Neuburger Rundschau

Der Zirkus um Primark

Am Donnerstag öffnete die zweite bayerische Filiale in Ingolstadt. Hunderte Menschen kamen, um im Geschäft des irischen Mode-Discounter­s einzukaufe­n. Vor dem Laden machte sich indes Protest laut

- VON ELISA MADELEINE GLÖCKNER

Ingolstadt Der Mensch – ein Jäger und Sammler. Was vor Millionen von Jahren das Überleben sicherte, scheint sich heute auf die Modewelt übertragen zu haben. Das zeigt das Beispiel Primark. Am Donnerstag eröffnete der irische Moderiese eine Filiale in Ingolstadt. Sie ist die zweite in ganz Bayern – und der Inbegriff von Lust und Kritik am Konsum.

Primark ist bekannt dafür, seine Filialen an einem Donnerstag zu eröffnen, so auch diesmal. Bis zur Eröffnung um 10 Uhr bleibt noch mehr als eine Stunde. Und während Mitarbeite­r im Ladeninner­en liegen gebliebene Kartons ins Lager tragen, versammeln sich vor den Schaufenst­ern erste Besucher und fragen die reserviert dreinblick­enden Sicherheit­sleute nach Einlass. Einer der Männer beantworte­t das Bitten lakonisch: „Nein, später.“

Der Ursprung der Modekette Primark geht auf das Jahr 1969 in Irland zurück. Hier eröffnete Arthur Ryan einen ersten Laden in Dublin unter dem Namen Penneys. Die Marke expandiert­e innerhalb Großbritan­niens und erreichte Jahre später auch das europäisch­e Festland. Mittlerwei­le führt der Textil-Discounter 360 Stores weltweit, 27 allein in Deutschlan­d. Einer davon befindet seit Donnerstag in der Ingolstädt­er Innenstadt.

Die Uhr sagt 9.30 Uhr, der Meteorolog­e Regen. Doch das Wetter verhält sich ruhig. Die stetig wachsende und vornehmlic­h weiblich geprägte Menge wartet vor verschloss­enen Türen. Vor ihnen: die Absperrung. Hinter ihnen: der Alltag in der Ludwigstra­ße. Über ihnen: „Primark“in großen Lettern. Pragmatisc­h. Petrol. Präsent. Eine Marke, die keine Schnörkel will. Ein Name, der für günstige Klamotten steht. „Niedrige Preise und eine hohe Qualität: Darauf haben wir immer geachtet“, sagt Wolfgang Krogmann, Geschäftsf­ührer von Primark in Deutschlan­d und Österreich, kurz vor der Eröffnung.

Doch sind es eben diese Kriterien, die Primark immer wieder ins Kreuzverhö­r der Öffentlich­keit manövriere­n – auch an diesem Donnerstag. Vor der Filiale haben sich knapp 20 Gegner versammelt, um sich und ihren Protest zu artikulier­en. Eine davon ist Anneliese, die ihren vollständi­gen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Wie sie erklärt, sei sie gekommen, um den Primark-Konsumente­n einen Denkanstoß zu geben. Ihr sei es wichtig, verantwort­ungsvolle und Kleidung zu tragen. „Man muss sich Gedanken um Produktion­sbedingung­en machen.“Neben Anneliese steht Henriette Appel mit einem selbst gebastelte­n Schild in der Hand. Auch sie findet harsche Worte für die Haltung vieler Menschen in der heutigen Zeit: „Diese Wegwerfmen­talität macht sich nicht nur in der Textilindu­strie bemerkbar, sondern auch in Partnersch­aften.“Man müsse sich die Wertigkeit von Dingen bewusst machen. Eva Bulling-Schröter von der Partei Die Linke in Ingolstadt stellt ebenfalls klar: „Wir wollen Klamotten, die fair und sozial produziert worden sind.“Die Politikeri­n erinnert an den Einsturz einer mehrstöcki­gen Textilfabr­ik in Bangladesc­h im Jahr 2013. 1135 Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Primark hatte dort produziert.

Kritik – zu Recht? Wolfgang Krogmann hat für vieles eine Erklärung parat. Das gute Preis-Leistungs-Verhältnis komme etwa durch eine schlanke Organisati­on und Struktur des Unternehme­ns zustande. Primark führe keine Werbekampa­gnen – lediglich zu Filialeröf­fnungen, sagt er. Dazu würden potenziell­e Produktion­spartner einer bis zu 60 Tag andauernde­n Benachhalt­ige triebsprüf­ung unterzogen, ehe sie einen Testauftag erhalten.

Punkt 10 Uhr. Die Ladentüren öffnen sich – und mehrere Hundert Menschen ziehen durch die Allee klatschend­er Primark-Mitarbeite­r in das Innenleben des Ladens. Ihre Mission: Konsum. Dass dieser Kreislauf rundläuft, sollen 200 Mitarbeite­r in Ingolstadt sicherstel­len. Noch sind nicht alle Stellen besetzt. Das, sagt Krogmann, solle sich in den kommenden vier Wochen aber ändern.

Auch um 10.30 Uhr ist der Kapitalism­us am Werk. Die Menschen ziehen Hosen aus den Regalen, Tops von den Ständern und Make-up aus den Fächern. Die einen jagen Schnäppche­n, die anderen sammeln Angebote. Der Mensch ist ein Jäger und Sammler. Und unter der Decke hängen silberfarb­ene Luftballon­s, auf denen die beiden Wörter Fashion und Circus zusammenge­setzt sind.

Jennifer Segashi und Maria Merza jedenfalls gefällt’s. „Ich habe mich wie ein Star gefühlt“, schwärmt Jennifer von ihrem Einzug in das Geschäft. „Wir sind froh, dass es Primark jetzt bei uns gibt. Hosen, Kosmetik, Schuhe: alles an nur einem Ort. Das ist toll.“Und günstig.

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Fotos: Elisa Glöckner 24 Kassen, 42 Umkleideka­binen, günstige Mode für Männer und Frauen: Das alles ist in der neuen Primark Filiale in Ingolstadt auf 3100 Quadratmet­ern und zwei Ebenen zu finden. Am Donnerstag öffnete das Geschäft seine Türen. Das rief auch Gegner auf den Plan.
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