Neuburger Rundschau

Ein Chance im Beruf

Menschen mit Beeinträch­tigungen haben es schwer auf dem Arbeitsmar­kt – nicht mehr lange

- Denis Dworatsche­k

Auch Träume fangen klein an. Als eine Idee um die Welt besser zu machen. In Märchen geht das alles immer ganz einfach. In der Realität scheitern Träume an Geldfragen oder wer überhaupt anpackt. In Augsburg erleben Mitglieder eines Vereins ein richtiges Sommermärc­hen. Ihr Traum dreht sich um ein Inklusions­hotel, um denen zu helfen, die sich selbst nicht helfen können.

„einsmehr“heißt das Hotel und auch die Initiative, die sich vor 18 Jahren als Selbsthilf­egruppe gegründet hat. Die Teilnehmer waren Eltern von Kindern mit Downsyndro­m. Heute gehören 130 Familien zum Verein. Sie alle erleben immer wieder mit, dass sich die jungen Erwachsene­n mit geistiger Beeinträch­tigung schwertun auf dem Arbeitsmar­kt. „Wir fragten uns, wo gibt es Bedarf, etwas zu ändern?“, sagt Jochen Mack vom Verein. Bei einem Ausflug sei den Mitglieder­n die Idee gekommen. Schnell war eine Arbeitsgru­ppe gebildet. Doch: „Wir hatten keine Ahnung vom Hotelwesen oder was wir an Kapital brauchen“, ergänzt Karin Lange, die Vorsitzend­e von „einsmehr“. Dann begann das Märchen.

Im Augsburger Westen soll ein großes Multifunkt­ionshaus entstehen. „Westhouse“nennt sich das Projekt an der Neusässer Straße gegenüber des Klinikums. Im Gebäude sind Tagungsräu­me, ein Bistro und eine Turnhalle geplant. „Wir haben dem Bauträger unsere Idee präsentier­t und er war angetan“, erzählt Mack. Zwei Businessbe­rater haben ihre Hotel-Idee geprüft und entschiede­n, dass es in Augsburg möglich sei. Ein Jahr pausierte das Projekt dann. Über dem Bauplatz stand ein großes Fragezeich­en, das der Bauträger erst endgültig abklären musste. Als er grünes Licht bekommen hat, ging die Planung in die nächste Phase. Das war im Oktober 2017.

„Wir begannen Spenden zu sammeln und wurden total überrascht“, sagt Lange. Bisher seien es schon einige hunderttau­send Euro. Vom Bezirk Schwaben und dem Inklusions­amt Bayern gebe es weitere hohe Zuschüsse. „Es läuft“, sagt Mack. Und Lange schwärmt: „Immer wieder lernten wir neue Leute über andere Bekannte kennen, die uns bei bestimmten Sachen helfen konnten.“So erstellt eine renommiert­e Internetag­entur aus München dem Verein eine kostenlose Homepage. „Die machen das sonst für BMW oder Lufthansa, so was hätten wir uns nie leisten können“, staunt Lange. Trotz all der eingegange­nen Spenden hofft der Verein auf weitere Gelder. Denn: Insgesamt braucht es 1,5 Millionen Euro.

Das Hotel selbst soll 2020 eröffnet werden und 73 Zimmer haben. Von den 24 Angestellt­en wird die Hälfte eine Beeinträch­tigung haben. Das Team will der Verein im kommenden Jahr langsam aufbauen – auch eine pädagogisc­he Fachkraft wird gesucht. „Wir wollen eine gute Mischung finden und gleichzeit­ig früh die Mitarbeite­r schulen“, erklärt Mack. Die Menschen mit Beeinträch­tigung können im Hotel je nach Fähigkeite­n arbeiten. „Einer will eher weniger Kontakt zu den Gästen, dann hilft er eben hinter den Kulissen mit“, sagt Lange. Ziel sei es am Ende, den Menschen erste Berufserfa­hrungen zu ermögliche­n und sie an andere Firmen oder Unternehme­n weiterzuve­rmitteln. „Die Zeit und die Gesellscha­ft sind reif für ein solches Projekt“, sagt Lange. Und vielleicht folgen andere Gewerbe ihrem Beispiel.

 ?? Foto: Martin Beck ?? So soll’s werden: Menschen mit Beein trächtigun­g wie Verena Kaspar servieren – hier noch für die Vereinsvor­sitzende Karin Lange, später dann im Inklusions hotel in Augsburg.
Foto: Martin Beck So soll’s werden: Menschen mit Beein trächtigun­g wie Verena Kaspar servieren – hier noch für die Vereinsvor­sitzende Karin Lange, später dann im Inklusions hotel in Augsburg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany