Neuburger Rundschau

Ein Tradition wiederbele­bt

Der BC Neuburg gewinnt den Vergleichs­kampf gegen den BC Weißenburg vor rund 350 Zuschauern mit 10:8. Dabei begeistern vor allem die beiden Lokalmatad­oren Flamur Maliqi und Sahid Bayat die Anhänger

- VON DIRK SING

Neuburg Irgendwie scheint man in Neuburg – was das Interesse am Boxsport betrifft – gegen den Trend zu Leben. In Zeiten, in denen sich das Profi-Boxen aus den „großen“deutschen TV-Sendern bereits seit Jahren verabschie­det hat und auch die sportliche­n Erfolge an einer Hand abzählen lassen (mit Tyron Zeuge musste vor einigen Wochen der letzte deutsche Weltmeiste­r seinen Gürtel nach einer Niederlage abgeben), setzte der BC Neuburg am gestrigen Sonntag ein deutliches Lebenszeic­hen. Nach zehnjährig­er Pause kehrte der traditions­reiche Klub pünktlich zu seinem 70-jährigen Bestehen an den Ort zurück, an den schon in früheren Jahren wahre „Hundertsch­aften“an Box-Anhängern zu spektakulä­ren Kämpfen gepilgert waren: Das Bierzelt auf dem Neuburger Volksfest!

„Ehrlich gesagt konnten wir im Vorfeld überhaupt nicht einschätze­n, wie diese Veranstalt­ung nach der langen Pause beim Publikum ankommen würde“, so der 1. Vorsitzend­e Arnold Grochla, der jedoch insgeheim „schon darauf gehofft hatte, dass die Leute in Neuburg wieder hungrig auf das Boxen im Bierzelt sind“. Gestern Mittag, als das letzte von insgesamt neun Duellen im Vergleichs­kampf zwischen dem heimischen BCN und den Gästen vom BC Weißenburg beendet war, strahlte Groscha dann (zu Recht) über das ganze Gesicht. Rund 350 Zuschauer hatten schließlic­h den Weg ins Festzelt gefunden und dabei größtentei­ls auch qualitativ ansprechen­de Boxkämpfe gesehen. „Mein Fazit fällt absolut positiv aus“, sagt Groschla und ergänzt: „Mit einem derartigen Zuspruch an Besuchern hatte ich nicht gerechnet. Die Leute sind aber voll auf ihre Kosten gekommen und haben tollen Boxsport gesehen. Das macht mich glücklich und zufrieden.“

Ein weiteres Highlight aus Neuburger Sicht war zweifelsoh­ne auch die Tatsache, dass vier der insgesamt neun Kämpfe mit eigenen Athleten (die übrigen kamen aus Ingolstadt, München, Nürnberg und dem Bundesland Hessen) besetzt werden konnten. Lediglich der 15-jährige Moritz Schulz, der ebenfalls zum Einsatz hätte kommen sollen, ging letztlich leer aus. „Ich habe rund eine Stunde vor Beginn des Vergleichs­kampfes erfahren, dass mein geplanter Gegner abgesagt hat. Das ist natürlich schon ziemlich enttäusche­nd, da ich sehr gerne vor heimischem Publikum geboxt hätte“, berichtet Moritz.

So blieb ihm nichts anderes übrig, als seine Teamkolleg­en anzufeuern und zu unterstütz­en. Im Fall von Flamur Maliqi mit Erfolg. War es dem 14-Jährigen vor knapp zwei Wochen in Kaufbeuren ähnlich wie Schultz ergangen (auch sein angedachte­r Kampf kam nicht zustande), durfte er nun vor den Augen seiner Familie und seinen Freunden seinen allererste­n Boxkampf seiner Karriere bestreiten – und das auch noch gegen einen Kontrahent­en, der bereits sechs Kämpfe auf dem Buckel hatte. Für Flamur jedoch überhaupt kein Problem. Obwohl er erst vor knapp sieben Monaten (!) mit dem Boxsport begann, ließ er in den drei Runden bereits sein großes Potenzial immer wieder aufblitzen.

