Audi sucht dringend Parkflächen
Aktuell sollen auf einem Teilstück auf dem Gelände in Neuburg 1000 Stellplätze entstehen. Schuld an der Überproduktion ist vor allen Dingen der neue Abgas-Testzyklus WLTP. Doch der hat noch andere Folgen
Neuburg/Ingolstadt Volkswagen hat seit Kurzem auch Flächen auf dem Möchtegern-Flughafen in Berlin angemietet, Audi wird nun auf seinem Gelände in Neuburg offiziell Platz für 1000 Autos schaffen, die es dort zunächst befristet auf ein Jahr zwischenparken kann. Intensiv sucht der Konzern derzeit landauf, landab nach Stellplatzflächen. Mit ein Grund für den steigenden Bedarf ist der neue Testzyklus WLTP. Das Messverfahren zur Bestimmung der Abgas-Emissionen greift ab 1. September und sorgt bei den Autobauern vor allem für eines: Druck.
WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure) ersetzt dann den bisher verbindlichen NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus). Beim neuen Verfahren muss nicht nur jede einzelne MotorGetriebe-Kombination zugelassen werden. Auch jede konfigurierbare Ausstattungsvariante wird unter die Lupe genommen. Das sorgt für Engpässe an den Prüfständen, die wegen der Dieselkrise sowieso schon mehr als ausgelastet sind. Die Folge: Zu den Gebrauchtwagen, den Rückläufern der Mitarbeiter-Leasing-Fahrzeuge und den Neuwagen kommen nun auch noch die schon nach den WLTP-Vorgaben produzierten Autos, die aber noch nicht endgültig zertifiziert sind und deshalb nicht ausgeliefert werden dürfen.
Wie Audi-Sprecher Joachim Cordshagen erklärt, suche Audi im gesamten süddeutschen Raum nach Stellflächen. Man habe schon immer einen Puffer gebraucht, um Fahrzeuge zwischenlagern zu können. Ein Beispiel dafür im Landkreis ist das Gelände der Logistikfirma Scherm in Probfeld bei Karlskron. Nun komme WLTP on top dazu. Dass der Bauausschuss in seiner Sitzung am kommenden Mittwoch dem Vorhaben auf dem Audi-Gelände in Neuburg das gemeindliche Einvernehmen erteilen soll, sieht Cordshagen eher als formellen Akt. Die benötigten 1000 Stellplätze sollen auf einer Fläche von 21 000 Quadratmetern im Anschluss an den Gebäudetrakt von Audi Sport im süd- westlichen Bereich des Geländes zur Bahnbrücke hin errichtet werden. „Wir befinden uns damit ja auf unserem Gelände“, sagt Cordshagen. Der Komplex liegt im rechtskräftigen Bebauungsplan „Industriegebiet Bruck“und die gültigen Festsetzungen werden beim Bau eingehalten. Ob dies auch für den Immissionsschutz gilt, wird laut Sitzungsvorlage noch kurzfristig geprüft. Grundsätzliche spricht dem Vorhaben jedenfalls nichts entgegen.
Doch WLTP, wovon alle euro- päischen Autobauer betroffen sind, macht sich bei Audi nicht nur beim Bedarf an Stellflächen bemerkbar. Längst sind deshalb auch nicht mehr alle Audi-Modelle bestellbar. Die alten Versionen sind bereits ausverkauft, die neuen Modelle noch nicht auf WLTP umgestellt. Und so sieht, wer sich zum Beispiel einen S3 auf der Homepage konfigurieren möchte, nur die Nachricht: „Im aktuellen Modelljahr (2018) ist der Audi S3 Sportback bereits ausverkauft und daher ab sofort nicht mehr individu- ell konfigurierbar. Jedoch stehen für Sie fertige, bereits produzierte Fahrzeuge zur Verfügung.“Das gilt unter anderem auch für weitere S-, RS-, SQ- und R-Modelle, aber auch für den e-tron und den g-tron. WLTP ist allerdings nicht allein an allen Produktionsengpässen schuld. So gibt es beim Q3 beispielsweise ein Nachfolgermodell, das noch nicht am Start ist.
Schon jetzt ist absehbar, dass rund um die Betriebsferien in den ersten drei Augustwochen wohl die Produktion im Ingolstädter Werk eingeschränkt werden wird. Während im VW-Werk in Wolfsburg ab Ende Juli bis September die Arbeitswoche um ein oder zwei Tage verkürzt werden wird, konnte ein Audi-Sprecher gestern noch nicht sagen, wie eine solche Maßnahme möglicherweise in Ingolstadt aussehen könnte: „Das wird gerade in Gesprächen mit den Prozessbeteiligten ausgelotet. Es ist unser Ziel, Auswirkungen auf die Beschäftigten so gering wie möglich zu halten.“Kurzarbeit steht aber nicht zur Debatte: „Davon ist mir nichts bekannt.“In der Regel ist Kurzarbeit allerdings auch nur bei konjunkturellen Engpässen möglich und muss von der Agentur für Arbeit genehmigt werden.
Nichts Neues gibt es im Fall des inhaftierten, beurlaubten AudiVorstandschefs Rupert Stadler. Laut einer Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II dauern die Vernehmungen an. Stadler sitzt seit 18. Juni und damit seit mehr als zwei Wochen wegen Verdunklungsgefahr in der JVA Gablingen in Untersuchungshaft. Ihm wird Betrug und mittelbare Falschbeurkundung zur Last gelegt.