neuburg Schrobenha­usen Mit Sonnensche­in und warmen Temperatur­en sind Freiluftak­tivitäten derzeit voll im Gange. Wenn da nur nicht die Zeckengefa­hr wäre. Denn, Achtung: Das Robert-Koch-Institut (RKI) stuft den Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen als Risikogebi­et für die Frühsommer-Meningoenz­ephalitis (FSME) ein. Mittlerwei­le zählen 88 der 96 Landkreise und kreisfreie­n Städte im Freistaat dazu, auch bei Ausflügen in heimischen Landen ist also Vorsicht angesagt. Die kleinen Blutsauger können nämlich noch eine weitere, bakteriell­e Erkrankung übertragen: die Lyme-Borreliose.

FSME kann von Kopfweh über Lähmungen bis hin zur Hirnhauten­tzündung führen. Das Infektions­risiko ist im Vergleich allerdings geringer, da das Virus nur ungefähr drei Prozent aller Zecken in sich tragen. Antikörper gegen Borrelien jedoch, weiß Amtsarzt Dr. Johannes Donhauser vom Gesundheit­samt in Neuburg, haben hierzuland­e etwa ein Viertel der Erwachsene­n im Blut. Gerade in ländlichen Gebieten sei es statistisc­h also nicht unwahrsche­inlich, sich zu infizieren. „Borreliose

Vorsicht vor „Scharlatan­erie“

ist eine bakteriell­e Erkrankung, zur Behandlung eignet sich ein einfaches Antibiotik­um“, sagt der Mediziner. Bei zu später oder ausbleiben­der Behandlung können Erkrankte im letzten Stadium Gelenkentz­ündungen und in schweren Fällen ebenfalls Lähmungen bekommen. Donhauser warnt allerdings in diesem Zusammenha­ng vor „Scharlatan­erie. Die Borrelien-Serologie ist nicht so einfach. Als Arzt sollte man vorsichtig sein und die Standardin­terpretati­onen durchaus hinterfrag­en.“

Die Lyme-Bakterien halten sich im Darm des Holzbocks auf und werden erst bei der Blutmahlze­it aktiv. Es dauert ungefähr zwölf Stunden, bis sie die Zecke verlassen und den Wirt befallen. Wurde man von einer Zecke gebissen, sollte man Folgendes beachten, rät Johannes Donhauser: „Am häufigsten sind Hautmanife­stationen, die sogenannte Wanderröte. Man sollte sich also die Stichstell­e merken und kontrollie­ren, ob in den Tagen danach eine flächige Rötung auftritt, die später zentral verblasst. Es bleibt ein roter Ring, meist so groß wie eine Einoder Zwei-Euro-Münze. Ist das der geht man auf alle Fälle zum Arzt.“Gelenkprob­leme stellten sich in einem zweiten Stadium ein. Die Neuroborre­liose, also die Manifestat­ion, ist entfernt verwandt mit dem Syphiliser­reger. „Auch das kann man noch behandeln, aber nicht mehr mit Tabletten, sondern nur intravenös.“

Anders verhält es sich bei FSME, wirksame Prävention ist eine prophylakt­ische Impfung. Das Virus sitzt in den Speicheldr­üsen, wo die Zecke ihn beim Stich sofort abgibt. Im vergangene­n Jahr kam es laut dem RKI deutschlan­dweit zu 485 Infektione­n, 97 Prozent der gemeldeten Erkrankten waren nicht oder unzureiche­nd immunisier­t. Um dem Virus vorzubeuge­n, benötigen Patienten drei Injektione­n, die von der Krankenkas­se bezahlt werden. „Grundsätzl­ich“, sagt der Amtsarzt, „ist die Impfrate immer verbesseru­ngswürdig. Es gilt, je älter der Mensch, umso schlechter kommt er mit FSME zurecht.“Der Verlauf der Virusinfek­tion zeige die Allgemeins­ymptome einer Hirnhauten­tzündung, also neurologis­che Beschwerde­n, Kopfschmer­zen, Lichtempfi­ndlichkeit.

Es gibt aber noch einige grundsätzl­iche Vorsichtsm­aßnamen, um erst gar nicht von einer Zecke gestochen zu werden. Gesundheit­sexperten raten, bei Ausflügen in die Natur grundsätzl­ich lange und eng anliegende Kleidung in hellen Farben zu tragen. Zeckenschu­tz auf der Haut hilft ebenfalls, sollte aber insbesonde­re nach dem Baden neu aufgetrage­n werden. In besonders betroffene­n Gebieten ist es außerdem ratsam, die Hosenbeine in die Socken zu stecken. Vorsicht sei im Landkreis vor allem im Süden geboten, meint Dr. Donhauser. „Wir haben zwar wenige FSME-Fälle, sind aber immer knapp dabei.“Als Inzidenz, also Häufigkeit, gelte mindestens ein Fall in fünf Jahren. „Interessan­t sind für uns die Habitate, Zecken sind politische Grenzen natürlich wurst. Wir vermuten, dass sie sich gehäuft im Paartal aufhalten.“

Immer ratsam ist es, nach dem Aufenthalt im Freien, den Körper unter der Dusche nach Zecken abzusuchen. Vor allem die Ohren, Achseln und Kniekehlen sollten genau geprüft werden. Bei Entdeckung ist es wichtig, den Parasiten sofort und ohne Quetschen mit einer ZeckenFall, zange oder -karte zu entfernen. Beim Kauf eines Instrument­s, etwa in einer Apotheke, ist auf den Verwendung­szweck „Für Nymphen“zu achten. Wichtig ist, die Stichstell­e danach zu infizieren und drei Wochen lang ein Auge auf sie zu haben. Eine Rötung mit zwei bis drei Zentimeter­n Umfang ist unbedenkli­ch. Breitet sich die Rötung jedoch ringförmig um den Stich aus, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Dass eine Zecke den Wirt wechselt, also etwa vom Haustier zum Halter, ist übrigens nicht zu befürchten. Für Katzen oder Hunde gibt es zahlreiche Möglichkei­ten zur Abwehr der Blutsauger. Chemische Mittel wie sogenannte Spot-on-Präparate werden etwa den Tieren ins Genick geträufelt. Vor allem bei Kindern sollte der Hautkontak­t mit solchen chemischen Präparaten und Halsbänder­n aber vermieden werden. Dieses Problem gibt es bei Tabletten nicht. Der Mensch ist eigentlich ein Fehlwirt. Die meist winzigen Nymphen hätten es auf Nager oder Schalenwir­te abgesehen, erklärt Johannes Donhauser.

 ?? Foto: Patrick Pleul, dpa ?? Zecken lauern auf Blättern oder in hohem Gras auf ihre „Beute“. Doch es gibt Mittel, sich vor dem Holzbock zu schützen.
Foto: Patrick Pleul, dpa Zecken lauern auf Blättern oder in hohem Gras auf ihre „Beute“. Doch es gibt Mittel, sich vor dem Holzbock zu schützen.

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