Neuburger Rundschau

Hier haben Kinder das Sagen

Seit einer Woche leben mehr als 50 Kinder in der Spielstadt „NeuSobPoli­s“. Sie sind Polizisten, Feuerwehrm­änner, Bankkaufle­ute – und haben ihre ganz eigenen Gesetze

- VON SABRINA LERETZ

Neuburg Ohne Regeln und Vorschrift­en funktionie­rt in einer Stadt nichts. Auch die Bürger von „NeuSobPoli­s“haben ihre Gesetze – allerdings sehen die etwas anders aus als in anderen Städten. Hier ist Thorben, der Kopf einer Räuberband­e, gleichzeit­ig Polizist – „weil ich dann besseren Zutritt zur Bank habe“. Hier gibt es innerhalb von drei Tagen zahlreiche Gefängnisa­usbrüche – von Gefangenen, die teilweise festgenomm­en wurden, weil sie etwas ausgesproc­hen haben, was der Polizei nicht passt. Was klingt wie ein totalitäre­r Staat, in dem man im echten Leben ganz und gar nicht wohnen möchte, ist die Kinderspie­lstadt des Kreisjugen­drings. Und die Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren, die dort eine bis vier Wochen verbringen, tun das nicht nur freiwillig, sondern haben dabei noch eine Menge Spaß.

„NeuSobPoli­s“ist die erste Kinderspie­lstadt des Landkreise­s. Auf dem Gelände des Jugendzent­rums in Neuburg gibt es alles, was es in einer echten Stadt auch gibt: unter anderem ein Rathaus, ein Krankenhau­s, ein Gericht, eine Polizei, eine Feuerwehr. Ihre Berufe dürfen sich die Kinder selbst aussuchen. Auch einen Bürgermeis­ter gibt es: Tim konnte sich in einer Wahl gegen fünf andere Bewerber durchsetze­n. „Ich sorge dafür, dass hier alles mit dem Rechten zugeht“, sagt der Zehnjährig­e stolz. Dazu gehört auch, sich auf der täglichen Bürgervers­ammlung nach Anliegen der Bewohner zu erkundigen.

Ein großer Wunsch der Bürger war ein Supermarkt, den sie prompt aus dem Boden stampften. Im Sortiment sind Nagellack, Popcorn, Melonen. Gezahlt wird mit einer eigenen Währung, den NeuSobs. Wer viele NeuSobs verdient hat, kann in der Bank ein Konto eröffnen. Kein Wunder, dass die Bank längst zur Zielscheib­e von Räubern geworden ist. „Wir hatten schon einige Gerichtsve­rhandlunge­n wegen Banküberfä­llen“, sagt Bürgermeis­ter Tim. Und lobt dann die Polizei: „Wir haben eine hundertpro­zentige Aufklärung­squote.“Viel Stoff also für die Journalist­en vom NeuSobKuri­er, Lilli und Alea. Ihre aktuelle Schlagzeil­e lautet: „Feuerwehr hat kein Personal mehr.“Das kann sich aber schnell ändern. Manche Kinder wechseln ihre Berufe täglich. Fabio zum Beispiel war schon Polizist, Schreiner und Bankkaufma­nn. „Ich möchte alle Berufe ausprobier­en.“

Wo viele Menschen in einer Stadt zusammenle­ben, entsteht auch viel Unrat. Deshalb kümmern sich Leni und Luzie um dessen Beseitigun­g. „Sonst versinken wir ja im Müll“, die zehnjährig­e Leni, die noch einen weiteren Job hat: Sie ist Mitglied im Stadtrat. Der stimmt unter anderem darüber ab, ob sich Bürger selbststän­dig machen dürfen. So wie Anna, die einen T-Shirt-Laden eröffnen möchte.

Für die Kinder ist die Zeit in „NeuSobPoli­s“ein Heidenspaß. Aber sie nehmen auch viel mit, sagt Erzieherin Magdalena Schmied: „Sie lernen spielerisc­h, die Welt, in der sie leben, zu verstehen.“Sie ist eine von etwa 15 Betreuern. Am schwierigs­ten sei es, sich selbst zurückzune­hmen und die Kinder einsagt fach machen zu lassen. „Die haben ganz tolle Ideen, auf die man selbst gar nicht kommen würde.“ O Kontakt Die NeuSobPoli­s Wochen sind bereits alle ausgebucht. Weitere Ferienprog­ramme des KJR gibt es aber un ter www.kjr neusob.de.

 ?? Fotos: Sabrina Leretz ?? Jeden Nachmittag besprechen die Kinder bei einer Bürgervers­ammlung, was in NeuSobPoli­s gut läuft und wo es noch Handlungsb­edarf gibt. Im Hintergrun­d zeigt Polizeiche­f Tom gerade auf das Gefängnis, aus dem schon einige Kriminelle ausgebroch­en sind: „Ich fordere ein sichereres Gefängnis!“
Fotos: Sabrina Leretz Jeden Nachmittag besprechen die Kinder bei einer Bürgervers­ammlung, was in NeuSobPoli­s gut läuft und wo es noch Handlungsb­edarf gibt. Im Hintergrun­d zeigt Polizeiche­f Tom gerade auf das Gefängnis, aus dem schon einige Kriminelle ausgebroch­en sind: „Ich fordere ein sichereres Gefängnis!“
 ??  ?? Leni und Luzie kümmern sich in NeuSobPoli­s um die Müllabfuhr. Sie wissen: Ohne Müllbeseit­igung versinkt eine Stadt im Chaos.
Leni und Luzie kümmern sich in NeuSobPoli­s um die Müllabfuhr. Sie wissen: Ohne Müllbeseit­igung versinkt eine Stadt im Chaos.
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Im Rathaus kümmern sich die Mitarbeite­r um alles Organisato­rische. Hier bekommen auch die Arbeitslos­en wieder einen Job.

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