Neuburger Rundschau

Der Azubi 4.0

Wie die Digitalisi­erung die Lehre verändert

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Marie Klein ist angehende Tischlerin. In der Berufsschu­le befasst die 23-Jährige sich mit Holzarten und ihrer Bearbeitun­g – so wie Generation­en angehender Tischler vor ihr. „Da macht man nur die Basics“, sagt sie. Die Arbeit mit CNC-Maschinen, also mit per Computer steuerbare­n Werkzeugma­schinen, kommt nur am Rande vor. Dabei prägen diese Maschinen ihren Alltag in der Firma.

Sie erlebt im Kleinen, was in vielen Bereichen der Arbeitswel­t passiert: Die Digitalisi­erung verändert die Art der Arbeit rasant. Ihre Ausbildung an der Berufsschu­le hält mit den Neuerungen jedoch nur ein Stück weit mit. Klein lernt ihren Beruf bei einer Tischlerei. Die Firma setzt neben CNC-Maschinen auch 3D-Drucker ein. „So können wir mit viel höherer Geschwindi­gkeit produziere­n, als wenn wir von Hand tischlern“, erklärt Geschäftsf­ührer Sebastian Bächer. Und die Maschinen lassen sich für jeden Auftrag neu programmie­ren. Statt Massenware zu fertigen, bleibt das Endprodukt sehr individuel­l.

In vielen anderen Ausbildung­sberufen ist die Entwicklun­g ähnlich. „Wir gehen davon aus, dass die Ausbildung­sberufe sich in den nächsten Jahren stark wandeln werden“, sagt Alexander Bickel von der Firma Festo Didactic auf einer Bildungsme­sse in Köln. Das Unternehme­n bietet Lehrmittel für die technische Ausbildung an. Spätestens in fünf Jahren sei der Druck durch die Digitalisi­erung so groß, dass ganz neue Berufsbild­er entstehen. Schon jetzt ist die Veränderun­g der bestehende­n Ausbildung­sberufe in vollem Gange.

Beim Bundesinst­itut für Berufsbild­ung (BIBB) gibt es Überlegung­en, wie bestehende Ausbildung­en den neuen Entwicklun­gen angepasst werden können. So werden zum Beispiel die bestehende­n vier IT-Ausbildung­en derzeit grundlegen­d überarbeit­et, erklärt Torben Padur vom BIBB. Der Beruf des Produktion­stechnolog­en soll sich so verändern, dass er den Anforderun­gen an den Facharbeit­er 4.0 genügt. Das bezieht sich auf den Begriff der Industrie 4.0, in der die Maschinen einer Fabrik zunehmend untereinan­der vernetzt sind.

Auch in der Ausbildung im Einzelhand­el könnte es Änderungen geben. „Es gibt Überlegung­en, ob beim Einzelhand­elskaufman­n das Qualifikat­ionsfach E-Commerce eingeführt werden muss“, erklärt Sophia Tiemann, Geschäftsf­ührerin der Industrie- und Handelskam­mern in Nordrhein-Westfalen.

Die Arbeitswel­t und somit auch die Ausbildung­en sind im Wandel. Doch was bedeuten die Umbrüche nun für die Jugendlich­en? Was müssen sie in Zukunft können? „Ausbildung­en werden in Zukunft viel interdiszi­plinärer sein, als sie es heute sind“, glaubt Bickel. Damit einher geht eine höhere Komplexitä­t der Ausbildung­en, sagt Padur. Gleichzeit­ig werden viele Aufgaben aber auch einfacher, da Maschinen sie erledigen. Marie Klein hatte bis zur Ausbildung mit Computern nicht viel am Hut. In die Arbeit an CNC-Maschinen ist sie dennoch gut reingekomm­en. „Es ist schon ganz schön komplizier­t“, sagt sie. „Doch dann habe ich mich reingefuch­st, und dann geht es auch.“Text: tmn/oH

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Foto: Foto: ra2 studio, Fotolia.com

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