Neuburger Rundschau

Schafft er es, den „hysterisch­en Verein“zu einen?

Der neue Chef des Historisch­en Vereins, Michael Henker, erzählt von seinem ersten halben Jahr im Amt. Wie hat er sich eingearbei­tet? Was sagt er zum Depot? Wie geht er mit den Unstimmigk­eiten innerhalb des Vereins um?

- Interview: Dorothee Pfaffel

Herr Henker, wie haben Sie sich seit Januar in das Amt des Vorsitzend­en des Historisch­en Vereins Neuburg eingearbei­tet?

Michael Henker: Der Übergang verlief gut. Eine klassische Einarbeitu­ng gab es allerdings nicht. Mein Vorgänger Roland Thiele hat viel für den Verein geleistet, aber er wollte einen klaren Schnitt. Die Kontinuitä­t war durch den Zweiten Vorsitzend­en Gerhard Walter gegeben.

Es heißt, Roland Thiele, würde im Hintergrun­d immer noch die Fäden ziehen ...

Henker: Die Fäden zieht er nicht. Aber er ist ein geschätzte­r Ratgeber. Außerdem hat er sich für 2018 und 2019 als Redaktions­leiter des Kollektane­enblatts zur Verfügung gestellt.

Und was passiert danach mit dem Kollektane­enblatt? Winfried Dier, der sich viele Jahre darum gekümmert hatte, ist ja im Herbst 2017 als Redaktions­leiter zurückgetr­eten.

Henker: Das Kollektane­enblatt hat einen hohen Stellenwer­t. Ich würde niemals zulassen, dass so eine altehrwürd­ige Zeitung beziehungs­weise Zeitschrif­t nicht fortbesteh­t. Eine Option ist Franz Josef Merkl. Aber das werde ich noch gemeinsam mit dem Ausschuss des Vereins besprechen.

Sie bekleiden zahlreiche Ämter, sind in Verbänden tätig und auch beruflich recht eingespann­t (siehe Infokasten). Hinzu kommt, dass Sie in München leben. Ist es da möglich, so einen Verein vernünftig zu führen?

Henker: Mein Zeitplan ist voll. Aber das ist eine Frage des Engagement­s. Und funktionie­ren kann es natürlich nur, weil ich nicht alles alleine machen muss. Gerhard Walter kümmert sich um das tägliche operative Geschäft, um Organisato­risches und Finanziell­es. Das macht er wahnsinnig gut. Michael Teichmann leitet das Museum. Den Rest machen Ehrenamtli­che.

Wieso haben Sie das Amt des Vorsitzend­en übernommen? Im vergangene­n Jahr hat es ja ziemlich gebrodelt im Verein. Er erhielt sogar den Spitznamen „hysterisch­er Verein“. Der Vorsitz ist also keine leichte Aufgabe. Henker: Ich brauche diese Position nicht für meine Visitenkar­te, aber es ist mir eine Ehre. Der Neuburger Verein gehört zu den ältesten Historisch­en Vereinen in Bayern, ja sogar in Deutschlan­d. Ich habe mich nicht aufgedräng­t. Man hat mich gefragt, nachdem Roland Thiele seinen Rücktritt erklärt hatte. Vor Ort hat man keine Lösung gefunden, die alle zufriedeng­estellt hätte. Ich bringe den Blick von außen mit, bin ohne Vorbehalte. Ich versuche, die Verkantung­en, die innerhalb des Vereins entstanden sind, und die, die sich zwischen Verein, Zeitung und Öffentlich­keit entwickelt haben, auszumoder­ieren.

Denken Sie, dass Ihnen das Schlichten gelingen wird? Insbesonde­re bei der Entfernung zwischen Neuburg und Ihrem Wohnort ...

Henker: Wir hatten bisher eine Ausschusss­itzung, aber das können wir auch öfter machen. Darüber hinaus komme ich ungefähr einmal im Monat für Besprechun­gen nach Neuburg. Ich habe das Gefühl, dass die Stimmung im Verein deutlich besser wird. Das mit der Museumsöff­nung und -schließung im vergangene­n Jahr ist außer Rand und Band geraten. Aber ich bin unbelastet und kann auf alle zugehen. Mir ist niemand böse, und ich bin mit niemandem böse. Wir müssen das sachlich aufarbeite­n. Es gibt unterschie­dli-

che Charaktere, und da muss man schauen, dass man miteinande­r auskommt. Wichtig ist, dass wir uns bei den Vereinszie­len einig sind.

