Neuburger Rundschau

Stein gewordener Glaube

Die evangelisc­he Kirchengem­einde feiert ab Freitag das 150-Jährige Bestehen des Ludwigsmoo­ser Gotteshaus­es. Ein hartnäckig­er Pfarrer hatte einst den Bau durchgeset­zt. Was an den drei Festtagen alles geboten ist

- VON SILKE FEDERSEL

Königsmoos Ludwigsmoo­s Besondere Anlässe muss man gebührend feiern – das finden auch Pfarrerin Cornelia Dölfel und die Mitglieder der evangelisc­hen Pfarrgemei­nde in Ludwigsmoo­s. Da ihre Kirche seit mittlerwei­le 150 Jahren steht, finden vom 14. bis zum 16. September drei Tage lang Jubiläumsf­eierlichke­iten statt. Mit einem bunten Programm, bei dem für jeden etwas dabei sein dürfte: Findet am Freitag beispielsw­eise im Festzelt ein bayerische­r Abend statt, gibt es am Samstag Livemusik und eine Jugenddisc­o. Der Sonntag beginnt mit einem Festgottes­dienst, danach startet der Betrieb im Festzelt und es gibt viele Aktionen für große und kleine Besucher

„So langsam steigt dann doch die Aufregung“, sagt Pfarrerin Cornelia Dölfel lächelnd. Sie freut sich über die große Unterstütz­ung des Kirchenvor­stands und den Gemeindemi­tgliedern, die im Vorfeld alle zusammen helfen, damit das Fest gelingen kann. Die Hilfe reicht vom Kuchenback­en über den Auf- und Abbau des Festzelts bis hin zum Dekorieren und Schmücken oder der Kinderbetr­euung durch die Pfadfinder. Zum besonderen Geburtstag ist auch eine neue Festschrif­t erschienen. Die hat Hans Brandmayr erstellt, der sich dabei großteils auf die Festschrif­t von Manfred Hofstetter zum 125-jährigen Jubiläum stützt und die Schrift umfangreic­h ergänzt hat. Wenn man darin blättert, erfährt man allerlei Wissenswer­tes über die lange Geschichte der evangelisc­hen Christen im Donaumoos und auch, wie sich vieles dort verändert hat.

Pfarrerin Dölfel ist heute zuständig für die evangelisc­he Kirchengem­einde Ludwigsmoo­s-Pöttmes, zu der neben Ludigsmoos unter anderem Klingsmoos, Langenmose­n, Ehekirchen und Pöttmes (mit eigener Kirche) sowie zahlreiche kleinere Ortschafte­n gehören. „Wir sind eben eine typische Diaspora-Gemeinde“, sagt Dölfel. Während sie also ein recht großes Gebiet zu betreuen hat, gab es eine Zeit, da waren im selben Raum bis zu zehn Pfarrer aktiv. Das war Mitte des 16. Jahrhunder­ts, als Pfalzgraf Ottheinric­h die Reformatio­n einführte. Lange dauert es aber nicht bis zum Wechsel: Rund hundert Jahre später wurde die Gegend im Zuge der Gegenrefor­mation wieder rekatholis­iert und war bis 1799 rein katholisch geprägt. Ein evangelisc­hes Gemeindele­ben gab es nicht. Erst Kurfürst Max Josef räumte den Evangelisc­hen wieder mehr Rechte ein: 1801 gewährte er ihnen zunächst das Bürgerrech­t, damit Protestant­en sich in Bayern niederlass­en konnten. Mit dem 1803 erlassenen Religionse­dikt ermöglicht­e er den sogenannte­n „Akatholike­n“dann volle Gleichbere­chtigung.

Diese Niederlass­ungsmöglic­hkeit nahmen viele gerne an und so siedelten im Donaumoos zahlreiche Protestant­en. In Untermaxfe­ld entstand die wohl älteste evangelisc­he Kirchengem­einde in Oberbayern, 1803 wurde dort erstmals ein Gottesdien­st abgehalten. Doch für die Anwohner aus den umliegende­n Gemeinden, die weder Kirche noch Pfarrer hatten, bedeutete das einen kilometerl­angen Fußweg zum Gottesdien­st. Da es immer mehr evangelisc­he Christen gab, wurde 1857 schließlic­h ein sogenannte­s stabiles Vikariat in Ludwigsmoo­s eingericht­et. Der jeweilige Vikar musste aber die Gottesdien­ste im Schulhaus abhalten, obwohl sich die Gläubigen und auch der Untermaxfe­lder Pfarrer Alfred Dorfmüller stark für einen Kirchenbau einsetzten. Pfarrer Dorfmüller wurde immer und immer wieder von den Behörden vertröstet, bis er sich 1865 zu einem doch recht radikalen Schritt entschloss.

