Mitten im Leben
Andreas Fischer möchte am 14. Oktober für die SPD ins Maximilianeum einziehen. Warum der Sozialpädagoge glaubt, die Antworten auf die richtigen Fragen zu wissen
Die Vorstellung der Landtagskandidaten wird mit Andreas Fischer fortgesetzt. Der Leiter einer Integrationseinrichtung für Kinder ist der Direktkandidat der SPD für die Landtagswahl.
Hier ist er zuhause und Andreas Fischer steht dazu. Das Interview möchte der gebürtige Neuburger in seiner Wohnung im Ostend führen, zum Foto geht’s raus auf die Straße.
Der zentrale Claim, also Slogan, der Bayern-SPD auf den Wahlplakaten lautet: Zukunft im Kopf, Bayern im Herzen. Das sind ganz neue Töne. Mit dem traditionellen Heimatbegriff haben manche Genossen ja durchaus ihre Probleme. Wo würden Sie sich verorten?
Andreas Fischer: Bayern ist meine Heimat und ich bin ein leidenschaftlicher Neuburger. Familie, Freunde, der Ort, wo man aufgewachsen ist, das sind für mich ganz zentrale Werte. Die SPD hat in Bayern rund 60 000 Mitglieder, wir sind nach NRW der zweitstärkste Landesverband. Und immerhin war mit Kurt Eisner (1867-1919) ein Sozialdemokrat erster Ministerpräsident des Freistaats und hat die Republik ausgerufen. Ich glaube, Bayern und die SPD, das passt. Das Land braucht eine starke Sozialdemokratie, denn die Konservativen haben ein Stück weit abgewirtschaftet. Mich stört die verbale Verrohung in der politischen Diskussion und die Verengung auf ein einziges, alles bestimmendes Thema. Wir diskutieren nur noch über Migration und Flucht und verknüpfen alles damit. Dabei gäbe es eine Menge wichtiger Themen.
Sie selbst sind ein Späteinsteiger in die Politik...
Fischer: Ich hab’ mir eine ganze Zeit lang überlegt, mich politisch zu engagieren. Über den Heinz Schafferhans (Anm.: der SPD-Bezirkstagskandidat) bin ich in Kontakt mit der SPD gekommen und habe 2016 meinen Mitgliedsantrag abgegeben. So nach und nach bin ich dann ins Parteileben reingekommen und habe im April 2017 mit Mitstreitern, die mich zum Vorsitzenden gewählt haben, die Neuburger Jusos wiedergegründet. Seit Juni dieses Jahres schließlich bin ich Beisitzer im Kreis-Vorstand. Ich denke, es ist ganz gut, dass ich erst mit Ende 20 zur Politik gekommen bin. Ich hab’ mich vorher auch mit anderen Dingen beschäftigt, bin etwa auch bei der GEW und war bei Verdi.
Warum wollen Sie in vier Wochen in den Landtag einziehen?
Fischer: Ich will gestalten und Verantwortung
übernehmen. Ich will die Themen angehen, die uns beschäftigen. Zwischen 2006 und 2016 ist zum Beispiel im Stimmkreis Neuburg keine einzige Sozialwohnung gebaut worden. Dabei brauchen wir unbedingt bezahlbaren Wohnraum. Sonst haben wir hier bald Verhältnisse wie in Regensburg, wo ich studiert habe. Da sind Leute aus ihren Wohnungen rausgeklagt worden. Damit es nicht soweit kommt, ist ein Kraftakt nötig, und zwar in dreierlei
Hinsicht: Erstens müsste auch der Bund, der gar nicht zuständig ist, den Hebel ansetzen. Zweitens dürfte der Freistaat nicht nur an der Eigenheimförderung Interesse zeigen. Es gibt auch viele Mieter. Im Doppelhaushalt 2017/18 hat die Regierung die Fördersumme auf den Minusrekordwert von 87 Millionen halbiert! Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Fördersummen für den sozialen Wohnungsbau erhöht werden und Bayern eine landeseigene Woh- nungsbaugesellschaft gründet. Und drittens stehen die Kommunen in der Pflicht. Neuburg steht heute viel schlechter da als die Nachbarstädte Eichstätt oder Pfaffenhofen.
Welche Chancen rechnen Sie sich und der SPD denn aus?
Fischer: Ich will ein gutes Ergebnis erzielen. Wir stellen die richtigen Fragen, das sollte honoriert werden.
Welche Ziele möchten Sie noch umsetzen, wenn Sie ins Maximilianeum einziehen?
Fischer: Wir bräuchten in Bayern ein gesetzliches Recht auf Fort- und Weiterbildung. Wir müssen dafür in der Arbeitswelt mehr Raum schaffen. Bildung ist schließlich das Wichtigste im Leben und das Lernen hört nie auf. Dabei muss nicht jeder studieren, Stichwort Fachkräftemangel. Bildung braucht aber Teilhabe und Chancengleichheit. Wir bräuchten jetzt schon eine Ganztagsbetreuung an Grundschulen und nicht erst 2025, wie vorgesehen. In einer Gesellschaft, in der Mütter und Väter beide berufstätig sind, ist es umso wichtiger, dass auch die Ferienzeiten abgedeckt sind.
Wie stehen Sie, aus lokaler Sicht gesehen, in Kürze zu folgenden Problemen? Kostenfreie Kindertagesbetreuung: Fischer: Familien stehen unter besonderem Schutz des Staates. Familie bietet Geborgenheit, Sicherheit und ist für ein gesundes Aufwachsen notwendig. Bayern soll ein Land werden, in dem Familien durch eine finanzielle Entlastung und durch eine qualitative Kinderbetreuung unterstützt werden. Die Kinderbetreuung muss kostenfrei werden.
... Gesundheit, Erziehung und Pflege: Fischer: Tag für Tag leisten Erzieher und Erzieherinnen, Krankenpfleger und Krankenpflegerinnen hervorragende Arbeit. Die Belastungen, insbesondere in der Altenpflege, nehmen aber stetig zu. Soziale Berufe müssen einfach eine bessere gesellschaftliche Wertschätzung erfahren. Und wir müssen die Strukturen vor Ort stärken. Das Kreiskrankenhaus Schrobenhausen muss unbedingt erhalten bleiben. Die ärztliche Versorgung in ländlichen Regionen ist unglaublich wichtig, weil es immer weniger Hausärzte gibt.
Fischer: Umweltschutz ist nicht nur ein überregionales Thema, es geht uns alle vor Ort an. Das Donaumoos etwa verliert Jahr für Jahr 1,5 Zentimeter Torfmächtigkeit. Was können wir dagegen tun, dass dieser Naturraum verschwindet? Wir müssen uns unbequemen Fragen stellen, wie wir es mit dem ungebremsten Ressourcenverbrauch halten. Müssen wir täglich Fleisch essen und alles mit dem Auto fahren?