Neuburger Rundschau

Die Alte im College

Melissa McCarthy lässt es krachen als studierend­e Mutter

- VON CHRISTIAN FAHRENBACH

Es könnte eine kluge und zeitgemäße Version dieses Stoffs geben: Im Zentrum von „How to Party with Mom“steht eine Frau, die wegen einer Scheidung noch einmal durchstart­et und die lernt, dass sie ihren eigenen Bedürfniss­en mehr Raum geben darf. Doch leider ist die neue Komödie mit Melissa McCarthy nicht dieser selbstsich­ere Film – und das hat mehrere Gründe. Regisseur Ben Falcone setzt von Anfang an auf schrille Ideen. Kaum haben Mutter und Vater ihre Tochter ins letzte College-Jahr verabschie­det, lässt er die Bombe platzen: „Ich will die Scheidung.“Deanne berät sich mit ihrer Freundin und erkennt schnell, dass sie es immer bereut hat, ihr Studium nicht abgeschlos­sen zu haben.

Also schreibt sie sich für ein letztes Semester an der Uni ihrer Tochter ein und erlebt alles, was zum USCollegel­eben in Filmen dazugehört. Egal, ob zickige Kameradinn­en, laute Hauspartys mit Haschisch oder eine düster-verspleent­e Zimmergeno­ssin: Alles wird pflichtsch­uldig abgearbeit­et, alles hat man so schon besser gesehen. Interessan­t wird es trotzdem immer dann, wenn der Film sich traut, über diese Klischees hinauszuge­hen. Die schönste Idee ist die „Steht ihr zu“-Attitüde, mit der Deanne eine Affäre mit einem gut aussehende­n und deutlich jüngeren Kommiliton­en haben darf.

Leider werden all diese halbguten Drehbuchei­nfälle, die aus Deanne und ihrer Familie lebensnahe Charaktere machen könnten, dadurch begraben, dass alle Beteiligte­n anfangs so überzeichn­et werden. Und so reiht sich „How to Party with Mom“in die Reihe bisheriger Filme von Melissa McCarthy ein. Egal ob „Tammy – Voll abgefahren“, „Spy – Susan Cooper Undercover“und zuletzt „The Boss“: Stets geht es etwas zu derbe um Alltagsfra­uen in ungewöhnli­chen Situatione­n. Hohe Filmkunst ist das nicht, aber leichte Sommerunte­rhaltung.

» How to Party with Mom (1 Std. 45 Min.), Komödie, USA 2018

Wertung ★★✩✩✩ Detailverl­iebt schildert die Unternehme­rgattin der Kommissari­n, wie man mit den Entführern ihrer Tochter verfahren sollte, so man sie wirklich fassen kann. Vor Jahresfris­t hat die Dame bereits einen Sohn verloren. Wahrschein­lich hat er sich das Leben genommen. Die drei Geschwiste­r von Lilli vermuten, dass ihre Schwester selbst das Verbrechen inszeniert hat. Das geforderte Lösegeld von 50 000 Euro erscheint ihnen verdächtig, gering zu sein.

Lilli liegt tatsächlic­h im Kofferraum des Autos eines dilettanti­schen Ersttäter-Trios, bestehend aus einem Pärchen (Ex-Serienstar­s mit Spielschul­den) und einem Physiker (arbeitslos). Die Brüder und die Schwester machen sich auf die Suche nach dem Kidnapping-Opfer. Auf sie warten viele, spannende Begegnunge­n, die Lilli in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen.

Es dauert eine ganze Weile, bis man sich in diesem Filmuniver­sum mit dem Ensemble des Hamburger Thalia Theaters mit seinen zahlreiche­n Handlungst­rägern zurechtfin­det. Dabei hilft es ungemein, dass sich die Figuren und ihre Geschichte­n bestmöglic­h voneinande­r absetzen. Verbunden werden sie von drei grünen Euroschein­en. Und der Zuschauer amüsiert sich über einen schönen, schrägen Film.

» Am Ende ist man tot (1 Std. 25 Min.), Tragikomöd­ie/Krimi, Deutschlan­d 2017 Wertung ★★★★✩

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Foto: Warner Bros. Ganz schön aufgedreht: „Mom“Deanna (Melissa McCarthy).

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