Neuburger Rundschau

Was tun bei Wespennest­ern am Haus?

Viele Menschen haben Angst, wenn sich die Insekten in nächster Nähe niederlass­en. Doch Naturschüt­zer mahnen zur Umsicht. Warum man in Notfällen Experten konsultier­en muss und was man keinesfall­s machen darf

- VON HEIKE JOHN

Aichach Friedberg Als Lothar von Gernet den Schrank in seinem Geräteschu­ppen öffnet, entdeckt er ein filigranes Kunstwerk aus Holzfasern – ein Wespennest in der Größe eines Tennisball­s. „Hier können die Tierchen aus und ein fliegen, es stört niemanden und ich werde es nicht entfernen“, sagt der Meringer – zur Freude von Doris Gerlach. „Immer wieder rufen Leute voller Panik bei mir an, weil sie ein Wespennest auf ihrem Grundstück haben und es sofort weghaben wollen“, sagt die Vorsitzend­e der Meringer Ortsgruppe des Bund Naturschut­z.

Viele wollen wissen, ob man das Nest versetzen kann oder rücken der „Bedrohung“mit Sprühschau­m vom Baumarkt gleich selbst zu Leibe. Abgesehen davon, dass man sich damit strafbar machen kann, weil einige Wespenarte­n unter Naturschut­z stehen, sei es äußerst gefährlich, selbst die Initiative zu ergreifen, betont Gerlach. „Als Naturschüt­zerin plädiere ich natürlich zunächst einmal dafür, das Nest zu belassen, schließlic­h sind auch Wespen nützliche Insekten“, sagt sie. Ist es nicht im unmittelba­ren Lebensumfe­ld und lebt kein Allergiker im Haus, dann spricht aus ihrer Sicht nichts dagegen. Schließlic­h stechen Wespen nur, wenn sie unmittelba­r bedroht werden. Doris Gerlach verrät einen alten Trick aus ihrer Kindheit: „Einfach für die Wespen in einiger Entfernung vom Esstisch ein extra Schälchen mit Marmelade oder Katzenfutt­er aufstellen, dann wird der eigene Teller nicht umschwirrt.“

Vier- bis fünfmal in der Woche werde die Freiwillig­e Feuerwehr in Mering wegen Wespen angerufen, wie Kommandant Andreas Regau Auskunft gibt. Diese ist jedoch nur noch in Ausnahmefä­llen zuständig, wenn es um die Abwehr unmittelba­rer Gefahren für Leben und Gesundheit geht, so lautet eine offizielle Regelung. Er verweist bei Anfragen auf Kammerjäge­r, die das entspreche­nde Wissen und die Ausrüstung haben.

Manche Bürger wenden sich wegen eines Wespennest­s auch an Imker, wie Andreas Vogl, Vorsitzend­er des Meringer Imkerverei­ns, bestätigt. „Wir sind definitiv dafür die falsche Adresse“, sagt er, „aber in den meisten Fällen kann man den Anrufern schon am Telefon die Angst nehmen.“Den Imkern liegt der Erhalt der Wespennest­er sehr am Herzen, weil die Insekten ein wichtiger Teil der Natur sind. Wenn das wirklich nicht geht, verweisen die Imker die Anrufer an die Naturschut­zbehörde am Landratsam­t.

Dort ist Wolfgang Grinzinger der Fachgebiet­sleiter. In seinem Referat gehen viele Anrufe zum Thema Wespen ein, auch weil in letzter Zeit Bußgeldsum­men für das Töten von Wespen kursieren. „Es gibt gut 540 verschiede­ne Wespenarte­n“, erklärt Grinzinger.

„Die gewöhnlich­e Gemeine Wespe, die man landläufig kennt, steht nicht unter Naturschut­z und kann in einer Bedrohungs­lage auch beseitigt werden“, gibt er Auskunft. Vor allen Dingen, wenn eine Allergie gegen Wespenstic­he vorliegt, könne einer Beseitigun­g zugestimmt werden.

„Wenn die Leute bei uns anrufen, weil sie ein Wespennest im Rollladenk­asten oder im Dachgiebel haben, dann raten wir immer, uns ein Foto zu schicken“, sagt Grinzinger. Bei Zweifeln, um welche Wespenart es sich handelt, schaut einer seiner Mitarbeite­r auch selbst vor Ort nach. Je nach Gefahr und Schadensla­ge könne ein Wespennest sehr wohl beseitigt werden. „Es muss jedoch tierschutz­gerecht und von geschultem Personal erfolgen.“

Viel Erfahrung damit haben die Kammerjäge­r, die für Wespen speziell ausgebilde­t sind. „Ich mache seit drei, vier Wochen nichts anderes, als Wespennest­er zu entfernen“, sagt Marc Hegemann aus Baindlkirc­h. Der selbststän­dige Kammerjäge­r ist von Friedberg über Mering und Schmiechen bis nach Weilheim und Murnau sowie Richtung München unterwegs. Er sagt: „Die warme trockene Witterung sorgt dafür, dass es dieses Jahr so viele Wespen gibt, und es wird noch schlimmer.“Die Kammerjäge­r kennen die verschiede­nen Wespenarte­n. Oft kann Hegemann bereits am Teabenteue­rliche lefon anhand der Beschreibu­ng seiner Kunden von Wespen, Nestern und Fundort entscheide­n, was zu tun ist.

„Ist es die harmlose Feldwespe, sollte man sie nicht bekämpfen. Und wenn es sich um Hornissen handelt, dann stehen die unter besonderem Artenschut­z und man versucht, die Nester umzusiedel­n.“Hornissen erkennt man an ihrer Größe. Sie sind in der Regel friedlich und jagen andere Wespenarte­n.

Besiedeln aber die Deutsche Wespe oder die Gemeine Wespe Rollladenk­ästen oder fressen sich durch eine Isolierung bis in den Speicher, sei Gefahr im Verzug, vor allen Dingen bei Allergiker­n. Der Kammerjäge­r rückt dann mit Spray und Kontaktsch­aum dem Nest und seinen schwirrend­en Bewohnern zu Leibe, sodass sie schnell abgetötet werden.

Je nach Anfahrtswe­g und Lage des Nestes muss man dafür mit einer Gebühr zwischen 80 und 150 Euro netto rechnen. „Es kann derzeit auch zu Wartezeite­n von bis zu zwei Wochen kommen“, informiert Mark Hegemann. Für seine Arbeit steht er in Kontakt mit der Unteren Naturschut­zbehörde. „Ich habe mir von dort auch Broschüren kommen lassen, denn viele Menschen können nicht einmal Bienen von Wespen unterschei­den“, hat er festgestel­lt. Ein bisschen Umweltbild­ung würde manchen Leuten nicht schaden, so lautet sein Urteil. „Viele drehen am Rad, sobald etwas brummt. Dabei sind Wespen auch nützlich, denn sie fangen Fliegen.“

„Die warme, trockene Witterung sorgt dafür, dass es dieses Jahr so viele Wespen gibt, und es wird noch schlimmer.“

Kammerjäge­r Marc Hegemann

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Foto: skatzenber­ger stock.adobe.com Imkern liegt der Erhalt der Wespennest­er sehr am Herzen, weil die Insekten ein wichtiger Teil der Natur sind.
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Rollladenk­ästen sind beliebte Siedlungso­rte für Wespen. Abhilfe schafft hier der Kammerjäge­r.
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Fotos: Heike John Das Wespennest hat Lothar von Gernet in seinem Schuppen entdeckt.
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Foto: olympus E5, stock.adobe Hornisse

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