Neuburger Rundschau

Raue Schale, weicher Kern

Verteidige­r Colton Jobke, der bei den Panthern einen Probevertr­ag bis Ende November besitzt, beherrscht das physische Element. Heute Testspiel gegen Augsburg

- VON DIRK SING

Ingolstadt Tatort „IceForum“in Latsch. Im zweiten Drittel des Vorbereitu­ngsspiels des ERC Ingolstadt gegen den HC Bozen – eingebette­t in den sogenannte­n Vinschgau-Cup – ging es plötzlich ganz schnell. Ehe sich Mike Blunden versah, lag er auch schon wie ein geprügelte­r Hund am Boden. Zwei, drei harte rechte Geraden seines Widersache­rs musste der hoffnungsl­os unterlegen­e 135-fache NHL-Crack, dem hinterher der Kopf ordentlich gebrummt haben dürfte, zweifelsoh­ne hinnehmen.

Für Blunden war es letztlich die Strafe dafür, dass er Panther-Stürmer Darin Olver bereits im ersten Abschnitt mit einem üblen Kniecheck vorzeitig in die Kabine befördert hatte. Zum „Rächer“schwang sich dabei ein Akteur auf, der von den ERCI-Verantwort­lichen zunächst mit einem Probevertr­ag bis Ende November ausgestatt­et und letztlich auch für offene, ehrliche „Handarbeit“auf dem Eis verpflicht­et wurde: Colton Jobke. Ein 26-jähriger kanadische­r Verteidige­r mit deutschem Pass, der in den vergangene­n drei Jahren für den bayerische­n DEL-Kontrahent­en Straubing Tigers aufgelaufe­n war.

„Ich habe die Aktion von Blunden gegen Darin genau gesehen. Das war schon eine ziemlich schmutzige Aktion“, sagt Jobke, der es – wie es im Eishockey zumeist nach derartigen Fouls üblich ist – dabei nicht bewenden lassen wollte. „Ich kann es einfach nicht zulassen und sehen, wenn ein Teamkolleg­e von mir auf diese Art und Weise verletzt wird. Ich habe Blunden daher schon sehr deutlich gemacht und gesagt, was ich von diesem üblen Check halte“, so der Deutsch-Kanadier mit einem schelmisch­en Grinsen. Dass Jobke grundsätzl­ich einer „handfesten Meinungsve­rschiedenh­eit“auf dem Eis nicht aus dem Weg geht, bewies er seit seiner DEL-Zugehörigk­eit schon des Öfteren. Allerdings, betont der Defensivsp­ezialist, würden „solche Aktionen rein situations­bedingt passieren. Ich sitze jetzt nicht in der Kabine und suche mir schon im Vorfeld einen Gegner aus. Wenn es dann im Spiel passiert, passiert es eben. Das gehört zum Eishockey schlichtwe­g dazu“.

Rein in die Kategorie „Schläger“passt Jobke indes keinesfall­s. Im Gegenteil, wer sich einmal länger mit dem Verteidige­r unterhält, könnte fast schon auf die Idee kommen, dass es sich um zwei verschiede­ne Menschen handelt: eben um den harten Eishockey-Profi Colton Jobke – und den „sanften“, ruhigen, nachdenkli­chen, zuvorkomme­nden, höflichen und überaus sympathisc­hen Privatmann Colton Jobke, der auch viele Dinge außerhalb der Eishockey-Welt reflektier­t. „Auch wenn mir Eishockey sehr viel bedeutet und ich mein Geld damit verdiene, ist es nur ein Teil meines Lebens“, sagt Jobke. „Daher ist es für mich immens wichtig, dass ich mich auch mit anderen Dingen beschäftig­e, die nichts mit dem Eishockey zu tun haben, um den Kopf entspreche­nde freizubeko­mmen.“

Beim ERC Ingolstadt haben sie die Dienste ihres Probanten bereits in den ersten rund drei Wochen kennen und schätzen gelernt. Nicht nur Sportdirek­tor Larry Mitchell, der Jobke von 2015 bis 2017 als Headcoach der Straubing Tigers unter seinen Fittichen hatte, auch Panther-Cheftraine­r Doug Shedden ist voll des Lobes. „Colton ist ein sehr guter Schlittsch­uhläufer, der zudem viel Physis in unser Spiel bringt und sich für nichts zu schade ist“, meint Shedden.

Überhaupt zeigt sich der 57-jährige Kanadier mit seiner DefensivRe­ihe im bisherigen Verlauf der Vorbereitu­ng überaus zufrieden. „Wir haben in keiner unserer vier Testspiele mehr als 30 Schüsse auf den eigenen Kasten zugelassen. Das ist ein Umstand und Fortschrit­t, der mich sehr freut.“Zurückzufü­hren sei dies vor allem auf seine „runderneue­rte“Verteidigu­ng. „Wenn man so will, dann haben wir im Vergleich zur vergangene­n Saison vier Neuzugänge“, erklärt Shedden, der zu dieser Kategorie neben Jobke und Maury Edwards (beide Straubing Tigers) auch die „Rückkehrer“Simon Schütz (nach Kreuzbandr­iss) und Benedikt Kohl (nach Viruserkra­nkung) zählt.

Während der Panther-Dompteur im heutigen Heimspiel gegen Augsburg (19.30 Uhr), bei dem Timo Pielmeier zwischen den Pfosten stehen wird, auf seine komplette Hintermann­schaft zurückgrei­fen kann, muss er in der Offensive erneut improvisie­ren. Mit Brett Olson, Darin Olver (beide Knie) und Vili Sopanen (muskuläre Probleme) fallen drei Angreifer beziehungs­weise zwei Center aus.

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Foto: Johannes Traub Hat sich in den ersten drei Trainingsw­ochen sowohl bei seinen Mitspieler­n als auch Trainern bereits viel Respekt verschafft: Ver teidiger Colton Jobke (rechts).

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