Ein Außenseiter will Mexiko umkrempeln
Der Linkspolitiker López Obrador ging als Favorit ins Rennen. Er sagt Drogenhandel und Korruption den Kampf an
Mexiko Stadt Am Sonntag hat Mexiko einen neuen Präsidenten gewählt. Es könnte sein, dass Frust über die grassierende Korruption und die ausufernde Gewalt dazu geführt haben, dass die Mexikaner das politische Establishment ihres Landes abgestraft und einen politischen Außenseiter zu ihrem Präsidenten gemacht haben. Erste belastbare Wahlprognosen sollten heute früh um sechs Uhr vorliegen.
Der 64-jährige Andrés Manuel López Obrador kandidierte am Sonntag zum dritten Mal für das höchste Amt in dem lateinamerikanischen Land – dieses Mal mit besten Aussichten. Im Falle eines Wahlsiegs will der Linkspolitiker Mexiko gründlich umkrempeln. López Obrador, bekannt unter dem Kürzel „AMLO“, ist ein scharfer Kritiker der beiden Parteien, die Mexiko seit rund hundert Jahren prägen. „Mafia der Macht“nennt er sowohl die konservative PAN als auch die liberale PRI des amtieren- den Präsidenten Enrique Peña Nieto, der gemäß Verfassung nicht erneut kandidieren durfte. „Die Politik der letzten 30 Jahre hat nicht funktioniert“, dröhnte López Obrador bei seinem letzten Wahlkampfauftritt vor 100 000 Anhängern im Aztekenstadion der Hauptstadt. Wirtschaftliches Wachstum habe es nicht gegeben, angestiegen seien nur „Korruption, Armut, Kriminalität und Gewalt“. Viele Mexikaner teilen diesen Frust und verachten die Traditionsparteien – so sehr, dass deren Kandidaten im Wahlkampf darum bemüht schienen, sich möglichst von ihrem Parteierbe zu distanzieren. Geholfen hat es nicht: In den Umfragen lag López Obrador mit 48 Prozent weit vor seinen Kontrahenten – sogar um mehr als 20 Prozentpunkte.
„Sein Projekt vereint drei Dinge: den Kampf gegen den Drogenhandel, den Kampf gegen die Korruption und den Kampf gegen den Neoliberalismus“, sagt Paco Ignacio Tai- bo II, mexikanischer Autor und Historiker und bekannter Unterstützer des Linkspolitikers. Zu den größten Herausforderungen für Mexikos nächsten Präsidenten zählt auch der Umgang mit den USA unter Präsident Donald Trump, der den offenen Handel torpediert und die Einwanderung stoppen will. López Obrador kündigte eine harte Haltung gegenüber Trump an.
Kritiker werfen dem Linkskandidaten vor, keine konkreten Pläne vorweisen zu können, um die zweitgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas zu regieren. Er habe sich nie klar ausgedrückt, meint der PolitikExperte Fernando Dworak. Und: „Er hat jegliche Lösung um seine Figur und seine persönliche Fähigkeit, Probleme zu lösen, zentriert.“
Dabei verspricht López Obrador Bescheidenheit, wenn er im Amt ist: „Ich werde die Hälfte des Gehalts erhalten, das derzeit der Präsident erhält.“Außerdem will er das Präsidenten-Flugzeug verkaufen und die berühmte Präsidentenresidenz Los Pinos in ein Kulturzentrum verwandeln. Für seine Gegner ist er ein Populist und eine „große Gefahr für Mexiko“.Manche vergleichen ihn mit Hugo Chávez und fürchten, Mexiko könnte dasselbe Schicksal ereilen wie Venezuela und im Chaos versinken.
In seiner politischen Karriere hat der Mann aus dem südöstlichen Bundesstaat Tabasco mehr Niederlagen als Siege zu verzeichnen. Doch Hartnäckigkeit würden ihm auch seine Kritiker nicht absprechen. 1994 bewarb er sich vergeblich um den Gouverneursposten in seinem Heimatstaat. Im Jahr 2000 wurde er zum Bürgermeister von MexikoStadt gewählt. 2006 verlor er bei der Präsidentschaftswahl knapp gegen den konservativen Kandidaten, 2012 ebenso knapp gegen den liberalen Peña Nieto. Dieses Mal hat er sich allerdings ein klares Ziel gesetzt: Erfolg haben oder „zur Hölle“gehen.