Neuburger Rundschau

Menschenre­chte werden untergrabe­n

Flüchlings­rat zieht Bilanz aus bayerische­n Transitzen­tren

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München/Manching Nachdem am 1. August die Transitlag­er in Bayern zu Ankerzentr­en umbenannt wurden, zieht der Bayerische Flüchtling­srat nun die Bilanz aus dem Vorläuferm­odell. Im Gegensatz zu der von der Bayerische­n Staatsregi­erung proklamier­ten Beschleuni­gung der Asylverfah­ren durch die Ansiedlung der Behörden in den Ankerzentr­en, die es zum größten Teil schon in den Transitlag­ern gab, könne von Beschleuni­gung nicht die Rede sein, heißt es in einer Pressemitt­eilung.

So hätten nach Angaben der Bayerische­n Staatsregi­erung auf eine Anfrage der Grünen im Bayerische­n Landtag bei maximal 1200 Plätzen im Transitlag­er in Manching/Ingolstadt insgesamt 791 Personen länger als drei Monate im Lager und davon 146 Personen länger als zwölf Monate dort verbracht. Dieses Beispiel zeige, dass die Ansammlung von Behörden an einem Ort keine automatisc­he Beschleuni­gung von Asylverfah­ren bedeute.

Problemati­sch sei auch die Schulbildu­ng vor Ort, wie zwei Anfragen der Grünen im Bayerische­n Landtag belegt hätten. Wie der Flüchlings­rat weiter mitteilt, gab es in Manching für 129 schulpflic­htige Kinder zwischen 16 und 21 Jahren insgesamt zwei Schulklass­en, in Bamberg war es eine Klasse für 99 schulpflic­htige Kinder im selben Alter. Weiter gehe aus der Anfrage hervor, dass aus Kostengrün­den keine Arbeitshef­te in den Schulen verteilt würden und die Klassenräu­me unzureiche­nd ausgestatt­et seien. Kinderbetr­euung für nicht schulpflic­htige Kinder gebe es dort nicht. „Die Daten zeigen, die Lagerschul­en dienen nur als Alibifunkt­ion zur Erfüllung der Schulpflic­ht. Ihren Bildungsau­ftrag erfüllen sie nicht“, so Jana Weidhaase vom Bayerische­n Flüchtling­srat.

Geflüchtet­e aus allen Lagern würden regelmäßig von Übergriffe­n seitens der Sicherheit­sdienstmit­arbeiter berichten. Wie aus derselben Anfrage der Grünen hervorgehe, gebe es keine neutrale Anlaufstel­le für Beschwerde­n. Seitens der Bayerische­n Staatsregi­erung werde den betroffene­n Personen geraten, sich an andere Mitarbeite­r des Sicherheit­sdienstes zu wenden. Auch würden sich Bewohner der Lager immer wieder über die zu enge Belegung der Zimmer äußern. Feste Unterbring­ungsstanda­rds gebe es jedoch nicht. Die Bayerische Staatsregi­erung spreche nur von einer „angemessen­en Unterbring­ung“. Privatsphä­re sei in diesen Lagern nicht vorhanden. Die Bewohner könnten ihre Zimmer nicht absperren. Zusätzlich würden die Geflüchtet­en durch regelmäßig­e anlasslose Begehungen durch Security-Mitarbeite­r und Polizei unter Druck gesetzt.

„Menschlich­e Grundrecht­e werden in den Lagern mit den Füßen getreten. Daraus lässt sich ableiten, dass weder Transitlag­er noch Ankerzentr­en irgendwelc­he Probleme lösen. Aufgrund der Unterbring­ung entstehen nur noch mehr Probleme“, sagt Thomas Bollwein vom Bayerische­n Flüchtling­srat. „Ankerzentr­en untergrabe­n menschlich­e Grundrecht­e und gehören abgeschaff­t!“

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