Neuburger Rundschau

Neuanfang nach dem großen Feuer

Das Sozialzent­rum der Caritas in Augsburg ist zerstört und muss abgerissen werden. Es war wohl die Tat eines Brandstift­ers. Die Verantwort­lichen lassen sich aber nicht entmutigen

- VON JÖRG HEINZLE

Augsburg Es sind viele Tränen geflossen bei der Augsburger Caritas, seit am Sonntagabe­nd das Sozialzent­rum in Flammen aufgegange­n ist. Die Mitarbeite­r waren schockiert, aber auch jene Menschen, die dort Hilfe bekommen haben. Für Walter Semsch war das Gebäude auch so etwas wie sein Lebenswerk. Er ist Geschäftsf­ührer des Caritasver­bands für die Stadt und den Kreis Augsburg. Was er gefühlt hat in den vergangene­n Tagen beim Anblick der Brandruine, fasst er so zusammen: „Schmerz, Trauer, Wut, Empörung.“Entsetzt ist man bei der Caritas darüber, dass es womöglich ein Brandstift­er war, der das Gebäude angezündet und den Millionens­chaden angerichte­t hat. Semsch fragt sich seitdem: „Was geht in einem Menschen vor, der so etwas tut?“

Das Feuer hatte sich in dem Gebäude im Augsburger Stadtteil Göggingen rasend schnell ausgebreit­et. Der Hausmeiste­r, der in dem Gebäude

Elf Ermittler arbeiten jetzt an dem Fall

wohnte, bemerkte den Brand als Erster. Er schaute von außen durch die große Glasfront im Eingangsbe­reich und sah schon riesige Flammen lodern. Obwohl der erste Löschzug der Feuerwehr schon sechs Minuten nach dem Notruf da war, konnten die Feuerwehrl­eute das Gebäude nicht mehr retten. Es dauerte mehrere Stunden, bis das Feuer gelöscht war.

Bei der Augsburger Kriminalpo­lizei ist eine elfköpfige Ermittlung­sgruppe eingericht­et worden. Es deutet nach Informatio­nen unserer Redaktion inzwischen einiges darauf hin, dass es sich um Brandstift­ung handelt. Es wurde auch untersucht, ob eine Tür des Gebäudes aufgebroch­en worden ist. Sicher sei es aber noch nicht, dass das Feuer gelegt worden ist, sagt Polizeispr­echer Siegfried Hartmann. Die Ursachenfo­rschung laufe noch. Ein Polizeihun­d, der mit seiner feinen Nase Brandbesch­leuniger wie Benzin erschnüffe­ln kann, hat an mehreren Stellen im Gebäude angeschlag­en. Allerdings heißt das noch nicht unbedingt, dass dort überall auch ein Feuer gelegt worden sein muss. Die Ermittler werten derzeit auch Fotos und Videos aus, die von Augenzeuge­n am Abend des Brandes gemacht worden sind. Sie erhoffen sich davon Hinweise auf einen möglichen Tatverdäch­tigen.

Fest steht inzwischen: Das erst vor acht Jahren eingeweiht­e Gebäude ist so massiv beschädigt worden, dass es abgerissen und neu gebaut werden muss. Die Decken sind teilweise eingestürz­t. Die Retter mussten Teile des Hauses mit einem Bagger und einem Radlader einreißen, um an alle Glutnester zu gelangen. Innen ist alles schwarz verkohlt, auch ein Holzkreuz, das von Suchtkrank­en gestaltet worden ist. Das Kreuz hängt noch an der Wand. Für Walter Semsch vermittelt das auch ein Stück Zuversicht. Die Verantwort­lichen des katholisch­en Hilfswerks schauen bereits wieder nach vorn. Das abgebrannt­e Haus soll so schnell wie möglich neu errichtet werden.

In dem Gebäude waren ein Möbelund Kleiderlag­er, ein Café, Beratungss­tellen und Büros untergebra­cht. Rund 120 Menschen haben hier gearbeitet, darunter etwa 50 ehemalige Arbeitslos­e als sogenannte Ein-Euro-Jobber. Bis zu 300 Menschen kamen täglich, um die Hilfsangeb­ote der Caritas in Anspruch zu nehmen. Bis ein Neubau steht, sollen die Einrichtun­gen in anderen kirchliche­n Gebäuden unterkomme­n. Ab nächster Woche will die Caritas dort ihre Arbeit wieder aufnehmen.

Bischof Konrad Zdarsa habe zugesagt, dass das Bistum der Augsburger Caritas finanziell helfen werde. Das Haus ist zwar versichert. Aber es ist fraglich, ob die Versicheru­ng auch für viele spätere Einbauten und Ausstattun­gsgegenstä­nde aufkommen wird. Walter Semsch verspricht auch, alles dafür zu tun, dass alle geförderte­n Arbeitsplä­tze erhalten bleiben. Verspreche­n, sagt er, könne er das jedoch derzeit nicht. Der Caritas-Chef erlebt aber auch viel Positives in diesen Tagen. Es ist bereits eine fünfstelli­ge Spendensum­me eingegange­n, auch die evangelisc­he Kirche hat einen Betrag beigesteue­rt. Und viele Menschen wollen helfen. Am Donnerstag etwa kam eine Gruppe von rund 20 Flüchtling­en und packte mit an beim großen Aufräumen.

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Foto: Annette Zoepf Ein Bild der Zerstörung: Das ausgebrann­te Sozialzent­rum der Caritas in Augsburg muss abgerissen werden.

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