Abschied vom Sommer
Wenn man Rainer Maria Rilke wäre, könnte man dieser Tage Verse für die Ewigkeit schmieden, wie den des „Herbstgedichts“: „Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los …“, heißt es da so wunderschön.
Leider ist man nicht Rilke und kann auch nicht so gut dichten. Darum wird nüchtern auf die Fakten geschaut. Und so stellt man beim vorläufigen Abschied des Sommers fest, dass vor allem die Unternehmen sich übers HitzeEnde freuen dürfen, denn dort kann endlich wieder ordentlich gearbeitet werden. Denn während ein Büroangestellter bei 23 Grad die volle Leistung erbringt, sinkt dieser Wert bei zunehmender Temperatur und erreicht bei 30 Grad nur noch 70 Prozent. Experimente haben ergeben, dass Bürokräfte bei mehr als 30 Grad sogar nur noch halb so schnell tippen wie bei 20 Grad Raumtemperatur. Kaum zu glauben, dass da jeden Tag eine Zeitung erschienen ist.
Doch der Hitze-Sommer hat auch andernorts seine Spuren hinterlassen – vor allem auf den Straßen. Denn je heißer es ist, desto kaputter werden dieselben. Wenn Sonnentage den Asphalt auf bis zu 60 Grad aufheizen, wird der Belag weich. Die Folge sind Spurrillen. Über die freuen sich nur Stoßdämpfer-Hersteller, Straßenbaufirmen und vielleicht Markus Söder – weil er sich als Retter der Landstraßen inszenieren kann. Froh sein über die kühleren Tage werden die Produzenten von Schokoladen-Weihnachtsmännern und Lebkuchen. Denn die bringen ihre Ware gerade in die Supermärkte. Da richtet sich unser Blick unwillkürlich nach vorne und wir stellen erschreckt fest: In 121 Tagen ist Heiligabend!