Alles Kopfsache beim ersten Mal
Die beiden Neuburger Hans-Jürgen Freilinger und Christian Bottek nahmen erstmals in Roth an einem „Ironman“teil. Wie sie die über zehnstündige Tortur erlebten und sich danach fühlten
Roth „Weder physisch noch psychisch habe ich so etwas jemals erlebt. Es war einfach der Hammer.“Hans-Jürgen Freilinger konnte es einfach nicht fassen. Nachdem er sich 3,8 Kilometer durch den MainDonau-Kanal der 35. Roth-Challenge kämpfte, fuhr er 180 Kilometer mit dem Rad und meisterte im direkten Anschluss noch einen Marathon von über 42 Kilometern. „Sicherlich habe ich meine körperlichen Fähigkeiten übertroffen. Es ist unglaublich anstrengend.“
Mit dem Training für die Langdistanz begann Freilinger im Herbst vergangenen Jahres. Von einfachen, kurzen Einheiten steigerte sich sein Trainingsplan auf 17 bis 20 Stunden pro Woche, was mit Beruf und Familie oft schwer vereinbar war. Ebenfalls zur Vorbereitung gehörte ein zweiwöchiges Winter-Trainingslager auf Fuerteventura mit Ehefrau Andrea. „Im Frühling trainierte ich das Rennradfahren zusätzlich mit meinen Freunden Jürgen, Marcus und Thomas auf Mallorca.“Nach insgesamt rund 130 Schwimm-, 1300 Lauf- und 4500 Radkilometern hartem Training allein dieses Jahr war es am 1. Juli so weit: Der große Tag der Roth-Challenge stand bevor.
Ebenfalls für die Triathlon-Abteilung des TSV Neuburg startete Christian Bottek. Ihm kam die Idee für eine Teilnahme an der RothChallenge vor drei Jahren. 2017 noch als Rennradfahrer in der Staffel, kämpfte er mit zwei Radpannen. Seine größte Angst als Einzelstarter dieses Jahr war es daher, aufgrund technischer Probleme aufhören zu müssen. Fast hätte der 30-Jährige den Wettkampf aufgrund einer mehrwöchigen Krankheit Ende Mai abgesagt, hätten ihn seine Vereinskollegen nicht vom Gegenteil überzeugt. So lohnten sich die beiden Trainingslager in Mallorca und Kroatien sowie ein Trainer, der ihm seit Oktober letzten Jahres zur Seite stand.
Rund 260000 Zuschauer und 7000 ehrenamtliche Helfer unterstützten heuer in Roth über 4000 Athleten. Die Profis starteten um 6.30 Uhr. Anschließend stürzten sich die weiteren Gruppen im FünfMinuten-Takt in den Main-DonauKanal. „Es war unglaublich emotional. Beim Schwimmen war die Aufregung dann aber weg“, findet Bottek. Die Schwimm-Disziplin sollte indes für Freilinger kein Problem darstellen. „Ich bin einfach mein Tempo geschwommen. Aufgrund des durch die Teilnehmer verursachten Wellengangs habe ich aber gefühlt mehr Wasser geschluckt als im Kanal überhaupt vorhanden ist“, erinnert sich der Unterstaller Bauingenieur lachend.
Noch aufregender verlief die Radstrecke. Der Solarer Berg, der aufgrund der sich dicht drängenden und jubelnden Zuschauern weltweit bekannt ist, war für ihn „der absolute Wahnsinn und einfach überwältigend“. So konnte ihm auch seine Fahrradkette, die einmal herunterfiel, keinen Strich durch die Rechnung machen. Auch Bottek zeigte sich erleichtert: „Zum Glück verlief die sehr windige Radstrecke ohne Panne.“
Im Anschluss folgte als „Krönung“noch ein Marathon. Dieser war für den 30-Jährigen am Schwierigsten: „Die Schmerzen in Oberschenkel und unterem Rücken wa- ren irgendwann brutal. Da hieß es dann Kopf ausschalten und durchziehen.“Die Ziellinie befand sich wie jedes Jahr in einer Arena, in die die Athleten an allen Zuschauern vorbei erschöpft einliefen. Den ersten Platz und somit 40 000 Euro erreichte der Deutsche Sebastian Kienle (7.46,23 Stunden), Sieger des Ironman Hawaii 2014. Zweiter wurde Andreas Dreitz (7.53,06), gefolgt von Jesse Thomas (7.54,38). Die ersten beiden Frauen lieferten sich ein spannendes Duell, das Daniela Sämmler (8.43,42) mit nur neun Sekunden Vorsprung gegenüber der Britin Lucy Charles (8.43,51) für sich entschied. Den dritten Platz be- legte die Finnin Kaisa Sali (8.46,49). „Der Zieleinlauf war der absolute Hammer“, erinnert sich Bottek. „Als ich meine Freundin und meine Familie gesehen habe, waren die Schmerzen wie weggeblasen.“Sein Ziel, unter 10.15,00 Stunden ins Ziel einzulaufen, verfehlte er mit einer Gesamtzeit von 10.15:31 Stunden nur knapp und belegte damit den 388. Platz.
Etwa 20 Minuten später erreichte auch Freilinger (10.37:00) das Ziel. „Es war einfach ein unbeschreibliches Glücksgefühl und eine riesige Erfahrung.“Seinen persönlichen Traum, unter elf Stunden und vor allem unverletzt einzulaufen, er- reichte er somit und landete auf Rang 602. Nochmals wolle er sich diese Tortur „aber nicht antun“. Im Gegensatz zu Bottek, der sich noch unschlüssig ist.
Bis zum Zeitlimit von 16 Stunden Wettkampfzeit um 23 Uhr sorgten Partymusik, Cheerleader und Interviews mit den besten Athleten des Tages für eine atemberaubende Stimmung im Publikum, das den letzten Läufer mit Wunderkerzen begrüßte. Im direkten Anschluss begann der Höhepunkt der AfterShow-Party: Das Feuerwerk, begleitet von epischer Musik und einem zusammenfassenden Video mit den Highlights des Tages.