Neuburger Rundschau

Macht Kurz gemeinsame Sache mit Seehofer?

Warum der Innenminis­ter in Österreich schwierige Gespräche vor sich hat

- VON ULI BACHMEIER, MARIELE SCHULZE BERNDT UND MICHAEL STIFTER

München Wenn Horst Seehofer an diesem Donnerstag nach Wien reist, ist das ein Besuch bei Freunden. Seit Sebastian Kurz Österreich regiert, lässt die CSU keine Gelegenhei­t aus, ihre Verbundenh­eit mit dem Star der Konservati­ven zu betonen. Nun wird sich zeigen, wo die Freundscha­ft aufhört. Der Bayer braucht den Österreich­er, um seinen Plan mit den Transitzen­tren umzusetzen. Kurz sitzt am längeren Hebel. Und so könnte die entscheide­nde Frage dieses Treffens lauten, welchen Preis Seehofer für dessen Unterstütz­ung bezahlen muss.

Warnungen vor einem deutschen Alleingang gibt es in Österreich zuhauf. Kanzler Kurz beteuerte zwar, er erwarte „ein sachlich besonnenes Gespräch“. Er machte aber zugleich klar, dass er nicht bereit sei, Verträge zulasten Österreich­s abzuschlie­ßen. Im Nachbarlan­d besteht die Sorge vor einem Domino-Effekt. Durch nationale deutsche Maßnahmen wäre Österreich zu Kontrollen an seiner Südgrenze gezwungen, sagte Kurz. Da wird der Tiroler Landeshaup­tmann Günther Platter hellhörig: „20 Jahre nach dem Entfernen der Grenzbalke­n am Brenner wäre das dann das Ende des gemeinsame­n Europas.“Platter fürchtet schwere Verkehrsbe­hinderunge­n. Und Salzburgs Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer stellt klar, sein Land wolle nicht zum „Warteberei­ch“für Flüchtling­e werden.

Bei den Verhandlun­gen wird Seehofer Fingerspit­zengefühl brauchen. CSU-Generalsek­retär Markus Blume sagte: „Notwendig ist, dass wir deutlich machen, dass wir mit anderen Ländern kooperativ umgehen wollen.“Nur wenn das nicht möglich sei, müsse Deutschlan­d selbst handeln. Blume betonte: „Was wir wollen, ist Klarheit an der deutschen Grenze. In dieser Frage werden wir auch nicht wackeln.“

Opposition­spolitiker in Bayern bezweifeln allerdings, dass die CSU mit ihrer Strategie durchkommt. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger sagte: „Das ist doch ein Witz der Geschichte, dass Seehofer jetzt nach Österreich reist und den Kurz einweist in seinen Plan. Das hätte er doch vorher tun müssen.“Außerdem habe die CSU in der Vergangenh­eit nicht zu einer vernünftig­en Gesprächsk­ultur mit Österreich beigetrage­n. Erst vergangene­s Jahr habe der damalige Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt im Maut-Streit über die „ständige Ösi-Maut-Maulerei“geschimpft. Jetzt, so Aiwanger, „kommt der Seehofer angekroche­n und sagt, lieber Herr Kurz, nimm doch mal die Leute zurück“. Ludwig Hartmann, der Chef der Grünen im Landtag, sieht eine grundsätzl­iche Diskrepanz in der

„So schnell schießen die Preußen auch wieder nicht.“Österreich­s Innenminis­ter Herbert Kickl

Partnersch­aft zwischen der CSU und Kurz: „Es gibt keine Gemeinscha­ft der Nationalis­ten. Hier ist sich jeder selbst der Nächste.“

Wie schwierig Seehofers Gespräche werden könnten, lässt eine Aussage des österreich­ischen Innenminis­ters Herbert Kickl erahnen. „So schnell schießen die Preußen auch wieder nicht“, sagte der Politiker der rechtspopu­listischen FPÖ auf die Frage, wie schnell ein Abkommen mit Deutschlan­d in Kraft treten könnte. Sollte Seehofer in Österreich erfolgreic­h sein, wartet schon das nächste schwierige Treffen auf ihn. Ungarns Ministerpr­äsident Viktor Orbán will mit Deutschlan­d verhandeln – allerdings erst, wenn sich Wien und Berlin einig sind. Orbán gilt zwar ebenfalls als „Freund“der CSU, aber wie gesagt: Freundscha­ften haben ihren Preis.

Auch im Bundestag hatte es Seehofer gestern schwer, wie Bernhard Junginger in der Politik schreibt.

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