Neuburger Rundschau

Keine Angst vor grimmigen Bayern!

Der Gymnasiast Moritz Niederhofe­r kann sich immer wieder aufs Neue für das Schafkopf begeistern. Im Gespräch mit dem Vorsitzend­en der Neuburger Schafkopff­reunde erklärt er seine Leidenscha­ft für das traditione­lle Kartenspie­l

- Interview: Laura Freilinger

Es gibt nicht viel, was Jung und Alt heute noch zusammenbr­ingt. Doch gibt es eine Konstante, die Generation­en seit Jahrhunder­ten vereint: die Tradition. Seit Neuestem gewinnt Schafkopfe­n immer mehr Aufmerksam­keit. Auch der Neuburger Gymnasiast Moritz Niederhofe­r verbringt seine Freizeit neben Tischtenni­s und Partnertan­z mit dem bayerische­n Kartenspie­l. Dass Schafkopfe­n gerade bei Jugendlich­en immer beliebter wird, freut Johann Schlamp. Der Vorsitzend­e der Schafkopff­reunde Neuburg begrüßt die stark wachsenden Mitglieder­zahlen seit der Vereinsgrü­ndung im März 2011.

Herr Niederhofe­r, Herr Schlamp, was bedeutet das Schafkopfe­n für Sie beide persönlich? Moritz Niederho fer: Ganz klar Heimat und Familie. Mein Vater brachte mir Schafkopfe­n im Alter von etwa acht Jahren bei. So wird es von Generation zu Generation weitergege­ben. Auch ich werde es meinen Kindern einmal beibringen. Johann Schlamp: Wenn man den ganzen Tag arbeitet und abends Schafkopf spielen kann, bedeutet das für mich Entspannun­g. Ich würde sogar von einer Lebenseins­tellung sprechen. Mein Opa lernte es mir, als ich fünf war. Ich bin mit der deutschen Sprache ebenso eng wie mit Schafkopfe­n aufgewachs­en.

Mau-Mau, Watten, Schafkopf: Was macht gerade Letzteres für Sie beide zum Interessan­testen?

Niederhofe­r: Die Vielzahl der Möglichkei­ten. Beim Mau-Mau weiß man schon zu Beginn, was passieren wird. Das ist beim Schafkopfe­n anders. Die Spielabläu­fe sind viel komplexer. Manchmal bin ich siegessich­er, verliere am Ende aber doch. Schlamp: Jede Handlung ist durch verschiede­ne Taktiken beeinfluss­t. Zu Beginn des Spiels ist nicht klar, wer mit wem zusammensp­ielt – ähnlich dem Watten. Außerdem spielt man mit der Karte Ass, die Könige kommen raus.

Wie funktionie­rt Schafkopfe­n denn? Niederhofe­r: Es ist schwer, die Regeln so kurz zu erklären. Ziel des Spiels ist es, 61 Punkte zu machen. Jeder der vier Spieler erhält acht von 32 Karten.

Schlamp: Kennzeiche­n des Schafkopfe­ns sind die Unter und Ober. Der Traum eines jeden Spielers ist das Phänomen „Sie“. Das bedeutet, gleich am Anfang vier Unter und vier Ober zu bekommen. Die Wahr- scheinlich­keit gleicht einem Lottogewin­n. Das hatten wir in unserem Verein zuletzt 2015.

Oft werden alteingese­ssene Bayern mit dem Kartenspie­l assoziiert. Zu recht? Niederhofe­r: Es stimmt, dass ich oft mit älteren Leuten zusammensp­iele, wie etwa mit meinem Vater. Das macht mir nichts aus. Es liegt mir am Herzen, dass sich die Tradition nicht in Luft auflöst.

Schlamp: Der Altersdurc­hschnitt in unserem Verein liegt bei 33 Jahren. Das ist deutlich jünger als das Klischee. Viele Schafkopfs­pieler sind zwischen 20 und 25 Jahren alt. Aktuell liegt unsere Frauenquot­e bei zwölf Prozent.

Fehlt es denn an Mitglieder­n in Ihrem Verein, Herr Schlamp? Schlamp: Neue Mitglieder sind jederzeit herzlich willkommen. Man braucht keine Angst zu haben, wir erklären die Regeln gerne – und auch solange, bis sie jeder am Ende verstanden hat. Da sitzen keine grimmigen Bayern, wir sind durchaus aufgeschlo­ssen.

Noch gehören Sie mit 16 Jahren zu den etwas jüngeren Schafkopfs­pielern, Herr Niederhofe­r. Haben Sie es da schwerer als andere?

Niederhofe­r: Ich denke, dass ich mittlerwei­le auf einem guten Niveau bin. Als ich in der deutschen Schafkopfl­iga gespielt habe, bekam ich allerdings schon komische Blicke zu spüren.

Schlamp: Was mich ein bisschen geärgert hat, war, als Moritz mich vor kurzer Zeit durch eine Erstplatzi­erung in einem Turnier in der Rangliste der Vereinsbes­ten geschlagen hat. Er ist auf Platz 13 vorgerückt. Was fasziniert Sie beide an diesem Kartenspie­l?

Niederhofe­r: Ich finde es toll, dass nach jeder Runde diskutiert wird, wie das eben beendete Spiel verlaufen ist. Aufgrund der Komplexitä­t kann das manchmal länger dauern. Bevor ich zuhause rumsitze oder Videospiel­e spiele, setze ich mich also lieber zum Schafkopfe­n. Schlamp: Ich finde es schön, dass der Spaß an der Sache bei uns nie vergessen wird. In den Trainingsr­unden spielen wir mit ein paar Cents als Einsatz. Bei ProfiSchaf­kopfspiele­rn geht es um Preisgelde­r von mehreren hundert oder tausend Euro. Da kommt es schon vor, dass es lauter wird. Bei uns im Verein gab es noch nie Streit.

Wie schwer ist es tatsächlic­h, als Neuling im Schafkopfe­n einzusteig­en? Niederhofe­r: Die Regeln sind in ein paar Stunden gut erklärt. Natürlich ist es immer auch anstrengen­d, wenn jemand neu dazukommt. Es braucht Geduld, das Spiel so lange zu erklären, bis es diese Person auch verstanden hat. Aber dafür macht es danach umso mehr Spaß.

Schlamp: Man kann Schafkopfe­n durchaus in sechs Monaten lernen. Es ist wie bei Tennis oder bei Fußball: ohne Spielpraxi­s kein Erfolg.

OInfo Jeden zweiten Samstag im Monat trifft sich der Verein im Wirtshaus Ass mann Kreil. Mehr unter www.schafkopf freunde neuburg.de.

 ?? Fotos: Laura Freilinger ?? Der sogenannte „Sie“ist das höchstwert­ige Solospiel im Schafkopf. Er kommt zustande, wenn ein Spieler gleich zu Beginn alle vier Ober und Unter des Kartendeck­s erhält. Die Wahrschein­lichkeit hierfür gleicht einem Lottogewin­n, sie beträgt 1: 10 518 300.
Fotos: Laura Freilinger Der sogenannte „Sie“ist das höchstwert­ige Solospiel im Schafkopf. Er kommt zustande, wenn ein Spieler gleich zu Beginn alle vier Ober und Unter des Kartendeck­s erhält. Die Wahrschein­lichkeit hierfür gleicht einem Lottogewin­n, sie beträgt 1: 10 518 300.
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Schlamp
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