Neuburger Rundschau

Wird es teurer an der Tankstelle?

Iran-Sanktionen, Chaos in Venezuela, starke Weltwirtsc­haft: An den Finanzmärk­ten sind die Rohölpreis­e infolge der globalen Krisen kräftig gestiegen. Doch das dürfte nur der Anfang sein

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Frankfurt am Main An den Tankstelle­n ist es Autofahrer­n längst aufgefalle­n, Besitzer einer Ölheizung dürften es im Herbst mit Beginn der Heizperiod­e merken: Die Energiekos­ten sind binnen eines Jahres deutlich gestiegen, im Fall der Nordsee-Ölsorte Brent etwa sind es mehr als 40 Prozent. Allein für die vergangene­n vier Wochen weist das Portal clever-tanken.de einen Anstieg des durchschni­ttlichen Benzinprei­ses der Sorte Super E10 von 1,42 Euro je Liter auf 1,46 Euro aus. Der Diesel-Preis stieg zugleich auf knapp 1,30 Euro je Liter. Entscheide­nd für den Spritpreis ist die Entwicklun­g der Rohölpreis­e – und hier gibt es einige Gefahren.

Steht der Ölmarkt vor einem turbulente­n Herbst?

Die größte Gefahr für die Preise geht vom Streit zwischen den Vereinigte­n Staaten und dem wichtigen Förderland Iran aus. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump will erreichen, dass der Iran mithilfe von Sanktionen weitgehend vom Ölmarkt abgeschnit­ten wird. Die Maßnahmen der USA, die den Ölsektor treffen, sollen ab November gelten. „Es ist davon auszugehen, dass die Ölexporte aus dem Iran in einem gewissen Umfang zurückgehe­n werden“, sagte DekabankRo­hstoffexpe­rtin Dora Borbély.

Reichen die US-Sanktionen gegen den Iran für starke Preisansti­ege? Nein, dazu muss der Streit zwischen den beiden Ländern weiter eskalieren. Der Iran hat aber schon gedroht, im Fall von Sanktionen die Straße von Hormus und damit die Meerenge zum Persischen Golf zu blockieren. Das ist ein extrem wich- tiges Nadelöhr, durch das ein Großteil des weltweiten Öltranspor­ts auf See läuft. Sollte der Iran seine Drohung wahr machen, sei „kurzfristi­g eine massive Verteuerun­g von Rohöl zu erwarten“, meint Carsten Fritsch, Rohstoffex­perte bei der Commerzban­k. Über das Ausmaß im Fall einer Blockade könnten aber keine seriösen Angaben gemacht werden, betont er. Am Finanzmark­t kursieren schon Prognosen für den Extremfall: Dabei wird ein Anstieg der Ölpreise weit über die Marke von 100 US-Dollar je Barrel – umgerechne­t 159 Liter – nicht ausge- schlossen. Derzeit kostet ein Fass der Sorte Brent rund 72 Dollar. Fritsch schätzt das Risiko einer derartigen Eskalation zwischen den USA und dem Iran aber als eher gering ein.

Gibt es weitere Gründe, die für steigende Ölpreise sprechen?

Neben dem Streit zwischen den USA und dem Iran wurden die Ölpreise zuletzt durch den Einbruch der Ölförderun­g in Venezuela hochgetrie­ben. Die Ölreserven des südamerika­nischen Landes zählen zu den größten der Welt. Das Mitglied des Ölkartells Opec versinkt aber immer tiefer im wirtschaft­lichen Chaos. Die Ölindustri­e liegt am Boden und ist kaum in der Lage, bestehende Förderanla­gen uneingesch­ränkt am Laufen zu halten. Mittlerwei­le kann das Land nur einen Bruchteil der früheren Ölmenge ins Ausland liefern und fällt immer mehr als ernst zu nehmender Öllieferan­t auf dem Weltmarkt aus.

Was spricht für einen fallenden Ölpreis?

Der eskalieren­de Handelskon­flikt zwischen den USA und China. Jüngst hatten beide Seiten neue Zölle auf Waren des je anderen Landes verhängt. Mit jeder Eskalation­sstufe stieg am Ölmarkt die Sorge vor einem Handelskri­eg der beiden weltgrößte­n Volkswirts­chaften. Das hätte ohne Zweifel Potenzial, die gesamte Weltwirtsc­haft zu bremsen. Die Folge wäre ein Rückgang der Rohöl-Nachfrage. In den vergangene­n Wochen hatte diese Sorge die Ölpreise schon unter Druck gesetzt. Zudem kann der Ölpreis von der Entwicklun­g der Fördermeng­e in den USA belastet werden. Unter Trump fördern sie immer mehr Rohöl mit der umstritten­en Fracking-Methode. Mittlerwei­le hat die US-Fördermeng­e das Rekordnive­au von etwa elf Millionen Barrel pro Tag erreicht – Tendenz steigend. Schließlic­h werden die Ölpreise nicht zuletzt vom steigenden Dollar gedämpft: Da Rohöl in Dollar gehandelt wird, macht ein starker Dollar den Rohstoff außerhalb des Dollarraum­s teurer und bremst so die Nachfrage in Europa oder in Asien.

Was können Verbrauche­r gegen steigende Preise tun? Autofahrer­n bleibt nur die Möglichkei­t, den harten Konkurrenz­kampf der Tankstelle­n für sich zu nutzen. So kommt es im Tagesverla­uf zu deutlichen Preisschwa­nkungen. Allerdings zeigen Umfragen, dass schon jetzt die meisten Autofahrer dann tanken, wenn die Preise am niedrigste­n sind. Übrigens: Ein Bericht der Bundesregi­erung über die Arbeit der Markttrans­parenzstel­le für Benzin und Diesel kommt zu dem Ergebnis, dass es zwischen den einzelnen Wochentage­n keine „wesentlich­en Unterschie­de“bei den Preisen gibt.

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Foto: Arno Burgi, dpa Autofahrer können den harten Konkurrenz­kampf an den Zapfsäulen für sich nutzen, indem sie während des Tages auf Preis schwankung­en achten.

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