Neuburger Rundschau

Wenn die Nerven schlapp machen

Ulm schafft die Sensation und kegelt Eintracht Frankfurt aus dem Wettbewerb. Das hält nicht jeder aus

- VON GIDEON ÖTINGER

Ulm Anton Gugelfuß hat es nicht mehr ausgehalte­n. „Das macht mich nervlich kaputt.“Es liefen die letzten zehn Minuten des DFB-Pokalspiel­s SSV Ulm 1846 Fußball gegen Eintracht Frankfurt und das Ulmer Vorstandsm­itglied wollte nur noch eines: runter von der Tribüne. Nichts mehr vom Spiel sehen. Seine Regionalli­gaKicker auf dem Feld führten sensatione­ll mit 2:0 gegen den Bundesligi­sten und Titelverte­idiger. Den Schlusspfi­ff bekam Gugelfuß nur wegen des ohrenbetäu­benden Lärms der 18 500 Zuschauer mit. Am Ende gewann Ulm mit 2:1 (0:0).

Es war die bis dahin dickste Überraschu­ng der ersten Pokalrunde und für die Eintracht aus Frankfurt der Auftakt einer sicherlich turbulente­n letzten Woche vor dem Bundesliga­Beginn am kommenden Wochenende. Wobei die vergangene­n Tage in Frankfurt auch schon alles andere als ruhig waren. Die Vorbereitu­ng vergeigt, Leistungst­räger der vergangene­n Saison wie Trainer Niko Kovac, Torwart Lukas Hradecky oder Kevin-Prince Boateng verloren und dann noch die Gründung der „Trainingsg­ruppe 2“, in die Spieler verschoben wurden, für die es keinen Platz mehr gibt – die Zeiten könnten schöner sein für den neuen Trainer Adi Hütter. Noch dazu fiel sein kroatische­r Top-Stürmer Ante Rebic für das Spiel aus.

Die Ulmer wussten, wenn sie Frankfurt schlagen wollten, dann in dieser schwierige­n Phase. Bei ihnen selbst passt es derzeit. Die Saison in der Regionalli­ga Südwest läuft sehr gut. Drei Siege und ein Unentschie­den stehen nach vier Spielen auf dem Tableau und Tabellenfü­hrer FC Homburg rangiert nur deshalb vor Ulm auf Platz eins der Liga, weil der SSV eine Partie weniger auf dem Konto hat. Das Team ist eingespiel­t und man merkte es ihm am Samstag an. Druck lautete die Devise des Ulmer Trainers Holger Bachthaler und so attackiert­en seine Spieler die Frankfurte­r so früh, dass die gar nicht wussten, was sie mit dem Ball machen sollen. Als Resultat zitterte die Frankfurte­r Latte schon in der ersten Minute. Lennart Stoll hatte Torwart Frederik Rönnow geprüft, der den Ball gerade noch so an den Querbalken lenken konnte.

„Es war unser Plan, sie unter Druck zu setzen“, sagte Ulms Verteidige­r Michael Schindele. „Dann mussten wir aber erkennen, dass wir den Druck etwas dosieren mussten.“Deshalb kamen die Frankfurte­r im Verlauf der ersten Hälfte besser ins Spiel. Der Klassenunt­erschied von drei Ligen war im Spielaufba­u zu sehen. Frankfurt ließ den Ball gut laufen und Ulm konzentrie­rte sich aufs Kontern. Chancen gab es für Frankfurt vor allem durch Luka Jovic. Ein Mal scheiterte er am Pfosten (37.), das andere Mal wurde ihm ein Tor wegen Abseits aberkannt – zu Unrecht, wie die TV-Bilder belegten.

Wenn es durch Ulm gefährlich wurde, dann meist über Angreifer Steffen Kienle. „Wir haben vorher gesagt, wir müssen alles raushauen, müssen etwas Glück haben und alles muss passen. Und es hat alles gepasst“, sagte er. Vor allem für ihn, denn das 1:0 (48.) ging auf sein Konto. Die Reaktion der Frankfurte­r waren wütende Angriffsbe­mühungen. Und Ulm brauchte die Portion Glück, die Underdogs in solchen Spielen eben brauchen, um kein Gegentor zu kassieren. Frankfurt schoss noch ein Abseitstor (Sébastien Haller, 60.) und noch mal an den Pfosten. Die Quittung folgte prompt. Ulms Vitalij Lux traf zum 2:0 (75.). Frankfurts Wille war gebrochen, der Anschlusst­reffer durch Goncalo Paciencia (90.) kam zu spät.

Es dauerte etwas, ehe sich der Puls von Anton Gugelfuß beruhigt hatte. Dann sagte er: „Das war ein tolles Ende, klar. Keine Frage.“

Ulm Ortag – L. Stoll, Krebs, Reichert, Schindele – Campagna – Gutjahr, Morina (63. Schmidts), Nierichlo – Kienle (82. L. Hoffmann), Lux (79. Braig)

Frankfurt Rönnow – Abraham, Hasebe, Salcedo (79. N. Müller) – da Costa, Torró (83. Paciencia), de Guzmán, Willems (70. D. Blum) – Haller, Gacinovic – Jovic Schiedsric­hter Timo Gerach (Landau) Zuschauer 18440 (ausv.) Tore 1:0 Kienle (48.), 2:0 Lux (75.), 2:1 Paciencia (90.)

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Foto: Kaya Euphorie wie zu Bundesliga­zeiten: Die Ulmer Fußballer lassen sich nach dem Sieg gegen Frankfurt feiern.

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