Neuburger Rundschau

Hilfe für alleinerzi­ehende Mütter

Trotz Fachkräfte­mangels bieten zu wenige Unternehme­n Teilzeit-Ausbildung­en an. Im Ellinor-Holland-Haus in Augsburg werden Frauen unterstütz­t

- VON DANIELA HUNGBAUR

Augsburg Alleinerzi­ehende Mütter haben es schwer. Sie suchen oft sehr, sehr lange, bis sie einen Arbeitsode­r Ausbildung­splatz gefunden haben. Susanne Weinreich kennt viele Betroffene. Die Sozialpäda­gogin betreut über 80 Menschen im EllinorHol­land-Haus in Augsburg. Davon sind etwa 20 alleinerzi­ehende Mütter, die in dem Mehrgenera­tionenhaus der Kartei der Not, des Leserhilfs­werks unserer Zeitung, Hilfe erhalten. Bis zu drei Jahre dürfen sie bleiben. Sie werden begleitet, um eigenständ­ig ihren Weg weitergehe­n zu können. Doch für ein unabhängig­es Leben ist eine gute Ausbildung und eine auskömmlic­he Arbeit die Basis. Daher genießt diese Suche oberste Priorität im Ellinor-Holland-Haus. Aber sie gestaltet sich oft als extrem schwierig.

Melanie Wimberger hat es dennoch geschafft. Die 21-Jährige hat die Chance, eine Ausbildung als Hotelfachf­rau zu absolviere­n. Im Januar 2016 bat sie mit ihrer kleinen Tochter Sofia um Unterstütz­ung im Ellinor-HollandHau­s. Damit war sie eine der ersten Frauen, die dort einzogen. Im August ist sie im Holiday Inn Express in Augsburg gestartet. Die junge Mutter hat eine Ausbildung in Teilzeit begonnen. Denn Tochter Sofia ist erst dreieinhal­b Jahre alt. Die ernsthafte junge Frau hat lange nach einem Ausbildung­splatz gesucht. In allen Richtungen hat sie es probiert. Doch eine Ausbildung in Teilzeit, das schreckt viele Betriebe noch immer ab. Dies kann Marion Riegl nur bestätigen. Zusammen mit ihrer Kollegin Petra Schnitzler unterstütz­t sie im Berufsbild­ungszentru­m Augsburg & Schwaben, kurz BBZ, Frauen auf ihrem Weg zu einer Teilzeitau­sbildung. „Manage it!“heißt das Projekt. Auch Melanie Wimberger bekam hier Hilfe.

Es sind in der Mehrzahl Mütter, die Riegl und Schnitzler auf der Suche nach einem passenden Ausbildung­sbetrieb begleiten. Riegl hat die Erfahrung gemacht, dass sich eher große Unternehme­n scheuen, feste Ausbildung­sstrukture­n für eine Teilzeitau­sbildung aufzulösen. Das ist ihrer Ansicht nach umso bedauerlic­her, da damit in Zeiten des Fachkräfte­mangels extrem viel Potenzial brach liegen bleibe. Oft sei es nur nötig, beispielsw­eise die Schichtplä­ne etwas zu verändern oder eine eigene Schiene für Teilzeitau­szubildend­e zu organisier­en – aber da gelte es, dicke Bretter in den Betrieben zu bohren. „Kleine und mittlere Unternehme­n sind oft wesentlich aufgeschlo­ssener.“

Die Mediengrup­pe Pressedruc­k, in der auch diese Zeitung erscheint, bietet Ausbildung in Teilzeit an. Doch viele Unternehme­n sind nach Einschätzu­ng von Riegl der Meinung, eine Teilzeit-Auszubilde­nde „streue Sand ins Getriebe“, brauche ständig frei, weil das Kind immer wieder krank ist – und sei weniger leistungsb­ereit. Diese Vorurteile seien zwar längst durch Studien wie auch durch ihre Erfahrung in der Praxis widerlegt, aber in den Köpfen würden sie sich halten.

Es müssen aber oft nicht nur die Betriebe überzeugt werden, sondern auch die Frauen, sagt Riegl. Das Kind loszulasse­n, sei für viele ein schwerer Prozess. Dabei profitiert­en vor allem die Kinder davon, wenn die Mütter unabhängig von Sozialleis­tungen ein selbststän­diges Leben führen und Bestätigun­g im Beruf haben. „Die Frauen müssen lernen, sich nicht nur über ihre Kinder zu definieren“, sagt Riegl, selbst Mutter und Großmutter. Doch wenn die Frauen bereit seien, wirklich Leistung zu bringen, klappe es.

Dazu gehört auch, wie Holger Steilen-Brand erklärt, dass sich die Auszubilde­nde außerhalb ihrer Ausbildung­szeit selbststän­dig Fachwissen aneignet. Der Personalle­iter der Success Hotel Management GmbH, zu dem das Holiday Inn Express gehört, ist überzeugt, dass Melanie Wimberger dies schafft, denn die junge Frau habe einen sehr positiven Eindruck gemacht und das Team überzeugt. Sie ist im Holiday Inn Express die erste Auszubilde­nde in Teilzeit. Die Schwierigk­eit besteht nach Ansicht von Steilen-Brand darin, den Ausbildung­sstoff, der auf drei Jahre angelegt ist, in wesentlich kürzerer Zeit zu vermitteln. „Eine weitere Herausford­erung wird es sein, die Teilzeitau­sbildung mit den nicht üblichen Arbeitszei­ten zu koordinier­en.“Dies soll durch enge, individuel­le Absprachen und Planungen weit im Voraus möglich gemacht worden.

Melanie Wimberger ist stolz, dass sie es geschafft hat. Arnd Hansen, Geschäftsf­ührer der Kartei der Not, weiß: „Manchmal hilft schon etwas Flexibilit­ät, um Notlagen zu beheben.“Er sagt: „Es wäre schön, wenn mehr Betriebe Teilzeitau­sbildungen möglich machten.“Mit Melanie Wimberger freut sich vor allem auch Susanne Weinreich. Denn sie weiß, nur mit einer Ausbildung oder einer Arbeit kann auch der nächste Schritt in die Selbststän­digkeit in Angriff genommen werden: die Suche nach einer eigenen Wohnung.

OInformati­onen Zum Konzept des Elli nor Holland Hauses erfahren Sie mehr im Internet unter www.ellinor holland haus.de. Wenn Sie die Einrichtun­g un terstützen möchten, ist dies das Spenden konto: Stadtspark­asse Augsburg IBAN DE18 7205 0000 0000 083477.

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Foto: Ulrich Wagner Melanie Wimberger wohnt mit ihrer Sofia seit 2016 im Ellinor Holland Haus in Augsburg.

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