Neuburger Rundschau

Werden Sie da noch geholfen?

Einst war die Auskunft für viele die Anlaufstel­le bei der Suche nach Telefonnum­mern und alten Freunden. Heute sieht das anders aus

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Bonn „11 Mann hat eine Fußballman­nschaft, 88 ist meine Oma, und 0...“– Es ist keine 15 Jahre her, da erklärte TV-Moderatori­n Verona Pooth – damals noch Feldbusch – einleuchte­nd ihre Merkstrate­gie von Telefonnum­mern. Ebenso mit ihrem damals populären Werbespruc­h „Da werden Sie geholfen.“Auch FC-Bayern-Manager Uli Hoeneß taugte seinerzeit zur Werbe-Ikone. Im Auftrag der Deutschen Telekom rief er im Spot drei weiblichen Fans die Telefonnum­mern seiner Spieler Mehmet Scholl, Roque Santa Cruz und Michael Ballack zu: „Elf acht drei drei“.

Vor allem die jüngere Generation dürfte heute nur noch wenig mit den beiden Auskunfts-Rufnummern 11880 und 11833 anzufangen wissen. Die Zeit ist über sie hinweggega­ngen. Dass sie trotzdem noch im Dienst sind, mag manchen überrasche­n. Doch die Auskunft gibt es nach wie vor, und genutzt wird sie ebenfalls. „Auch heute rufen noch im Schnitt, je nach Monat, rund 10000 bis 12000 Menschen täglich bei 11880 an, um persönlich­e Hilfe zu bekommen“, teilt etwa das Unternehme­n 11880 Solutions AG mit, das mit rund 40 Prozent Marktantei­l nach der Telekom der zweitgrößt­e Auskunftsd­ienstleist­er ist. Allerdings sollen es zu Hochzeiten um die Jahrtausen­dwende täglich bis zu einer halben Million Anrufer gewesen sein. „Das Gesamtvolu­men des telefonisc­hen Auskunftsm­arktes sank pro Jahr um rund 20 Prozent“, heißt es. Das spürt auch die Telekom. Rund zehn Millionen Anfragen seien im vergangene­n Jahr bei der Auskunftsr­ufnummer 11833 eingegange­n. Vor zehn Jahren seien es noch rund 100 Millionen Anrufe gewesen, teilt ein Sprecher mit. Die Zahl der Mitarbeite­r in der Abteilung wurde kräftig eingedampf­t.

„Die klassische Telefonaus­kunft wird eigentlich nur noch von sehr viel älteren Mitbürgern benutzt oder von harten Technikver­weigerern, Esoteriker­n etwa, die Angst vor Handystrah­lung haben“, sagt der Kommunikat­ionsforsch­er Uwe Pöhls, der in Düsseldorf das Institut für empirische Sozial- und Kommunikat­ionsforsch­ung leitet. „Das Smartphone hat in dieser Hinsicht die Welt verändert.“

In Zeiten aber, in denen das Telefon häufig noch die einzige Möglichkei­t war, an Informatio­nen zu kommen, war die Auskunft eine wichtige Anlaufstel­le. So wichtig, dass die Telekom als sogenannte­r Universald­ienstleist­er nach wie vor gesetzlich dazu verpflicht­et ist, sie anzubieten. Schon seit mehreren Jahren prüft die Europäisch­e Union, ob das angesichts der Digitalisi­erung noch zeitgemäß ist.

„Die Politik hat sich viel zu spät Gedanken darüber gemacht, was man mit diesem alten Kanal machen könnte, sodass er den Bedürfniss­en der Bürger wieder entspricht“, sagt Kommunikat­ionsforsch­er Pöhls. Ein guter Ansatz war aus seiner Sicht die Einrichtun­g der Behördenru­fnummer 115, mit der Bürger einen direkten Draht zu den Kommunen haben und vor allem Verwaltung­sfragen zu Reisepass, Wohnung oder Auto stellen können. Doch am Ende sei auch diese Maßnahme angesichts der rasant fortschrei­tenden Digitalisi­erung zu spät. „Die Nutzungsda­ten sind lächerlich“, sagt Pöhls, „und die Nummer ist gar nicht flächendec­kend in allen Ländern eingericht­et.“

Auch die Telekom hat nach Möglichkei­ten gesucht, um die Auskunft attraktive­r zu machen. „Es wurden diverse neue Angebote wie Hotel-, Mietwagen- oder Gastankste­llensuchen getestet, die sich aber wirtschaft­lich nicht abbilden ließen“, heißt es. Die klassische Telefonaus­kunft wird den Menschen trotzdem noch eine Weile erhalten bleiben – als nostalgisc­he Erinnerung an eine andere Zeit.

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Foto: dpa Verona Pooth war früher das Werbege sicht der Auskunft.

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