Neuburger Rundschau

Ein Maulwurf im Weißen Haus

USA Ein hochrangig­er Mitarbeite­r von Donald Trump beschreibt, wie Beamte hinter dessen Rücken versuchen, das angeblich Schlimmste noch zu verhindern. Der Präsident tobt und will nur wissen: Wer war das?

- VON KARL DOEMENS New York Times York Times, New Washington Post „CBS Times Axios York Times New

Washington Ein anonymer Gastbeitra­g in der New York Times versetzt das Weiße Haus in Washington in Aufregung. Der Verfasser, selbst ein Teil der Trump-Administra­tion, berichtet, wie dort hochrangig­e Mitarbeite­r der Regierung unablässig von innen heraus daran arbeiten würden, Teile von Trumps Programm zu verhindern. Nach dem Bekanntwer­den des Beitrags brach im Weißen Haus Panik aus, dort wurde sofort mit der Suche nach der Quelle der New York Times begonnen. Die Zeitung gab an, dass es sich um einen seriösen, hochrangig­en Regierungs­mitarbeite­r handelt. Trump sprach von „Verrat“und twitterte, dass die Times die Person aus Gründen der Nationalen Sicherheit sofort an die Regierung übergeben müsse. (doe)

Washington Die Sonne über der fiebrigen US-Hauptstadt war gerade aufgegange­n, als Jarrod Agen, Kommunikat­ionsdirekt­or von Vizepräsid­ent Mike Pence, eine Stellungna­hme abgab. „Der Vizepräsid­ent schreibt seinen Namen über Gastbeiträ­ge“, betonte Agen: „Unser Amt steht über solchen AmateurAkt­ionen.“

Die vermeintli­ch unscheinba­re Erklärung ist wohl beispiello­s und verdeutlic­ht das Ausmaß des Chaos, in dem sich die Regierung von Donald Trump befindet: Tatsächlic­h fühlte sich der Vizepräsid­ent der USA am Donnerstag­morgen genötigt, öffentlich zu versichern, dass er keine Verschwöru­ng gegen den Präsidente­n anführe. Darum nämlich geht es, seit im Weißen Haus die panische Suche nach dem Verfasser eines anonymen Gastbeitra­gs in der

ausgebroch­en ist, der sich als Teil einer größeren Widerstand­sgruppe innerhalb der Administra­tion bezeichnet.

„Das Dilemma, das er nicht ganz versteht, ist, dass viele hochrangig­e Mitarbeite­r in seiner eigenen Regierung von innen heraus unablässig daran arbeiten, Teile seines Programms und seiner schlimmste­n Neigungen zu verhindern“, schreibt der Gastautor: „Ich weiß es. Ich bin einer von ihnen.“Der Verfasser lobt ausdrückli­ch einige republikan­ische Errungensc­haften der Regierung wie die Deregulier­ung, die Steuersenk­ungen und die Aufstockun­g des Militärs, beklagt jedoch die mentale Instabilit­ät, das erratische Verhalten, die feindselig­e Kommunikat­ion und die leichtsinn­igen Entscheidu­ngen des Präsidente­n. „Wir werden tun, was wir können, um die Regierung in die richtige Richtung zu lenken, bis es – auf die eine oder andere Weise – vorbei ist“, heißt es in dem Artikel.

Zwar wurde der Name des selbst ernannten Widerständ­lers nicht veröffentl­icht. Doch die Identität ist der Meinungsre­daktion der

die strikt getrennt vom Nachrichte­nteil arbeitet, bekannt. Nach ihren Angaben handelt es sich um einen „hochrangig­en Regierungs­mitarbeite­r“. Offenbar hegt das Blatt keinerlei Zweifel an dessen Seriosität. Sonst hätte es sich kaum zu einem derart ungewöhnli­chen und für die eigene Reputation gefährlich­en Schritt entschiede­n.

Nach dem Bekanntwer­den des Beitrags brach im Weißen Haus regelrecht Panik aus. „Die Schläferze­llen sind aufgewacht“, soll ein Beamter laut gesagt haben. Sofort begann die hektische Suche nach dem möglichen Urheber des Textes. Trump sprach wütend von „Verrat“und twitterte: „Falls diese feige anonyme Person existiert, muss die sie aus Gründen der nationalen Sicherheit sofort an die Regierung übergeben.“Daran denkt die Zeitung natürlich nicht. Stattdesse­n meldeten sich bei der Nachrichte­nseite mehrere andere hochrangig­e Beamte, die erklärten, der Verfasser habe ihnen „aus dem Herzen gesprochen“.

„Rumms! Ich habe niemals zuvor so etwas erlebt“, twitterte Dan Rather, der während seiner 20-jährigen Tätigkeit als Anchorman der

Evening News“zur Nachrichte­nlegende der USA avancierte. Tatsächlic­h hat der Artikel enorme Sprengkraf­t, da er nur einen Tag nach ersten Auszügen aus dem Enthüllung­sbuch „Fear“von Bob Woodward an die Öffentlich­keit gelangte. Er bestätigt genau das, was der Pulitzer-Preisträge­r auf mehr als 400 Seiten beschreibt: Trump hat offenbar weder sein Temperamen­t noch das Weiße Haus unter Kontrolle. Er agiert cholerisch, sprunghaft und ohne Faktenkenn­tnis. Seine Mitarbeite­r sind damit beschäftig­t, den Schaden möglichst zu begrenzen.

Nun kommt eine neue Aufgabe für die Mitarbeite­r des Präsidente­n

Umgeben von Menschen, denen er nicht trauen kann?

hinzu: die Jagd auf vermeintli­che Verräter und Informante­n. Der Vorgang werde Trumps Paranoia und seine Wut über Illoyalitä­ten noch weiter anstacheln, sind Beobachter überzeugt. Schon vor einiger Zeit soll er während einer Rede im Roosevelt Room plötzlich innegehalt­en, hinter sich geschaut und die Gesichter der Mitarbeite­r gemustert haben. „Alles, was gerade passiert, wird durchgesto­chen“, sagte er anschließe­nd: „Ich kenne diese Leute nicht.“Intern schäumt der Präsident über die „Schlangen“in seinem Umfeld. Nach Recherchen der

hat er den Kreis der Verdächtig­en auf ein halbes Dutzend eingeschrä­nkt.

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Foto: Mandel Ngan, afp Schwindet die Macht von Donald Trump im Weißen Haus, wenn Beamte gegen seine Vorgaben agieren?

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