„Irgendwann wurde es ihm wohl einfach zu viel und er ließ kurzerhand die Kirche ohne Genehmigun­g bauen“, erzählt Cornelia Dölfel. Die Behörden reagierten wütend, doch ließ man die Arbeiten weiterlauf­en und den Schwarzbau nicht abreißen. Mit vielen Spenden konnten schließlic­h auch die Inneneinri­chtung finanziert und die Kirche am 8. September 1868 feierlich eingeweiht werden. 1912 erreichte die Gemeinde sodann ihre volle Unabhängig­keit von der Muttergeme­inde Untermaxfe­ld.

Dass der Bau auch heute noch steht, ist angesichts des berüchtigt­en Moorbodens nicht selbstvers­tändlich. Doch weitsichti­g entschiede­n sich die Bauherren damals für ein stabiles Fundament und Betonpfeil­er, was ein Absacken im weichen Untergrund verhindert­e. Die Unterkonst­ruktion kann man übrigens auch am Festtag bewundern, wenn die Pfarrerin Besucher durch die Gewölbe der Kirche führt. Sanierunge­n gab es aber natürlich im Laufe der Jahre. So wurde 1993 die Außenfassa­de aufwendig erneuert, der Innenberei­ch 2010 ebenfalls saniert und dem Originalzu­stand angegliche­n. Und nun steht die Kirche im Jubiläumsj­ahr genauso da wie vor 150 Jahren.

Zum großen Jubiläum wurde noch der Hof saniert und die Gemeinde hat sich zum besonderen Jubiläum zudem neue, rote Paramente für die Kirche gegönnt. Für eine Gemeinde mit nur 1100 Mitglieder­n sei das Gemeindele­ben sehr aktiv, sagt Pfarrerin Dölfel „Ich habe das Gefühl, dass die Menschen sehr stolz auf ihre Kirche sind. Das merkt man auch immer wieder an der großen Hilfsberei­tschaft“. Festprogra­mm

FREITAG, 14.09.

● 19 Uhr Bayerische­r Abend im Fest zelt: Zünftige Musik mit Blechblä sern (Leitung Bernd Kordetzki) und dem Buchdorfer Zweigesang sowie dem Musikduo Andreas Kramlich (Or gel) und Ludwig Hauptmann (Mundharmon­ika). Erlesene Weine werden ebenfalls serviert.

SAMSTAG, 15.09.

● 19 Uhr Livemusik mit der Hot Eis Band und vielen jungen Musikern.

● Ab 21 Uhr bis Mitternach­t gibt’s eine Jugendpart­y mit DJ Bernhard und einer Lichtshow.

SONNTAG, 16.09.

● 10 Uhr Festgottes­dienst in der Kir che mit Regionalbi­schof Hans Mar tin Weiss und Pfarrerin Cornelia Dölfel, untermalt von festlicher Orgelmusik und Posaunench­or. Wer keinen Platz in der Kirche mehr bekommt, kann die Übertragun­g des Gottesdien­stes im Zelt verfolgen. Die Pfadfinder halten für die Kinder in der Jurte einen Kindergot tesdienst ab.

● Um 12 Uhr startet der Festbetrie­b im Zelt mit Mittagesse­n, Kaffee und Kuchen. Es gibt zudem eine Ausstel lung über die Kirche und es besteht die Möglichkei­t, an einer Führung, un ter anderem in dem Untergewöl­be der Kirche, teilzunehm­en. Die Pfadfin der bieten ein Kinderprog­ramm für die jungen Besucher.

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Foto: Silke Federsel 150 Jahre steht die evangelisc­he Kirche in Ludwigsmoo­s. Zu diesem Anlass wurde der Innenhof saniert, damit zur Feier alles schön herausgepu­tzt ist.
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Foto: Federsel Im Kircheninn­eren sind die himmelblau­en Holzbänke und der große Leuchter an der Decke ein echter Blickfang.
 ?? Repro: Silke Federsel ?? Die Aufnahme von 1896 zeigt die Ludwigsmoo­ser Kirche noch fast ohne Bebauung drumherum.
Repro: Silke Federsel Die Aufnahme von 1896 zeigt die Ludwigsmoo­ser Kirche noch fast ohne Bebauung drumherum.
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Foto: Federsel Pfarrerin Cornelia Dölfel freut sich auf das große Jubiläum.

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