Wie man ohne lebt – und scheitert
Augsburg Als alte Naschkatze mit der Disziplin von Pippi Langstrumpf mache ich mich an das Experiment „Zuckerfrei“: Sieben Tage keinen weißen raffinierten Zucker. Am Morgen des ersten Tages bin ich recht zuversichtlich. Normalerweise mache ich mir morgens eine Tasse Earl Grey mit Zucker und Zitrone. Das wird also nichts! Da er mir „ohne“nicht schmeckt, belasse ich es bei einem Glas Wasser. Als Nächstes will ich routiniert zum Knuspermüsli greifen. Halt, stopp – Zuckerfalle! Dann gibt es halt das gute alte Bauernbrot. Das kaue ich lange. Sehr lange. Denn ich erinnere mich, dass wir im Bio-Unterricht mal Brot so lange gekaut haben, bis es durch die gespaltene Stärke nach Zucker geschmeckt hat. In der Unibibliothek fühle ich mich recht gut und bekomme nicht den Hungeranfall, der mich sonst kurz vor der Mittagspause befällt. Wie viel Zucker in der Jägersauce von der bayerisch-schwäbischen Theke drin ist, lassen wir mal aus dem Spiel. Doch nach dem Mittagessen kommt die große Lust auf Süßes. Meine Kommilitonen gönnen sich Apfelkuchen. Mein Wille steht auf der Kippe, aber ich halte durch. Tag zwei: Ich wache mit Kopfschmerzen auf. Schlechte Laune hab ich auch. Nicht nur der Zuckerentzug ist ein Problem, sondern vor allem die Organisation, ständig zuckerfreie Alternativen mit sich herumtragen zu müssen. Und das ist auch mein Verhängnis.
An Tag drei vergesse ich meinen Apfel zu Hause und auf einmal ist die Lust auf Süßes zu groß. Tatort: Cafeteria. Beweisstück: Schokoriegelverpackung. Ich gebe mich geschlagen und habe Respekt vor jenen Disziplin-Granaten, die einen zuckerfreien Alltag durchhalten.