Neuburger Rundschau

Gewerkscha­ft: Zugpersona­l ohne Reserven

Funktionär erläutert Hintergrün­de

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Neuburg/Donauwörth Viele Fahrgäste auf der Donautalba­hn müssen in diesen Tagen und Wochen auf Busse oder gar das Auto umsteigen. Durch krankheits­bedingte Ausfälle hat das Unternehme­n Agilis, das für den Personenve­rkehr auf der Strecke Ulm-Donauwörth-Ingolstadt verantwort­lich ist, aktuell gleich sieben Züge auf dem täglichen Fahrplan gestrichen. Dieser Zustand wird voraussich­tlich bis 28. September andauern (wir berichtete­n). Für Uwe Böhm kommt das nicht überrasche­nd. Der Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft Deutscher Lokführer (GDL) beobachtet seit Längerem mit Sorge, dass bei Agilis und anderen Eisenbahng­esellschaf­ten das Personal knapp ist – zu knapp, wie sich nun zeige.

„Das ist nicht nur ein Problem von Agilis“, betont Böhm. Natürlich leide die Branche unter Fachkräfte­mangel. Das Problem sei aber zum Teil auch hausgemach­t. Die Tatsache, dass der jeweils günstigste Anbieter den Zuschlag für ein bestimmtes Schienenne­tz bekommt, habe in den vergangene­n Jahren dazu geführt, dass die Firmen hart kalkuliert­en. Bereitscha­ftskräfte, die im Notfall kurzfristi­g einspringe­n können, seien im Nahverkehr immer weiter reduziert worden: „Da kommt am Ende so etwas heraus.“

Ebenso scheuten viele Unternehme­n, darunter auch Agilis, die Kosten für eine Ausbildung ihrer Lokführer beziehungs­weise Triebfahrz­eugführer im Rahmen einer dreijährig­en Lehre. Vielmehr setze die Firma auf eine Qualifizie­rung von Erwachsene­n. Die können – sofern sie eine (andere) abgeschlos­sene Berufsausb­ildung haben – innerhalb von neun Monaten die Lizenz zum Führen eines Triebwagen­s erwerben. Die GDL kritisiere immer wieder, dass der Lehrberuf ins Abseits geraten ist, erklärt der Gewerkscha­fter. Die politisch gewollte Kleinteili­gkeit des Schienenne­tzes in Bayern – im Freistaat gibt es laut Böhm über 40 Teilnetze – mache das ganze System anfälliger. Bei Agilis sei die personelle Lage schon seit Monaten äußerst angespannt. Zum Teil hätten Triebfahrz­eugführer 200 und mehr Überstunde­n. Es komme nicht selten vor, dass eine Schicht zehn Stunden dauere. Derweil hofft man bei Agilis, dass keine weiteren Mitarbeite­r erkranken. Mit der Streichung von Zügen und dem bis 28. September anberaumte­n Ersatzverk­ehr mit Bussen wolle man die Situation stabilisie­ren und für die Fahrgäste überschaub­ar halten, heißt es aus der Pressestel­le der Agilis-Zentrale in Regensburg.

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