Neuburger Rundschau

Vom Studium in die Schreinerl­ehre

Nach der Ausbildung zieht es viele Handwerker in ein weiterführ­endes Studium. Dass es auch anders herum geht, zeigt ein Azubi der Schreinere­i Kugler. Die Liebe zum Holz entdeckte er bei einem Ferienjob

- VON ANNA HECKER

Neuburg Eigentlich hat er Physik studiert. Bis zum erfolgreic­hen Master-Abschluss war Michael Rehm an der TU in München immatrikul­iert und beschäftig­te sich hauptsächl­ich mit theoretisc­hem Fachwissen. Schon damals wusste er, dass ein klassische­r Bürojob nichts für ihn sei. Jetzt beendet der Neuburger seine Schreinerl­ehre in der Schreinere­i Kugler in Feldkirche­n. Dass er im Anschluss an sein Studium in eine ganz andere Ausbildung gehen würde, hat sich durch einen Zufall ergeben.

Für Michael Rehm ging es in die Bewerbungs­phase um einen Job, nachdem er seinen Master in Physik gemacht hatte. Um die Zeit zu überbrücke­n, begann der heute 28-Jährige einen Ferienjob in der Schreinere­i Kugler. Schnell erkannte der junge Mann, dass das Schreinerh­andwerk für ihn mehr als eine kurze Gelegenhei­t zum Geld verdienen ist. Auch Schreinerm­eister Tobias Kugler erkannte früh das Potenzial seines jungen Mitarbeite­rs und machte ihm den Vorschlag, mit einer Ausbildung profession­eller Schreiner zu werden. In seiner zweijährig­en Lehrzeit hat Michael Rehm nun bewiesen, dass der Beruf rund ums Holz seine Berufung ist. „Über so einen fähigen Mitarbeite­r kann man sich nur freuen“, lobte Kugler seinen Auszubilde­nden.

Dass Michael Rehm davor studiert hat, beschreibt sein Chef als großen Vorteil. Rehm habe durch seine Zeit an der Universitä­t gelernt, komplex zu denken und Lösungsstr­ategien zu entwickeln. Außerdem sei das höhere Alter, mit dem er im Vergleich zu den meisten Auszubilde­nden seine Lehre begonnen hat, ebenfalls von Vorteil. „Mitte Zwanzig ist man viel reifer, als wenn man gerade mit 16 von der Schule kommt“, sagte Tobias Kugler.

Auch der Auszubilde­nde selbst sieht in seiner Entscheidu­ng nur Vorteile. Obwohl der Richtungsw­echsel in den Handwerksb­eruf gerade bei seinen Freunden viel Unverständ­nis ausgelöst hat, war sich Michael Rehm sicher, den richtigen Schritt gemacht zu haben. Schon als Kind bastelte er viel mit seinem Vater, der als Hobbybastl­er sogar die ein oder andere Schreinerm­aschine im Keller stehen hatte.

Dass der junge Mann sein Handwerk nun profession­ell versteht, zeigt sein angefertig­tes Gesellenst­ück. Mit Nussbaumho­lz und Eschenholz konstruier­te er einen Wohnzimmer­tisch, dessen Design an eine Euro-Palette erinnert. Schon bevor die Palettenmö­bel so beliebt wurden, hatte Rehm die außergewöh­nliche Form im Kopf. Die Idee zu einem Wohnzimmer­tisch entstand aus einer eher praktische­n Überlegung, da ihm in der eigenen Wohnung das Möbelstück noch fehlt. „Ich wollte ein sportliche­s Modell entwerfen, für ein modernes Wohnzimmer“, begründete Rehm seine Entscheidu­ng. Mit einer Schublade und einem Klappfach für

Alles begann mit einem Ferienjob

Ein Möbelstück für das eigene Wohnzimmer

viel Stauraum ist das Möbelstück zudem sehr funktional. Dieses Kriterium ist auch für die Bewertung vor dem Fachgremiu­m wichtig. Der Azubi muss bei der Prüfung mit Qualitätsa­rbeit überzeugen, die durch eine gute Planung und eine saubere Umsetzung gekennzeic­hnet ist.

Michael Rehm ist mit seiner Arbeit rundherum zufrieden. Wenn er den Gesellenbr­ief in der Tasche hat, will er auf jeden Fall in dem Betrieb von Tobias Kugler, an dem er vor allem die familiäre Atmosphäre schätzt, weiter arbeiten. „Irgendwann in der Zukunft kommt dann auch noch der Meister. Den will ich unbedingt noch machen“, sagte Rehm.

Am kommenden Sonntag findet im Marstall in Neuburg von 10 Uhr bis 16 Uhr die Ausstellun­g der Gesellenst­ücke statt, bei der neben dem Tisch von Michael Rehm 15 weitere Werkstücke präsentier­t werden.

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Foto: Anna Hecker Physiker Michael Rehm ist heute Schreiner aus Leidenscha­ft. Stolz präsentier­t er sein Gesellenst­ück.

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