„Mission Zukunft“gegen „Ego first“
Mit Ministerpräsident Markus Söder kommt auch CSU Ehrenvorsitzender Edmund Stoiber nach Neuburg. Leidenschaftlich reden sie im Kolpingsaal über die Erfolgsgeschichte Bayerns und wie diese fortgeschrieben werden kann
Irgendwie hat man sie vermisst, die leidenschaftlichen Reden von Bayerns Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber. Am Dienstagnachmittag ließ der mittlerweile 77-Jährige die rund 250 Besucher im Neuburger Kolpingsaal wissen, wofür sein Herz brennt – nämlich für ein Bayern, das Traditionen pflegt und die Zukunft gestaltet und mit der CSU eine regierende Partei besitzt, die in Berlin und Brüssel gleichermaßen Gewicht hat. In Markus Söder sieht er einen Garanten dafür, dass dieser Weg fortgesetzt wird und der Freistaat das bleibt, was er ist: das Bundesland in Deutschland, mit dem sich kein anderes messen kann.
Edmund Stoiber, Ehrenvorsitzender der CSU, hat den Ministerpräsidenten nach Neuburg begleitet. Dort hatte Staatssekretär Hans Reichhart als Landesvorsitzender der Jungen Union eine Kundgebung im Kolpinghaus organisiert. Natürlich sollten damit auch die lokalen Bewerber für den Land- und Bezirkstag unterstützt werden, allen voran Matthias Enghuber. Als Direktkandidat der CSU für den Landtag geht es dem 34-Jährigen nicht anders als allen anderen, die sich in Reihen der Christsozialen für ein Mandat bewerben. Sie tun sich im Wahlkampf ungemein schwer, die Bürger von der erfolgreichen Arbeit, die seit Jahrzehnten im Freistaat geleistet wird, zu überzeugen. Enghuber hat es zudem noch schwerer als andere. Er hat mit dem amtierenden Landrat Roland Weigert ein echtes politisches Schwergewicht als Gegenkandidaten. Und für den Einzug in den Landtag muss Enghuber das Direktmandat gewinnen.
Mit Markus Söder war Enghuber vor der Kundgebung in Neuburg noch in Bertoldsheim, wo es um den geplanten Polder ging (siehe unten
stehenden Bericht). Das erklärt die rund 30-minütige Verspätung, mit der Söder im Kolpinghaus ankommt, wo ihn Edmund Stoiber be- reits erwartet. Gemeinsam ziehen sie in den Saal ein. Der Ministerpräsident macht trotz des engen Terminplans einen entspannten Eindruck, als er nach der Begrüßung durch den JU-Landesvorsitzenden ans Rednerpult tritt. Dort ist neben ihm in einem großen Kreis sein Konterfei zu erkennen. Umschrieben ist das Bild mit den Worten „Bavaria one – Mission Zukunft“.
Es ist eine Kernbotschaft in der Rede Söders. Im Freistaat wurde die größte Fakultät für Luftund Raumfahrt in Europa gegründet. Mit dem Blick von den Satelliten auf die Erde und der Auswertung der Daten in bereits existierenden und neu entstehenden Superrechnern werden sich völlig neue Steuermöglichkeiten ergeben. Ob Digitalisierung, künstliche Intelligenz oder Robotik: „Im Gegensatz zu anderen haben wir als CSU ein klares Zukunftskonzept, bei der wir die Technologie nicht einkaufen, sondern selbst entwickeln wollen“, verdeutlicht Söder. Andere Parteien würden keine Veränderungen wollen, blickten eher zurück. „Wir aber wollen noch viel moderner werden und bayerisch bleiben“, verdeutlicht er, wie die CSU den hohen Standard im Freistaat halten will. Gerade sei beschlossen worden, fügt er an, dass Bayern 700 Millionen Euro in die Zukunft investiert.
Erfolg, sagt der Ministerpräsident, sei kein Zufall, sei nicht eingerade fach so entstanden. „Der Wohlstand“, zitiert er einen Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über Bayern, „ist staatsgemacht“. Doch Tabellenführer zu bleiben, sei schwieriger, als man sich das vorstellt. Überall würden derzeit etablierte Systeme, Parteien und Organisationen wackeln. Ein Wind der Spaltung wehe auch durch Bayern. Dabei sei die Relation der Probleme manchmal absurd und von „maximalem Eigeninteresse“gezeichnet. „Ego first lautet die Schlagzeile“, erklärt Söder.
Mehr denn je brauche es deshalb politische Gruppierungen, die ein Anker sind und alles daran setzen, um die Gesellschaft zusammenzuhalten. Bis zu sieben Parteien im Landtag? Geschrei von Links- und Rechtsaußen? Das lähme nur die Prozesse. Er möchte, dass Bayern, „stark, stabil und einzigartig“bleibt und keine Berliner Verhältnisse. „In zwei Wochen geht es um den Freistaat und nicht um irgendwelche Minister in Berlin“, fügt er später noch an.
Den Namen von Bundesinnenminister Horst Seehofer nimmt weder er noch Stoiber in den Mund. Dass man den Parteivorsitzenden als Schuldigen für die miesen Umfragewerte der CSU ausmacht, ist dagegen kein Geheimnis. Elf Tage bleiben nun noch Zeit. Söder, Stoiber und Matthias Enghuber in seinen abschließenden Worten sind sich einig, dass zu viel auf dem Spiel steht, um der CSU in Zeiten wie diesen einen Denkzettel zu verpassen. Sie sind sich einig, dass „unsere Demokratie, aber auch die in Europa, das Beste ist, was uns passieren kann“. Dafür müsse man gemeinsam kämpfen. „Denn in Bayern geht es nicht nur um die Fortsetzung der Erfolgsgeschichte. Es geht auch um das Schicksal der Menschen, die hier leben“, schloss Söder.
Beim Hinausgehen schnappt er sich noch schnell eine verlockend am Buffet im Foyer liegende Wurstsemmel, steigt in die Limousine und ab geht es zum nächsten Termin. Wahlkampf fordert eben nicht nur den ganzen Kerl, er lässt offenbar auch kaum Zeit, den Hunger zu stillen.