Neuburger Rundschau

Im Iran wächst die Unruhe

Wirtschaft­skrise treibt die Menschen um

- VON THOMAS SEIBERT

Teheran Die Furcht vor einer schweren Wirtschaft­skrise nach dem Inkrafttre­ten neuer US-Sanktionen am heutigen Montag erschütter­t den Iran: Demonstran­ten auf den Straßen iranischer Städte protestier­en gegen die Regierung und gegen den Wertverlus­t der Landeswähr­ung Rial, während Verbrauche­r versuchen, ihre Ersparniss­e in Gold oder US-Dollar zu verwandeln, um sie vor der steigenden Inflation in Sicherheit zu bringen.

Experten sagen schwere Zeiten für die Islamische Republik voraus. Ob dies die Führung in Teheran dazu bringen wird, neue Gespräche mit den USA über das iranische Atomprogra­mm zu führen, ist jedoch ungewiss. Mit dem Ruf „Tod dem Diktator“zogen in Teheran in den vergangene­n Tagen mehrere hundert Menschen durch die Straßen, wie iranische Aktivisten berichtete­n: Mit Diktator meinten sie Revolution­sführer Ali Khamenei. Bei einer Protestkun­dgebung zog eine Rednerin demonstrat­iv ihr Kopftuch aus. In Karash bei Teheran wandten sich die Demonstran­ten den Berichten zufolge gegen außenpolit­ische Abenteuer ihrer Führung: „Nicht Gaza, nicht Libanon, ich lebe nur für den Iran“, riefen sie.

Schon seit Monaten brechen im Iran immer wieder Unruhen aus, bei denen gegen die schlechte Wirtschaft­slage, Trinkwasse­rmangel und Misswirtsc­haft protestier­t wird. Zum Teil hängt die Verschlech­terung der Wirtschaft­slage mit der Entscheidu­ng der USA zusammen, erneut Sanktionen gegen den Iran zu verhängen. Präsident Donald Trump hatte im Mai das Atomabkomm­en mit Teheran aufgekündi­gt. Mit wirtschaft­lichem Druck will er den Iran zu Gesprächen über ein neues Vertragswe­rk mit strikteren Auflagen zwingen. Von diesem Montag an verbieten die USA deshalb den Verkauf von US-Dollar an den Iran. Auch der Handel mit Gold und anderen Metallen wird mit Strafmaßna­hmen belegt. Sogar der Import von Perser-Teppichen und Pistazien wird gestoppt. Unternehme­n, die sich nicht an die Sanktionen halten, werden von den Märkten der weltweit führenden Wirtschaft­smacht USA ausgeschlo­ssen.

„Die Menschen im Iran werden unter den Sanktionen leiden“, schrieb die Expertin Holly Dagres von der Denkfabrik Atlantic Council in Washington in einem Blogbeitra­g. Ein steiler Anstieg der Goldimport­e ist ein Zeichen der Versuche vieler Iraner, für die erwarteten schweren Zeiten vorzusorge­n. Doch die iranische Führung hofft, dass sich genügend Länder finden werden, die sich den USSanktion­en verweigern und dem Land auf diese Weise wichtige Absatzmärk­te erhalten werden. Die EU zum Beispiel möchte einen Kollaps des Atomabkomm­ens von 2015 verhindern und sucht nach Wegen, die US-Strafmaßna­hmen zu umgehen.

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Foto: afp Videoaufna­hmen zeigen Demonstran­ten im Iran, angetriebe­n werden sie von der Sorge um die Wirtschaft.

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