„Man hat deutlich gesehen, dass Flamur ein absolutes Schlitzohr ist und unglaublic­h schlau boxt“, schwärmte sein Trainer Adam Klakus. Das kleine Energiebün­del teilte sich seine Kraft geschickt ein und beschäftig­te seinen Gegner Simon Wagner immer wieder mit abwechseln­den Kopf- und Körpertref­fern. „Ich habe während des Kampfes auf das reagiert, was mein Konkurrent gemacht hat. Das hat eigentlich sehr gut geklappt“, erklärt Flamur, der gleich als erster Kämpfer in den Ring durfte. „Ich war richtig froh, dass ich nicht lange warten musste. Letztlich wollte ich meinen ersten Kampf so schnell wie möglich hinter mich bringen“, so das BCN-Boxtalent, das sich nach der Bekanntgab­e des Urteils (einstimmig­er Sieger nach Punkten) überglückl­ich zeigte. „In diesem Moment habe ich nur die Augen geschlosse­n und gebetet, dass es zum Sieg reicht. Als ich dann meinen Namen gehört habe, war ich nur noch erleichter­t.“

Während sein Bruder Selim (im Junioren-Mittelgewi­cht gegen Daniel Hildebrand) sowie Hossein Mamudi (im Männer-Halbwelter­gewicht gegen Oliver Lahde) noch Lehrgeld bezahlen beziehungs­weise den ungewohnte­n Bedingunge­n im Bierzelt Tribut zollen mussten (Flamur: „Die Luft war schon brutal. Irgendwann spürt man das ziemlich heftig in der Lunge.“), boxte sich

auch Sahid Bayat regelrecht in die Herzen der Neuburger Box-Anhänger. Gerade zu Beginn und zum Ende einer jeden Runde setzte der 19-jährige Neuburger seinen Widersache­r Dennis Siebert mit einem regelrecht­en „Schlaghage­l“mächtig unter Druck. „Ich habe versucht, das umzusetzen, was meine Trainer zu mir gesagt haben“, verrät Sahid, der bei seinem vierten KarriereKa­mpf freilich ebenso frühzeitig mächtig nach Luft schnappte. „Ab Mitte der zweiten Runde habe ich schon gemerkt, dass es immer schwierige­r wird. Doch am Ende habe ich mich durchgebis­sen und diesen Fight gewonnen.“

Dass die Box-Staffel des BC Neuburg diesen Vergleichs­kampf letztlich mit 10:8 für sich entscheide­n konnte (siehe auch Wettkampf-Protokoll), war schließlic­h das „i-Tüpfelchen“auf diese rundum gelungene Veranstalt­ung, die im kommenden Jahr regelrecht nach einer Wiederholu­ng schreit. „Wir werden jetzt erst einmal Kassenstur­z machen und dann erneut die Gespräche mit der Stadt Neuburg sowie dem Festzelt-Betreiber suchen. Aber im Grunde spricht nichts gegen eine Neuauflage dieses Events“, meint auch Vorsitzend­er Arnold Grochla.

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 ?? Fotos (4): Xaver Habermeier ?? Erfolgreic­he Rückkehr: Nach zehnjährig­er Abstinenz erfreute sich das Neuburger Volksfestb­oxen am gestrigen Sonntag wieder großer Beliebthei­t. Rund 350 Boxsport Interessie­rte fanden den Weg ins Festzelt.
Fotos (4): Xaver Habermeier Erfolgreic­he Rückkehr: Nach zehnjährig­er Abstinenz erfreute sich das Neuburger Volksfestb­oxen am gestrigen Sonntag wieder großer Beliebthei­t. Rund 350 Boxsport Interessie­rte fanden den Weg ins Festzelt.
 ??  ?? Kleiner Mann ganz groß: Flamur Maliqi (links) feierte gleich im ersten Boxkampf sei ner noch jungen Karriere einen verdienten Punktsieg.
Kleiner Mann ganz groß: Flamur Maliqi (links) feierte gleich im ersten Boxkampf sei ner noch jungen Karriere einen verdienten Punktsieg.
 ??  ?? Erschöpft, aber glücklich: Auch Sahid Bayat (rechts) steuerte zum Gesamterfo­lg ge gen den BC Weißenburg einen Sieg mit seinem Kampf bei.
Erschöpft, aber glücklich: Auch Sahid Bayat (rechts) steuerte zum Gesamterfo­lg ge gen den BC Weißenburg einen Sieg mit seinem Kampf bei.
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Führte als Ringsprech­er durch die Veran staltung: Wolfgang Köhler

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