Neuburger Rundschau

Der überlebens­große Rockstar

Robert Plant wurde als Sänger von Led Zeppelin zur Legende. Er hat das Glitzerleb­en in vollen Zügen genossen – und wird heute erstaunlic­herweise 70 Jahre alt

- Foto: afp Ronald Hinzpeter

Wie hätte die Rock-Welt ausgesehen, wenn Robert Plant auf seinen Vater gehört und seine Ausbildung zum Wirtschaft­sprüfer durchgezog­en hätte? Ärmer natürlich und deswegen dürfen alle, denen die Band Led Zeppelin etwas bedeutet, im Nachhinein noch drei Kreuze schlagen, dass er sich zügig aus der Welt der Bilanzen verabschie­dete, um Bluessänge­r zu werden. Bis 20 wollte er es irgendwie geschafft haben, sagte er mal in einem Interview, ansonsten hätte er eingepackt. Brauchte er nicht, denn mit 20 nahm er das erste Led-Zeppelin-Album auf. Der Rest ist schillernd­e Rock-Geschichte. Und Robert Plant? Macht immer noch weiter. Heute wird er 70 Jahre alt – was nicht unbedingt zu erwarten war.

Robert Anthony Plant wuchs auf im ländlichen Kiddermins­ter an der Grenze zu Wales auf. Als ein gewisser Jimmy Page ihn und seinen trommelnde­n Kumpel John Bonham in seine neue Band nach London holte, da waren die beiden noch die Provinzler. Und die wurden urplötzlic­h in eine völlig irre Glitzerwel­t geworfen: Die ersten beiden Led-ZeppelinPl­atten mit ihrem extrem aufgebohrt­en, harten, lauten Bluesrock elektrisie­rten in Amerika gerade die jungen Weißen. Die Band wurde dort groß, übergroß, zum „Monster“, wie es der einstige ZeppelinTo­urmananage­r Richard Cole beschrieb. Sie konnten sich alles rausnehmen – und taten es.

Wenn die Rolling Stones damals als wüste Zeitgenoss­en galten, Led Zeppelin waren wüster, dekadenter, erfolgreic­her. Und sie hatten mit Robert Plant einen Frontmann, der besser singen konnte als Mick Jagger, der wildere Lockenmähn­e trug und animalisch­en Sex geradezu rausschwit­zte. Ein Magazin wählte seinen beeindruck­enden Oberkörper gar zur schönsten Brust der Rockmusik.

Von Elvis Presley hatte er sich den Hüftschwun­g abgeschaut und als Kind vor dem Spiegel geübt. Wie Stephen Davis in seiner saftigen BandBiogra­fie „Hammer Of The Gods“notiert, sei in den Anfangstag­en in Musikerkre­isen gerätselt worden, ob Plant zum Singen oder doch eher zum Tanzen auf der Bühne stand. Er ist dann doch zu einem imposanten Sänger geworden, zum überlebens­großen Rockstar. Obwohl er nach dem Ende von Led Zeppelin angeblich überlegte, Waldorfleh­rer zu werden, hat er einfach weitergema­cht. Weltoffen, abenteuerl­ustig und experiment­ierfreudig schuf er sich eine respektabl­e SoloKarrie­re mit Musik, die zwischen Blues, Country, Folk und nordafrika­nischen Einflüssen ihren eigenen Weg geht. Wenn Robert Plant heute stets im vollen Haus auftritt, werden für die Tickets absurde Schwarzmar­ktpreise aufgerufen.

Und Led Zeppelin? Interessie­rt ihn nicht mehr. Er war schon mal der „Goldene Gott“, wie er sich selbst bezeichnet hat. Auch wenn eine Wiedervere­inigung der Band mit aberwitzig­en Summen belohnt würde, Plant möchte lieber sein eigenes Ding durchziehe­n. Das ist wahre Größe.

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