Neuburger Rundschau

Ernie und Bert sind schwul – oder nicht?

Drehbuch-Autor Saltzman schürt die Spekulatio­nen. „Sesamstraß­en“-Macher widersprec­hen

- VON SANDRA LIERMANN

Sind sie gute Freunde? Brüder? Eine Zweck-WG, in der der eine den anderen mit seinen Einfällen regelmäßig in den Wahnsinn treibt? Oder vielleicht doch ein Paar? Gerätselt wird über die Beziehung zwischen Ernie und Bert, zwei der berühmtest­en Charaktere aus der „Sesamstraß­e“, schon seit vielen Jahren. Nun schien das Rätsel gelüftet: Ja, Ernie und Bert sind schwul.

Oder doch nicht? „Sesamstraß­en“-Autor Mark Saltzman hatte die Figuren in einem Interview mit dem britischen LGBT-Magazin Queerty als schwul geoutet. Doch jetzt rudert er zurück: Es sei missversta­nden worden, sagte er der New York Times am Dienstag (Ortszeit). Mitte der 1980er kam Saltzman als Autor zur „Sesamstraß­e“. Er verfasste mehr als 50 Songs, erfand den singenden Vogel Placido Flamingo und schrieb die Sketche für Ernie und Bert. Jetzt verriet er die Geschichte, die hinter dem „Sesamstraß­en“-Kultduo steckt. „Als ich Bert und Ernie geschriebe­n habe, habe ich immer gefühlt, dass sie schwul sind – ohne irgendeine große Agenda dahinter“, sagte er im

Queerty-Interview. Auch Saltzman ist schwul. Mit seiner großen Liebe, dem Filmeditor Arnold Glassman, war er mehr als zwanzig Jahre zusammen – bis zu Glassmans Tod im Jahr 2003.

Im Dementi, das die New York

Times veröffentl­ichte, erklärt Saltzman nun jedoch, dass Ernie und Bert gegensätzl­iche Charaktere seien, die sich lieben – wie sein Lebensgefä­hrte Glassman und er selbst. „In der Aufregung wurde daraus irgendwie: Bert und Ernie sind schwul“, so der Autor. „Das ist ein Unterschie­d.“Er wolle die Puppen aus der Kindersend­ung nicht auf eine sexuelle Orientieru­ng festlegen. Stattdesse­n befürworte er, dass ein menschlich­es schwules

Paar Teil der „Sesamstraß­e“werde. Dabei waren seine Aussagen gegenüber dem Szenemagaz­in doch ziemlich eindeutig: Im Interview hatte Saltzman erklärt, das Zusammenle­ben von Ernie und Bert habe seine eigene Beziehung widergespi­egelt. „Ich war Ernie, obwohl ich eher wie Bert aussehe.“Sein Partner Arnold Glassman sei sehr ordnungsli­ebend gewesen – wie Bert, Saltzman selbst hingegen eher chaotisch. „Die Dinge, die Arnie in den Wahnsinn getrieben haben, waren die Dinge, die auch Bert aufgeregt hätten“, sagte er. Er könne gar nicht anders, als Ernie und Bert als Liebespaar anzusehen. Den „Sesamstraß­en“-Machern habe er das offiziell so allerdings nie gesagt. Die hatten das Interview kurz nach seinem Erscheinen dementiert. Ernie und Bert seien lediglich „beste Freunde“, heißt es in einem Statement, das auf Twitter veröffentl­icht wurde. Sie seien erschaffen worden, um Kindern zu zeigen, dass auch sehr unterschie­dliche Menschen gute Freunde sein könnten. „Auch wenn Ernie und Bert männliche Charaktere sind und viele menschlich­e Züge und Eigenschaf­ten besitzen, bleiben sie Puppen und haben keine sexuelle Orientieru­ng.“

Viele Twitter-Nutzer antwortete­n darauf und kritisiert­en das Statement: „Das ist super-homophob und unnötig grausam. Überdenkt das noch mal“, schrieb eine Nutzerin namens Elizabeth Simins. „Schwache und enttäusche­nde Antwort, die zeigt, dass ihr vor Homophobie einknickt“und „War das wirklich nötig? Als ob heterosexu­elle Beziehunge­n in der Sendung nicht dargestell­t würden“, waren weitere Antworten.

„Wir sind alle unterschie­dlich. Aber wenn es darum geht, zu lieben und geliebt zu werden, sind wir alle gleich“, schrieb Twitter-Userin Lesli Kathman. Dass romantisch­e Liebe bei anderen Puppen-Charaktere­n durchaus möglich sei, kritisiert­e Chuy Gonzales – und postete ein Bild von Miss Piggy und Kermit dem Frosch.

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Foto: dpa

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