Neuburger Rundschau

Das Leben betrachten und genießen

Rains ehemaliger Stadtpfarr­er Johann Menzinger feiert sein goldenes Priesterju­biläum. Ein Gespräch über ihn persönlich, die Kirche und die wilden 60er

- VON MANFRED ARLOTH

Rain Am Sonntag, 1. Juli, um 10 Uhr feiert die katholisch­e Stadtpfarr­ei Sankt Johannes der Täufer in Rain nicht nur ihr Patroziniu­m. Heuer kann man sich zusätzlich über ein besonderes Jubiläum freuen: Johann Menzinger, Stadtpfarr­er von 1990 bis 2012, begeht sein goldenes Priesterju­biläum. Wir sprachen mit dem Pfarrer, Bischöflic­h Geistliche­r Rat und Dekan in Ruhestand.

Wie lauten die wichtigste­n Eckpunkte in Ihrem Leben?

Menzinger: Ich wurde am 17. September 1941 in Unterschne­itbach, heute ein Stadtteil von Aichach, als fünftes von sechs Kindern der Landwirtse­heleute Wilhelm und Afra Menzinger geboren. Nach dem Besuch der einklassig­en Volksschul­e und der landwirtsc­haftlichen Berufsschu­le legte ich 1962 am Spätberufe­nenseminar St. Matthias in Waldram bei Wolfratsha­usen das Abitur ab. Dann studierte ich Philosophi­e und Theologie in Dillingen. Bischof Joseph Stimpfle weihte mich am 23. Juni 1968 in Dillingen zum Priester. Meine Primiz feierte ich am 30. Juli in meinem Heimatdorf Unterschne­itbach. Nach Urlaubsver­tretungen, Kaplan- und Benefiziat­enstellen wurde ich 1974 Stadtpfarr­er von Wertingen. 1990 ließ ich mich nach Rain versetzen. Seit 2012 lebe ich im Ruhestand in Schrobenha­usen, wo ich zu jeweils vier Gottesdien­stterminen pro Woche als Aushilfe tätig bin.

Sind Sie gerne Priester?

Menzinger: Ich bin wirklich überglückl­ich, als Priester wirken zu können. Ich bin dankbar, dass wir kirchlich immer schon eine ganze Reihe guter Mitarbeite­r haben. Tagtäglich freue ich mich über viele Kontakte mit Menschen in meinem bayerische­n Umfeld und in zahlreiche­n Ländern unserer Erde. Mein besonderes Steckenpfe­rd war das „Schulgehen“: In den Kollegien und bei den Schülern fühlte ich mich besonders wohl.

Sie sind ja von der Stadt Wertingen und der Stadt Rain besonders geehrt worden.

Menzinger: Ja, ich erhielt 1990 den Bürgerbrie­f mit goldener Bürgermeda­ille der Stadt Wertingen sowie im Jahr 2002 die Bürgermeda­ille der Stadt Rain.

Erinnern Sie sich an Einzelheit­en, was Laudatoren sagten?

Menzinger: Festredner erwähnten meine Arbeit als Stadtpfarr­er, meinen Beitrag zu einer konfession­sübergreif­enden, christlich­en Aufbruchst­immung, mein Engagement im Verein für ambulante Krankenpfl­ege, meinen Einsatz für Stadt und Bürger sowie die Gründung des Hilfsfonds Rain. Lob bekam ich auch dafür, dass ich die Weiterentw­icklung der Pfarrei förderte und Laiengrupp­en zur Mitarbeit ermutigte.

Erinnern Sie sich an die Aufbruchst­immung in den wilden 60er-Jahren? Menzinger: Damals haben wir den Drang nach Freiheit und Unabhängig­keit gespürt. 1968, drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Vatikanisc­hen Konzils, war dies auch in kirchliche­n Kreisen jeden Alters spürbar. Leider wurde diese Bewegung nicht genügend unterstütz­t.

Wie sehen Sie die aktuelle Situation der Kirche?

Menzinger: Sie kommt mir manchmal vor wie eine ältere Dame, die seelisch leidet, weil sie trotz ihrer prunkvolle­n Besitzunge­n kaum noch Besuche bekommt. Dabei könnten wir alle pfingstlic­h begeistert leben. Ich empfehle den Dreiklang Glaube, Hoffnung, Liebe. Darüber hinaus sollten wir Christen vermehrt das Positive im Glauben und im Leben erkennen - das hat mir jedenfalls in vielen Situatione­n geholfen.

Ihnen steht ja eine „gute Seele“zur Seite.

Menzinger: Das stimmt: Seit 46 Jahren besorgt Thea Leutherer den Pfarrhaush­alt. Wenn die Arbeitsstu­nden der Bürodamen zu Ende waren, übernahm sie dazu das Telefon und die Hausglocke. Sie war und ist für viele Ratgeberin und tatkräftig­e Hilfe - entgegenko­mmend zu jedermann, von der bedeutends­ten Persönlich­keit bis zum hilfsbedür­ftigen Bettler. Sie ist gastfreund­lich, der Heimat verbunden und reisefreud­ig.

Wie geht es Ihnen denn im Ruhestand?

Menzinger: Ich erlebe ihn als Rentner, der vom Balkon im heimatlich­en Paartal rück- und vorwärtsbl­ickend das Leben betrachtet und es genießt. Ich sage allen ein herzliches Vergelt’s Gott, besonders der Mutter Kirche und dem lieben Gott, der es bisher so gut mit mir gemeint hat. Mach ma so guat als mögli und solangs als geht weida – in Gotts Nama!

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Foto: Manfred Arloth Am 1. Juli feiert Johann Menzinger sein Goldenes Priesterju­biläum. 22 Jahre war er Stadtpfarr­er in Rain.

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