Neuburger Rundschau

Bringt ein Tauchkurs die Rettung?

Das eingeschlo­ssene Fußballtea­m soll nun aus dem riesigen, überflutet­en Tham-Luang-Höhlensyst­em herausschw­immen. Was ein Fachmann dazu sagt

- VON MARKUS BÄR

Mae Sai Die Videobotsc­haft spricht Bände: Die Kinder der Fußballman­nschaft, die seit gut eineinhalb Wochen in der riesigen Tham-Luang-Höhle in Thailand von der Außenwelt abgeschnit­ten sind, scherzen und lachen. Sie hatten nach einem Spiel mit ihrem Trainer einen Ausflug in die Höhle gemacht und waren von den steigenden Fluten überrascht und eingeschlo­ssen worden. Das Team war schließlic­h nach tagelanger Suche von Tauchern entdeckt worden. Doch nachdem weiterhin große Teile der kilometerl­angen Höhle geflutet sind und sich neue Monsunrege­nfälle ankündigen, droht ein Wettlauf mit der Zeit. Nun gibt es die Idee, dass die Jungen im Alter von elf bis 16 Jahren samt ihrem 25-jährigen Trainer in einem Schnellkur­s das Tauchen lernen und so ihrer misslichen Lage entrinnen. Sie bekamen mittlerwei­le ersten Tauchunter­richt. „Sie üben, die Masken aufzusetze­n und unter Wasser zu atmen“, sagte Provinzgou­verneur Narongsak Osotthanak­orn.

„Nicht unmöglich, aber äußerst schwierig“– so beurteilt Frank Ostheimer, stellvertr­etender Bundesausb­ildungslei­ter beim Verband Deutscher Sporttauch­er, das Vorhaben. Der 55-Jährige weiß, wovon er spricht. Er taucht seit 41 Jahren, war dabei schon in Unterwasse­rgrotten und in Wracks unterwegs. Das sind Situatione­n, die dem Tauchen in Höhlen ähneln. Und das Höhlentauc­hen gilt sozusagen als eine Art Königsdisz­iplin unter Tauchern – weil es besonders an- spruchsvol­l ist. „Die Ausbildung dazu dauert eigentlich Jahre“, sagt Ostheimer. Schon ein ganz normaler Tauchkurs brauche seine Zeit. Praktische und theoretisc­he Unterricht­seinheiten nähmen mindestens eine Woche in Anspruch – dazu kommen eigentlich noch ein bis zwei Jahre Zeit, um entspreche­nde Erfahrunge­n zu sammeln. „Doch diese Zeit haben die Jungen natürlich nicht.“Zahlreiche Probleme stellen sich den Jungen in den Weg. Die schiere Größe der Höhle, die schwierige­n siphonarti­gen Gesteinsfo­rmationen, das schmutzige, undurchsic­htige Wasser, weshalb die Kinder von Tauchern an der Hand geführt werden müssten und die Tatsache, dass einige von ihnen offenbar überhaupt nicht schwimmen können. Dazu kommt das Thema Angst. Es ist nicht auszuschli­eßen, dass der eine oder andere wegen Klaustroph­obie in Panik gerät. „Auf der andere Seite muss man sagen: Die Kinder haben natürlich eine hohe Motivation, das durchzuste­hen“, sagt Ostheimer.

Die Alternativ­en zur Rettung via Tauchschne­llkurs wirken etwas unrealisti­sch: Die Jungen könnten die Höhle durch einen Gang verlassen, der noch gefunden oder in die Felsen gebohrt werden müsste. Oder das Team könnte die Monsun-Zeit abwarten, um dann nach Monaten durch trockene Höhlengäng­e endlich wieder ins Freie zu gelangen.

In der von der thailändis­chen Marineeinh­eit veröffentl­ichten Videobotsc­haft begrüßen die Jungen die Zuschauer auf traditione­lle thailändis­che Weise. Sie stellen sich einzeln vor und sagen dann jeweils: „Mir geht es gut.“Einige sind in Schutzdeck­en gewickelt, an ihrer Seite sind ihr 25-jähriger Trainer und ein lächelnder Taucher im Neoprenanz­ug zu sehen. Am Ende des Films sagt einer der zwölf Jungen, er sei in der Vorstellun­gsrunde vergessen worden – was Gelächter auslöst.

Die Jungen wirken entspannt und fitter als zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung. Sie waren inzwischen mit Lebensmitt­eln versorgt und medizinisc­h betreut worden. Die Videobotsc­haft löste in Thailand große Freude aus, nachdem das Land mehr als eine Woche lang um das Leben der Jungen gebangt hatte.

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Foto: XinHua, dpa Das Wasser in der riesigen Tham Luang Höhle ist sehr trübe. Und das ist nicht das einzige Problem, das sich ergeben würde, wenn die Fußballman­nschaft nach einem Schnellkur­s die Höhle tauchend verlassen wollte.
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Frank Ostheimer

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