Neuburger Rundschau

Ein bisschen Selbstkrit­ik

DFB-Präsident Reinhard Grindel räumt Fehler im Umgang mit Mesut Özil ein. Auch die Distanz zu den Fans sei zu groß geworden. Bayern-Boss Uli Hoeneß fordert tief greifende Veränderun­gen – und schützt den Bundestrai­ner

- Sky. Bild am Sonntag

Berlin Die Rufe nach radikalen Veränderun­gen in der Fußball-Nationalma­nnschaft und beim DFB werden lauter. Joachim Löw will den Verbandsch­efs am Freitag in München die Konsequenz­en aus dem noch immer schmerzend­en WMDebakel präsentier­en. Uli Hoeneß hat schon vorher weitreiche­nde Maßnahmen gefordert. Das Vorrunden-Aus in Russland sei „ein Alarmzeich­en“gewesen, sagte der Präsident des deutschen Branchenfü­hrers FC Bayern am Sonntag und regte drastische und auch ungewöhnli­che Schritte an. Die Nationalma­nnschaft solle „vielleicht aus dem Deutschen Fußball-Bund herausgelö­st“und mit einem „profession­ellen Management“ausgestatt­et werden, sagte Hoeneß im TV-Sender „Denn der Geldgeber für den DFB ist ja die Nationalma­nnschaft.“Die DFB-Führung um Präsident Grindel könne als Aufsichtsr­at fungieren.

Löw habe angesichts eines laufenden Vertrages bis zur nächsten WM 2022 in Katar und wegen der vorangegan­genen Erfolge als Bundestrai­ner eine Chance zum Neubeginn verdient, betonte Hoeneß: „Er hatte einen Bonus.“

Aber auch der in Russland gestürzte Weltmeiste­rcoach Löw müsse „sich hinterfrag­en, ob nicht das eine oder andere schiefgela­ufen ist. Und es müssen klare Zeichen gesetzt werden in den nächsten zwölf Monaten, ob die Konsequenz­en aus dem Debakel gezogen wurden“, sagte Hoeneß. „Ich finde es klug, dass man zuerst in Ruhe die Analyse macht“, betonte der Weltmeiste­r von 1974. Löw müsse aber auch schnell wieder erfolgreic­he Arbeit leisten. Der DFB könne „immer noch reagieren“, ergänzte der Bayern-Boss: „In zwei Jahren ist eine Europameis­terschaft, bis dahin muss er die Mannschaft wieder in Schwung gebracht haben.“

Ansonsten geht der Bayern-Prä- davon aus, dass Löw dann selbst entspreche­nde Konsequenz­en ziehen würde. „Er wird jetzt hart arbeiten und sonst sagen: Arrivederc­i!“Hoeneß nannte es „einen Hammer“, dass es im WM-Trainingsl­ager in Südtirol kein öffentlich­es Training gab, bei dem Urlauber und Fans Manuel Neuer und Kollegen zuschauen konnten.

Verbandsch­ef Reinhard Grindel bereits vor dem Auftritt von Löw vor dem DFB-Präsidium die Prämissen vor. Weg mit dem künstliche­n Brimborium rund um das Nationalte­am, mehr Stolz auf das Auswahltri­kot, eine klare Philosophi­e auf dem Rasen. Grindel will vom angeschlag­enen Löw weitreiche­nde Konsequenz­en sehen, die allerdings weniger personelle­r Art sein müssen. „Ich habe dem Bunsident destrainer signalisie­rt, dass es aus meiner Sicht tief greifender Veränderun­gen bedarf“, sagte der Verbandspr­äsident in der

und schloss an, worauf es ihm ankommt: „Mehr Einsatz, mehr Bereitscha­ft, alles zu geben. Gepaart mit einer nachvollzi­ehbaren Spielidee.“

Zugleich müsse das DFB-Team wieder näher an die Fans heranrügib­t cken, forderte der DFB-Präsident: „Ich denke da an mehr öffentlich­e Trainingse­inheiten, niedrigere Ticketprei­se – bei den Anstoßzeit­en sind wir leider durch unsere Verträge weniger flexibel.“Auch der von vielen als künstlich empfundene Begriff „Die Mannschaft“solle auf den Prüfstand, kündigte Grindel an.

Fehler räumte der DFB-Boss im Umgang mit Mesut Özil ein. Einen eigenen Rücktritt schließt der DFBPräside­nt aber aus. „Ich hätte mich angesichts der rassistisc­hen Angriffe an der einen oder anderen Stelle deutlicher positionie­ren und vor Mesut Özil stellen müssen“, sagte Grindel. „Solche Angriffe sind völlig inakzeptab­el. Dass er sich da vom DFB im Stich gelassen fühlte, tut mir leid.“

Özil hatte sich vor der WM in Russland mit dem türkischen Staatspräs­identen Recep Tayyip Erdogan fotografie­ren lassen, was zu einer heftigen öffentlich­en Debatte und schließlic­h zu Özils Rücktritt geführt hatte. Dabei erhob er Vorwürfe gegen den DFB, Grindel, deutsche Medien und einen DFBSponsor. Er verspüre das „Gefühl von Rassismus und Respektlos­igkeit“, schrieb Özil in den sozialen Netzwerken.

Für Hoeneß ist das nicht nachvollzi­ehbar. „Man hätte Mesut Özil zwingen müssen, eine Erklärung abzugeben“, sagte er. Das Thema sei „lange Zeit falsch eingeschät­zt“worden vom DFB.

Seine eigene verbandspo­litische Zukunft sieht Grindel nicht gefährdet. „Ich habe sehr großen Rückhalt bei den Landesverb­änden und in der Bundesliga.“Der Ex-Politiker wird von zwei Terminen getrieben: Dem 29. August, wenn Löw auch der Öffentlich­keit seine WM-Konsequenz­en präsentier­t, und dem 27. September, wenn das „Leuchtturm­projekt“EM 2024 vergeben wird. Deutschlan­ds einziger Konkurrent ist die Türkei.

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Foto: Witters Er hätte sich deutlicher positionie­ren und vor Mesut Özil stellen müssen, sagte DFB Präsident Reinhard Grindel in einem Inter view. Auch so manch Marketing Gag rund um die Nationalma­nnschaft sei nicht ganz optimal gewesen.

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