Neuburger Rundschau

Mythos Monza

Mit einem Heimsieg will Vettel beweisen, das Ferrari wieder titelreif ist

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Monza Überwältig­t vom Mythos Monza wurde einst auch ein Michael Schumacher emotional. „In Monza mit einem Ferrari zu gewinnen, ist einfach das Größte“, beteuerte der oft so unterkühlt­e Rekordcham­pion nach einer seiner Formel-1-Triumphfah­rten im Autodromo Nazionale. Tempo-Rausch und italienisc­he Leidenscha­ft – der Königliche Park steht als perfektes Sinnbild für die Marke Ferrari, die nun schon viel zu lange auf einen Heimsieg und einen Titel wartet.

Erlöser könnte in dieser Saison Schumacher­s Erbe Sebastian Vettel sein. Im vierten gemeinsame­n Jahr scheinen die Scuderia und der Deutsche endlich bereit für die WMKrone. Vettels erster Monza-Sieg im Ferrari soll dafür am Sonntag (15.10 Uhr/RTL) den nächsten Beweis liefern. Schritt für Schritt hat der 31-Jährige den Rennstall herangefüh­rt an die lange übermächti­gen Silberpfei­le – ein bisweilen schmerzhaf­ter Prozess.

„Der Sport hat selten erlebt, dass eine Marke so stark dominiert hat wie in den letzten Jahren Mercedes. Dass wir da jetzt auf Augenhöhe sind, spricht für uns“, sagte Vettel zuletzt nach seinem fünften Saisonsieg in Spa-Francorcha­mps. Auf einer Motorenstr­ecke im direkten Duell Lewis Hamilton abgehängt zu haben, daraus schöpft der Hesse frischen Glauben an den Erfolg seiner Ferrari-Mission.

Auch wenn der Heppenheim­er im Red Bull bereits viermal Weltmeiste­r war, fühlt er, dass erst ein Titel im roten Auto ihm Legenden-Status sichern würde. „Ich stelle mir vor, dass einer meiner schönsten Tage der sein wird, wenn ich in Rot den Titel gewinnen werde. Das Ziel ist, Ferrari dahin zurückzubr­ingen, wo es mit Michael Schumacher schon mal war“, sagte er schon im vergangene­n Jahr vor dem Monza-Rennen.

Damals begann ausgerechn­et beim Heimspiel der Einbruch im WM-Duell mit Hamilton. Mercedes gelang in Italien ein Doppelerfo­lg. In den Wochen danach zerbrachen Vettels WM-Träume im Eiltempo durch eine Serie von Pannen und Patzern. Den Frust des Vorjahres nutzte die Scuderia als Treibstoff für die neuerliche Attacke.

Getrieben vom unnachgieb­igen Firmenchef Sergio Marchionne wurde in Maranello an vielen Schrauben gedreht. Den plötzliche­n Tod des italo-kanadische­n Top-Managers im Juli nimmt der Rennstall als emotionale Verpflicht­ung, sein Lebenswerk mit der Weltmeiste­rschaft zu vollenden. Eine der Schlüsself­iguren ist dabei Technikdir­ektor Mattia Binotto, unter dessen Regiment dem Ferrari die meisten Schwächen ausgetrieb­en wurden. Stärkerer Motor, schnittige Aerodynami­k, erhöhte Zuverlässi­gkeit. Dazu hat Vettels Mannschaft spürbar den Fokus geschärft, gibt sich geordneter und schaut vor allem auf sich selbst. Einen ähnlichen Weg hatte Ferrari in der Schumacher-Ära genommen. Der Kerpener benötigte fünf Jahre, ehe er die Scuderia zur Sieg-Maschine geformt hatte. Der Rest ist Legende. Neben seinen fünf Titeln in Serie gewann Schumacher auch insgesamt fünfmal mit Ferrari in Monza – bis heute eine Bestmarke auf der Strecke, die für die Tifosi „La Pista Magica“ist. Ungeduldig sehnen die Ferraristi eine neuerliche Zeit der Triumphe herbei.

Kimi Räikkönens hauchdünne­r Titelgewin­n 2007 liegt schon eine Formel-1-Ewigkeit zurück. Der bislang letzte Monza-Erfolg der Scuderia 2010 ist noch mit dem Spanier Fernando Alonso verknüpft, der vor Vettels Ankunft fünf Jahre vergeblich dem WM-Ruhm nachjagte. Anders als Alonso, der eher ein Grantler mit großem Ego als ein Teamarbeit­er ist, scheint Aufbauhelf­er Vettel die richtige Richtung gewiesen zu haben.

Monza soll nun zur nächsten Etappe der WM-Wende werden, 17 Punkte beträgt der Rückstand des Deutschen auf Titelverte­idiger Hamilton noch. Der Auftakt ins Heimspiel indes missriet dem Heppenheim­er. Bei einer PR-Ausfahrt auf den Straßen von Mailand rutschte Vettel am Mittwoch in die Barriere. Immerhin blieb es bei einem kleinen Blechschad­en.

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Foto: Getty Ferrari wartet schon lange auf einen Heimsieg in Monza. An diesem Sonntag (15.10 Uhr/RTL) könnte es so weit sein.

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