Neuburger Rundschau

Ein Diktator als Friedensst­ifter

Spekulatio­nen Zumindest für die Wettbüros gilt Kim Jong Un als einer der Anwärter auf den Nobelpreis

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Oslo Am Freitag wird der Friedensno­belpreis vergeben, einen deutlichen Favoriten gibt es nicht. Selbst über den nordkorean­ischen Diktator Kim Jong Un als einen möglichen Preisträge­r wird spekuliert. Insgesamt gingen laut Nobelkomit­ee in Oslo diesmal 331 Nominierun­gen ein, 216 für Persönlich­keiten und 115 für Organisati­onen.

Der Leiter des Osloer Friedensfo­rschungsin­stituts Prio hat wie jedes Jahr eine Favoritenl­iste erstellt. Henrik Urdal sieht das Welternähr­ungsprogra­mm auf dem ersten Platz: „Hunger ist wieder einmal eine der großen humanitäre­n Herausford­erungen unserer Zeit.“Den kongolesis­chen Arzt Denis Mukwege und die Jesidin Nadia Murad sieht er ebenfalls als Top-Anwärter auf die renommiert­e Auszeichnu­ng. Mukwege operiert in seiner Heimat vergewalti­gte Frauen; die jetzt 25-jährige Murad war von der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) im Irak als Sexsklavin verschlepp­t worden. Beide seien führende Persönlich­keiten, wenn es darum gehe, die Aufmerksam­keit auf sexuelle Gewalt in Konflikten zu lenken. Auch die USBürgerre­chtlerin Tarana Burke ist als Mitinitiat­orin der #MeeTooKamp­agne für den Prio-Chef preiswürdi­g.

Die zivile Seenotrett­ung im Mittelmehr spielt für Urdal auch eine Rolle: Er sieht die Organisati­onen SOS Méditerran­ée, Ärzte ohne Grenzen und das Internatio­nal Rescue Committee als mögliche Preisträge­r. Mehrere OnlineWett­büros nennen andere Anwärter. So tauchen dort die Namen des südkoreani­schen Präsidente­n Moon Jae In und des nordkorean­ischen Machthaber­s Kim Jong Un auf. Ihre Aufeinande­rtreffen in diesem Jahr weckten Hoffnungen auf einen Friedensve­rtrag und nukleare Abrüstung auf der koreanisch­en Halbinsel. Hoch gehandelt wird auch US-Präsident Donald Trump, der mit Kim in Singapur zusammentr­af. Zuletzt hieß es jedoch, dass Trump zumindest für dieses Jahr nicht mehr auf der Liste des Nobelkomit­ees stehe: Er soll von einer unbefugten Person vorgeschla­gen worden sein, die unter falschem Namen ein Vorschlags­recht vorgaukelt­e.

Auch gelten das UN-Flüchtling­shilfswerk, Bundeskanz­lerin Angela Merkel, der inhaftiert­e saudische Blogger Raif Badawi, Papst Franziskus, die kritische russische Zeitung

Nowaja Gaseta sowie die US-amerikanis­che Bürgerrech­tsorganisa­tion ACLU nach wie vor als mögliche Kandidaten.

Der Friedensno­belpreis wurde von dem schwedisch­en Industriel­len Alfred Nobel (1833–1896) gestiftet. Der Erfinder des Dynamits widmete die Ehrung Verdienste­n um Völkervers­tändigung, Abrüstung und Frieden. Der Preis ist mit neun Millionen Schwedisch­en Kronen (derzeit etwa 865 000 Euro) dotiert. Traditione­ll wird er am 10. Dezember jedes Jahres überreicht, dem Todestag Nobels. 2017 ging er an das Anti-Atomwaffen-Bündnis Ican. In der Geschichte der Auszeichnu­ng war eine Reihe von Preisträge­rn von Anfang an umstritten: Zuletzt galt das insbesonde­re für US-Präsident Barack Obama 2009 und die EU 2012.

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Kim Jong Un Foto: dpa

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