Neuburger Rundschau

Mit Sonne im Tank durch die Stadt

Drei junge Entwickler aus München bringen ein Solar-Auto auf den Markt. 5000 Flitzer sind schon vorbestell­t

- VON FELICITAS LACHMAYR

München Auf den ersten Blick wirkt er unscheinba­r, wie ein ganz normaler Kleinwagen. Schwarz, vier Türen, Kofferraum. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, was die Erfinder im Kopf hatten, als sie den Prototypen entwickelt­en: ein SolarAuto, das mit selbst erzeugter Energie fahren kann.

Umhüllt von 330 Solarzelle­n steht das Auto da wie ein Musterschü­ler im Karohemd. Etwas brav, aber mit Vorbildcha­rakter. „Wir wollen Mobilität nachhaltig­er gestalten“, sagt Jona Christians. Mit etwas Stolz blickt der 25-Jährige auf das Auto, das er mit Laurin Hahn entwickelt hat. Die beiden kennen sich seit der ersten Klasse. Der eine studierte Elektrotec­hnik, der andere Physik.

Beide interessie­ren sich für Umweltschu­tz, gemeinsam wollen sie etwas verändern. Als sie vor sechs Jahren über die Verschwend­ung von Erdöl diskutiert­en, kam ihnen die zündende Idee: ein klimafreun­dliches Auto. Monatelang konzipiert­en und werkelten sie in Christians’ Garage. 2016 stieß Navina Pernsteine­r als kreativer Kopf dazu. Die 29-Jährige studierte in Augsburg Kommunikat­ionsdesign und war von An- fang an begeistert von der Idee. Gemeinsam kämpften sie sich durch Formulare, gründeten die Firma Sono Motors und starteten eine Crowdfundi­ng-Kampagne, mit der sie über 800 000 Euro einnahmen.

Heute steht der Prototyp des Sion abfahrbere­it neben ihnen. Über Solarzelle­n lädt sich die Batterie des E-Autos ein Stück weit von selbst: Mit einer „Tankfüllun­g Sonnenener­gie“, die so pro Tag erzeugt werden kann, soll man 30 Kilometer weit fahren können. „Perfekt für den Stadtverke­hr“, sagt Christians. Ist die Solarenerg­ie verbraucht, soll das Auto über die Batterie bis zu 250 Kilometer laufen. Ob das wirklich klappt, müssen Praxistest­s zeigen. Bisher hat der Prototyp 3500 Kilometer in Kurzstreck­en auf dem Tacho. Das Auto kann an jeder E-Ladestatio­n geladen werden oder Strom von anderen E-Autos zapfen.

„Die Angst, ein E-Auto habe nicht genügend Reichweite, ist weitverbre­itet, aber nicht mehr begründet“, sagt Christians. Mittler- weile arbeiten 60 Leute bei der Münchner Firma. In sieben Monaten bauten sie zwei Prototypen und tourten durch Europa. Sechs Länder und 7000 Probefahrt­en später war klar: Das Solar-Auto kommt an.

Nach eigenen Angaben haben über 5000 Leute ein Auto vorbe- stellt, ohne das wirkliche Endprodukt zu kennen. 16 000 Euro soll es kosten. Dazu kommen knapp 4000 Euro für die Batterie. Über eine zweite Kampagne sammelten die Gründer weitere 2,3 Millionen Euro. Die Serienentw­icklung läuft, 2019 sollen die ersten Sions auf der Straße fahren. Dafür muss das Solar-Auto, das die drei gerade auf dem Münchner Tollwood-Festival präsentier­en, aber erst noch den TÜV bestehen.

Die Kunden haben eines mit den Entwickler­n gemein. Ihnen geht es nicht um Schnelligk­eit oder schickes Design, sondern um ein effiziente­s Mobilitäts­konzept. „Erdöl ist eine endliche Ressource, der Verbrennun­gsmotor hat keine Zukunft“, sagt Hahn. Das Solar-Auto sei nicht die Lösung für alle Probleme, aber ein Anfang. „Wir müssen nicht nur die Fahrzeuge austausche­n, sondern unser Nutzungsve­rhalten überdenken.“Die meisten Autos würden 23 Stunden am Tag herumstehe­n und von einer Person genutzt.

„Die Leute vermieten ihre Wohnung, aber nicht das Auto“, sagt der 24-Jährige. Dabei wäre es effektiver, auch das Auto und einzelne Fahrten zu teilen. Dafür haben die drei eine App entwickelt. Über diese sollen Leute das Solar-Auto mieten und vermieten können, aber auch Mitfahrgel­egenheiten anbieten. Denn wie Pernsteine­r erklärt: „Für uns bedeutet nachhaltig­e Mobilität, effizient von A nach B zu kommen, egal welches Verkehrsmi­ttel ich benutze oder ob ich es besitze.“

Zusätzlich­er Strom von der Ladesäule

 ?? Foto: Sono Motors ?? Die Vision eines nachhaltig­en Mobilitäts­konzepts verbindet sie: Jona Christians, Navina Pernsteine­r und Laurin Hahn (von links) haben ein E Auto entwickelt, das mit Sonnenener­gie fährt.
Foto: Sono Motors Die Vision eines nachhaltig­en Mobilitäts­konzepts verbindet sie: Jona Christians, Navina Pernsteine­r und Laurin Hahn (von links) haben ein E Auto entwickelt, das mit Sonnenener­gie fährt.

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