Haben Sie einen Organspendeausweis?
Organspenden retten Leben. Damit das häufiger geschieht, will der Gesundheitsminister ein Gesetz ändern. Was eine Notärztin, ein Bestatter, der BRK-Chef und ein Pfarrer dazu sagen
Donauwörth Was passiert mit den Organen nach dem Tod? Eine Frage, über die sich viele Menschen zunächst oft keine großen Gedanken machen. Ein Herz, eine Lunge oder eine Niere können aber einem kranken Menschen das Leben retten. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stehen 84 Prozent der Deutschen dem Thema Organspende positiv gegenüber. Trotzdem haben nur 36 Prozent einen Organspendeausweis.
Deshalb steht nun ein Vorschlag von Gesundheitsminister Jens Spahn im Raum: die Widerspruchslösung. Das heißt, dass Organe eines Toten gespendet werden, wenn dieser oder seine Angehörigen der Spende nicht ausdrücklich widersprechen. Bisher ist eine ausdrückliche Zustimmung, etwa in der Form eines Organspendeausweises, notwendig. Wir haben eine Notärztin, einen Bestatter, einen Pfarrer und den Geschäftsführer des Kreisverbands Nordschwaben beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) zur Organspende gefragt, ob sie so einen Ausweis haben und wie sie den Vorschlag Spahns beurteilen.
Notärztin Birgit Baier hat einen Organspendeausweis, seit sie 18 Jahre alt ist. „Ich stehe der Organspende sehr positiv gegenüber“, sagt die Notärztin. Den Vorschlag von Jens Spahn hingegen sieht Baier sehr kritisch. „Organspende ja, aber Widerspruchslösung nein“, ist ihre klare Meinung. „Ein Patient soll sich bewusst dafür entscheiden, Organe zu spenden. Wenn er diese Entscheidung nicht klar getroffen hat, sollte er nicht zum Organspender gemacht werden. Das schränkt die Freiheit des Menschen ein. Schließlich weiß man ja nicht, ob er etwas dagegen hat, ausgeschlachtet zu werden“, so Baier weiter. Die Notärztin findet, dass es wichtig ist, sich bewusst mit dem Thema zu beschäftigen. Einen Vorschlag hat sie dabei auch parat: „Ich fände es besser, wenn man mit 18 Jahren eine Entscheidung treffen muss. Da ist jeder automatisch gezwungen, sich Gedanken zu machen“, so Baier.
Bestatter Albert Uhl hat täglich mit dem Thema Tod zu tun. Er besitzt einen Organspendeausweis, hat sich also ebenfalls schon mit der Frage befasst, was mit seinen Organen einmal geschehen soll. „Ich habe einen solchen Ausweis, weil ich von der Organspende absolut überzeugt bin“, betont Uhl. Als „prinzipiell gut“bezeichnet er den Gesetzesvorschlag des Gesundheitsministers. „Die Leute kommen damit nicht darum herum, sich mit der Thematik ernsthaft auseinanderzusetzen. Bei vielen Menschen ist das Thema aktuell leider weit weg“, erklärt der Bestatter. „Viele Menschen denken nicht ans Sterben beziehungsweise wollen nicht sterben. Ich würde mir wünschen, dass sie sich mit dem Thema Organspende noch aktiver befassen“, äußert der Bäumenheimer weiter.
BRK Kreisgeschäftsführer Arthur Lettenbauer sieht die Organspende ebenfalls „als wichtiges Instrument“. Spahns Vorschlag unterstützt er. „Es ist der richtige Weg in diesem Bereich. Wenn jemand klar dagegen ist, hat er ja die Möglichkeit, Einspruch einzulegen. Für die Zahl der Spender wäre es auf jeden Fall förderlich“, so Lettenbauer, der auch im Besitz eines Organspendeausweises ist. Es werde zwar immer zwei Lager bei der Debatte um die Organspende geben, jedoch sei dies wichtig, um die Diskussion um dieses wichtige Thema weiter anzufeuern, sagt der Kreisgeschäftsführer. „Es ist sehr wichtig, dass man darüber redet“, resümiert er.
Stadtpfarrer Dekan Robert Neuner befürwortet das Thema Organspende. Auch wenn er selbst keinen Spenderausweis besitzt, findet er das Thema sehr wichtig. „Ich kann verstehen, dass viele Menschen kritisch zu dem Thema stehen, wenn man die Schlagzeilen zum Organspendeskandal gelesen hat. So etwas wird oft groß gemacht, aber man vergisst dabei, dass die Organspende auch schon sehr vielen Menschen das Leben gerettet hat“, meint Neuner. Bei der Idee von Jens Spahn sieht der Geistliche eine positive und eine negative Seite. „Zum einen finde ich es extrem wichtig, dass über Organspende geredet wird. Spahn hat es geschafft, diese Diskussion weiter anzufachen“, erklärt Neuner. Andererseits müsse die Sache auf freiwilliger Basis geschehen. „Letztendlich sollten sich die Menschen schon bewusst dafür entscheiden“, betont der Donauwörther Stadtpfarrer.