Neuanfang nach dem großen Feuer
Das Sozialzentrum der Caritas in Augsburg ist zerstört und muss abgerissen werden. Es war wohl die Tat eines Brandstifters. Die Verantwortlichen lassen sich aber nicht entmutigen
Augsburg Es sind viele Tränen geflossen bei der Augsburger Caritas, seit am Sonntagabend das Sozialzentrum in Flammen aufgegangen ist. Die Mitarbeiter waren schockiert, aber auch jene Menschen, die dort Hilfe bekommen haben. Für Walter Semsch war das Gebäude auch so etwas wie sein Lebenswerk. Er ist Geschäftsführer des Caritasverbands für die Stadt und den Kreis Augsburg. Was er gefühlt hat in den vergangenen Tagen beim Anblick der Brandruine, fasst er so zusammen: „Schmerz, Trauer, Wut, Empörung.“Entsetzt ist man bei der Caritas darüber, dass es womöglich ein Brandstifter war, der das Gebäude angezündet und den Millionenschaden angerichtet hat. Semsch fragt sich seitdem: „Was geht in einem Menschen vor, der so etwas tut?“
Das Feuer hatte sich in dem Gebäude im Augsburger Stadtteil Göggingen rasend schnell ausgebreitet. Der Hausmeister, der in dem Gebäude
Elf Ermittler arbeiten jetzt an dem Fall
wohnte, bemerkte den Brand als Erster. Er schaute von außen durch die große Glasfront im Eingangsbereich und sah schon riesige Flammen lodern. Obwohl der erste Löschzug der Feuerwehr schon sechs Minuten nach dem Notruf da war, konnten die Feuerwehrleute das Gebäude nicht mehr retten. Es dauerte mehrere Stunden, bis das Feuer gelöscht war.
Bei der Augsburger Kriminalpolizei ist eine elfköpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet worden. Es deutet nach Informationen unserer Redaktion inzwischen einiges darauf hin, dass es sich um Brandstiftung handelt. Es wurde auch untersucht, ob eine Tür des Gebäudes aufgebrochen worden ist. Sicher sei es aber noch nicht, dass das Feuer gelegt worden ist, sagt Polizeisprecher Siegfried Hartmann. Die Ursachenforschung laufe noch. Ein Polizeihund, der mit seiner feinen Nase Brandbeschleuniger wie Benzin erschnüffeln kann, hat an mehreren Stellen im Gebäude angeschlagen. Allerdings heißt das noch nicht unbedingt, dass dort überall auch ein Feuer gelegt worden sein muss. Die Ermittler werten derzeit auch Fotos und Videos aus, die von Augenzeugen am Abend des Brandes gemacht worden sind. Sie erhoffen sich davon Hinweise auf einen möglichen Tatverdächtigen.
Fest steht inzwischen: Das erst vor acht Jahren eingeweihte Gebäude ist so massiv beschädigt worden, dass es abgerissen und neu gebaut werden muss. Die Decken sind teilweise eingestürzt. Die Retter mussten Teile des Hauses mit einem Bagger und einem Radlader einreißen, um an alle Glutnester zu gelangen. Innen ist alles schwarz verkohlt, auch ein Holzkreuz, das von Suchtkranken gestaltet worden ist. Das Kreuz hängt noch an der Wand. Für Walter Semsch vermittelt das auch ein Stück Zuversicht. Die Verantwortlichen des katholischen Hilfswerks schauen bereits wieder nach vorn. Das abgebrannte Haus soll so schnell wie möglich neu errichtet werden.
In dem Gebäude waren ein Möbelund Kleiderlager, ein Café, Beratungsstellen und Büros untergebracht. Rund 120 Menschen haben hier gearbeitet, darunter etwa 50 ehemalige Arbeitslose als sogenannte Ein-Euro-Jobber. Bis zu 300 Menschen kamen täglich, um die Hilfsangebote der Caritas in Anspruch zu nehmen. Bis ein Neubau steht, sollen die Einrichtungen in anderen kirchlichen Gebäuden unterkommen. Ab nächster Woche will die Caritas dort ihre Arbeit wieder aufnehmen.
Bischof Konrad Zdarsa habe zugesagt, dass das Bistum der Augsburger Caritas finanziell helfen werde. Das Haus ist zwar versichert. Aber es ist fraglich, ob die Versicherung auch für viele spätere Einbauten und Ausstattungsgegenstände aufkommen wird. Walter Semsch verspricht auch, alles dafür zu tun, dass alle geförderten Arbeitsplätze erhalten bleiben. Versprechen, sagt er, könne er das jedoch derzeit nicht. Der Caritas-Chef erlebt aber auch viel Positives in diesen Tagen. Es ist bereits eine fünfstellige Spendensumme eingegangen, auch die evangelische Kirche hat einen Betrag beigesteuert. Und viele Menschen wollen helfen. Am Donnerstag etwa kam eine Gruppe von rund 20 Flüchtlingen und packte mit an beim großen Aufräumen.