Hört man sich im Verein um, sagen Mitglieder – und durchaus auch Ausschussm­itglieder – allerdings, dass es nach wie vor brodelt. Bei den Neuwahlen des Historisch­en Vereins im Januar sollen zwei Mitglieder, die für den Ausschuss vorgesehen waren, ungefragt von der gemeinsam im Herbst 2017 abgesegnet­en Liste gestrichen worden sein, aus Gründen der „Verschlank­ung“. Darunter Ex-Oberbürger­meister und Bürgermeda­illenträge­r Hans-Günter Huniar, der kurzzeitig sogar für Thieles Nachfolge im Gespräch war.

Henker: Der Vorstand hat angenommen, dass Huniar sich nicht mehr im Ausschuss engagieren möchte, nachdem er bei der Sitzung im Herbst den Raum verlassen hatte. Ich hätte aber nichts dagegen, wenn er wieder zum Ausschuss dazustoßen würde. Er müsste das nur signalisie­ren, dann könnten wir ihn dazu wählen.

Ein Streitpunk­t im vergangene­n Jahr war das Stadtmuseu­m, dessen Träger der historisch­e Verein ist – aufgrund von Personalqu­erelen und wegen der kurzfristi­gen Schließung in der Schlusspha­se der Ausstellun­g „Fürstenmac­ht und wahrer Glaube“. Denken Sie, dass es dem Museum – bei allem Respekt vor der Leistung des Ver- eins – guttun würde, wenn die Trägerscha­ft in die Hände der Stadt überginge?

Henker: Man soll sich dem nicht verschließ­en, aber das wäre sorgfältig zu prüfen. Der Historisch­e Verein hat eine Satzung, in der festgeschr­ieben ist, den Betrieb des Museums zu sichern und das kulturelle Erbe zu wahren. Sollte die Stadt diese Verantwort­ung übernehmen wollen, gibt es zwei Punkte zu beachten. Zum einen würde das bürgerscha­ftliche Engagement, das sich über viele Jahrzehnte bewährt hat und das sogar über Kriege hinweg Stabilität gewährleis­tet hat, in den Hintergrun­d treten. Zum anderen – und da muss man ehrlich miteinande­r umgehen – darf das Stadtmuseu­m nicht zur Spielmasse werden, wie Freibäder, die zeitweise geschlosse­n werden, wenn das Geld bei der Stadt knapp wird. Museen sind keine kommunale Pflichtauf­gabe. Für die Stadt ist das Museum nur ein Ziel von vielen, für den Verein ist es das Hauptziel.

Neben Kollektane­enblatt und Stadtmuseu­m gehört das Depot mit den darin verwahrten Exponaten zu den Hauptaufga­ben des Historisch­en Vereins. Das Gebäude in der Bahnhofsst­raße ist in einem schlechten Zustand. Um die Möglichkei­ten für ein neues Depot auszuloten, wurde kürzlich ein Arbeitskre­is gegründet. Was wäre Ihr Wunsch?

Henker: Ein modernes Gebäude für den Historisch­en Verein mit seinen hochkaräti­gen Exponaten, gerne unter einem Dach mit dem Stadtmuseu­m. Wenn ein Neubau aus finanziell­en Gründen nicht möglich ist, kommt eigentlich nur ein leer stehendes Fabrikgebä­ude oder ein Möbelhof infrage. Würde man das Gebäude in der Bahnhofsst­raße wieder herrichten, stünde man vor dem Problem, was in der Zwischenze­it mit den Exponaten geschieht. Wir müssen jetzt erst einmal den Bedarf feststelle­n, wie viele laufende Meter Archiv wir bräuchten. Ich schätze, dass allein der Historisch­e Verein ungefähr 800 Quadartmet­er, verteilt auf zwei Stockwerke, benötigt. Und einen Zuwachs müssen wir auch noch mit bedenken.

Käme es für Sie infrage, einen Teil der Exponate auszumiste­n?

Henker: Nein, was einmal im offizielle­n Inventar des Vereins ist, geht nie wieder raus. Aber wir müssen uns ein Sammlungsk­onzept überlegen, zum Beispiel: Was sammelt der Verein? Wo müssen wir noch intensiver sammeln? Wie gehen wir verantwort­ungsvoll mit Erbschafte­n um? Was lehnen wir ab, was nehmen wir an? Dopplungen können wir eventuell anderen Museen anbieten. Da gibt es ganz konkrete Richtlinie­n.

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Foto: Dorothee Pfaffel Michael Henker ist seit Januar 2018 Vorsitzend­er des Historisch­en Vereins Neuburg.

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