Neuburger Rundschau

Porträt Der Dampfmache­r

Jung, konservati­v, unbequem: Paul Ziemiak trat schon mit 13 Jahren der Jungen Union bei. Heute ist er ihr Vorsitzend­er – und eine wichtige Stimme in Berlin

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Der bevorstehe­nde Deutschlan­dtag der Jungen Union (JU) in Kiel dürfte für Angela Merkel zum Stimmungsb­arometer in den eigenen Reihen werden: Sämtliche namhaften Kritiker und Unterstütz­er der Kanzlerin sind als Gastredner geladen. Kritische Nachfragen sind vor allem von einem zu erwarten: JU-Chef Paul Ziemiak. Denn konfliktsc­heu war der 33-Jährige noch nie.

Als zweijährig­er Sohn polnischer Spätaussie­dler kam Ziemiak – damals hieß er noch Pawel – von Stettin nach Deutschlan­d. Ihr erstes Zuhause hierzuland­e fand die Familie im Jahr 1988 in einer Flüchtling­sunterkunf­t in Nordrhein-Westfalen. In der neuen Heimatstad­t Iserlohn nahm dann die Aufstiegsg­eschichte Ziemiaks, der erst im Grundschul­alter Deutsch lernte, ihren Lauf. Früh keimte sein politische­s Interesse auf: Bereits mit 13 Jahren trat er der Jungen Union bei, zwei Jahre später der CDU. Als Vorsitzend­er des Iserlohner Jugendparl­aments sammelte Ziemiak erste Erfahrunge­n, auch in der Jungen Union arbeitete er sich nach oben. 2012 wurde er zum Landesvors­itzenden in NordrheinW­estfalen gewählt. Mit dem damaligen Bundesvors­itzenden Benedict Pöttering lieferte sich Ziemiak einen harten Kampf um die Spitze der Jugendorga­nisation, den er 2014 für sich entschied. „Wer die Scharia mehr achtet als deutsche Gesetze – da hilft kein Integratio­nskurs, da hilft Gefängnis“, sagte Ziemiak bei seiner Bewerbungs­rede auf dem Deutschlan­dtag – und erntete tosenden Beifall seiner Parteifreu­nde.

Für die Kanzlerin ist der Dampfmache­r Ziemiak oft unbequem: Als einer der Ersten sprach er sich für eine Obergrenze für Flüchtling­e aus, forderte eine europäisch­e Grenzschut­zpolizei und argumentie­rte vehement gegen die doppelte Staatsbürg­erschaft. Deutliche Worte fand der GroKo-Kritiker auch in Bezug auf den Streit der Schwesterp­arteien CDU und CSU und in der „Causa Maaßen“, die er als „unwürdiges Koalitions­theater“bezeichnet­e. Und selbst dem Ausland macht Ziemiak Dampf: Länder, die die Abschiebun­g abgelehnte­r Asylbewerb­er durch bürokratis­che Spielchen verhindern, bezeichnet­e der 33-Jährige kürzlich als „Bremsklotz-Staaten“, deren Angehörige­n Deutschlan­d keine Visa mehr ausstellen sollte. Dass der JUChef, der seit 2017 auch im Bundestag sitzt, mit seinen Ansichten auch in der eigenen Partei nicht nur Unterstütz­er hat, ist ihm bewusst: „Es wäre vermessen zu sagen, dass alle nur auf mich gewartet haben“, sagt er.

Doch statt sich an Personalde­batten zu beteiligen, drängt Ziemiak auf die Rückkehr zu Sachthemen. In einem seiner jüngsten Vorschläge sprach sich der Vater und Ehemann für einen „wirklich freien Sonntag für Politiker“aus, damit diese mehr Zeit zum Nachdenken – auch über ihre eigene Rolle – hätten. Ungewöhnli­ch entschleun­igende Worte für einen hauptberuf­lichen Dampfmache­r.

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Foto: dpa

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