„Wilsberg“: Mega Erfolg aus Münster
Zuletzt sahen acht Millionen Zuschauer zu
Es war gewagt, hat aber funktioniert: Als das ZDF Mitte der 90er Jahre mit Kommissarinnen wie Bella Block und Rosa Roth auf starke Frauen setzte, schickte Martin R. Neumann, damals erst kurz beim Sender, einen schwachen Mann ins Quotenrennen. Vermutlich hat er selbst nicht geahnt, dass er mit seinem Antihelden alt werden würde.
Gut zwei Jahrzehnte später sind Rosa Roth und Bella Block längst in Rente, aber Georg Wilsberg ist immer noch da, und das in jeder Hinsicht mit mehr Präsenz als je zuvor: Mittlerweile entstehen bis zu fünf Episoden pro Jahr; am 8. September zeigt das ZDF mit „Die Nadel im Müllhaufen“bereits Folge Nummer 60. Außerdem ist „Wilsberg“eines der wenigen lang laufenden Formate, die der Fragmentierung des Fernsehmarktes trotzen und sogar noch an Quote zulegen. Zuletzt haben die Krimis erstmals die Acht-MillionenMarke übersprungen.
Ein Schulfreund hatte Neumann einst auf die „Wilsberg“-Romane von Jürgen Kehrer aufmerksam gemacht. Der Redakteur war vor allem von der Hauptfigur angetan, einem gescheiterten Rechtsanwalt aus Münster, der sich als Privatdetektiv verdingt. Als Joachim Król nach der ersten Episode wieder ausstieg, um sich seiner Kinokarriere zu widmen, entpuppte sich das für Neumann als Glücksfall: Der bis dahin praktisch unbekannte Leonard Lansink war „die kongeniale Besetzung, denn Leonard ist Wilsberg“, sagt er. Auffällig ist vor allem der Erfolg bei jungen Zuschauern. Das Erfolgsgeheimnis besteht nach Neumanns Ansicht aus drei Teilen: dem Ensemble, das wie eine Familie funktioniere; dass man inhaltlich und gestalterisch stets mit der Zeit gegangen sei; und ganz besonders wegen des Titelhelden. Wilsberg sei „einfach eine coole Socke“.
Und wie viel Neumann steckt in „Wilsberg“? Vor allem die Haltung, sagt der Redakteur: „Das kritische Hinterfragen von Autoritäten, alles etwas locker und mit viel Humor nehmen, niemals klein beigeben.“