Einsatz mit Herz
Soziales Bettina Specht ist Dorfhelferin, derzeit auf einem Hof in Weichering. Ohne sie könnten die Moosheimers die Kartoffelernte und den Haushalt nur schwer bewältigen. Trotzdem war es nicht ganz leicht, die Hilfe anzunehmen
Bettina Specht ist Dorfhelferin, derzeit auf einem Hof in Weichering. Sie hilft der Familie Moosheimer, die Ernte und den Haushalt zu bewältigen.
Weichering Es rattert, der Untergrund wackelt. Doch Bettina Specht stört das nicht. Unbeirrt steht die 31-Jährige auf dem Vollernter und klaubt faulige Kartoffeln, Erdklumpen und Steine vom Verleseband. In ein paar Stunden wird sie Winterjacke, Weste, Thermoleggins und Arbeitshose gegen Jeans und Sweatshirt eintauschen. Dann wird sie das Bügelbrett aufklappen und die Wäsche machen. Dabei sind es weder ihre eigenen Kartoffeln, die sie da gerade erntet, noch gehören ihr die Kleidungsstücke, die sie stets ganz akkurat zusammenlegt. Bettina Specht ist Dorfhelferin und als solche seit Anfang September auf dem Hof der Familie Moosheimer in Weichering tätig. Heidi Moosheimer hat sich das Schlüsselbein gebrochen. „Ich darf nichts halten, was mehr als 500 Gramm wiegt“, erzählt die 47-Jährige. An Kartoffelernte ist da nicht zu denken. Also hat ihr Mann Martin bei den Maschinenringen in Neuburg um Unterstützung gebeten. Ungefähr eine Woche später kam Bettina Specht. „Die Hemmschwelle war enorm, jemand Fremden ins Haus zu lassen“, erzählt Heidi Moosheimer. „Hätte ich es geahnt, hätte ich die Schränke noch einmal rausgewischt...“Doch dann war die Not einfach zu groß. Inzwischen ist die Mutter von drei Kindern froh, dass ihr die 31-Jährige hilft – auf dem Feld und im Haushalt. „Es ist ein Glücksfall. Ich weiß nicht, wie wir es sonst gemacht hätten.“Und auch Bettina Specht fühlt sich wohl bei den Moosheimers. Es ist ihr erster Einsatz als fertig ausgebildete Dorfhelferin. Specht, die aus Grimolzhausen stammt, hat eigentlich Apothekenhelferin gelernt. Doch nach mehreren Jahren im Beruf war ihr diese Tätigkeit nicht mehr abwechslungsreich genug. Also absolvierte sie die Ausbildung zur Hauswirtschafterin, die Voraussetzung für die Fortbildung zur Dorfhelferin ist. Bettina Spechts Firmpatin war Hauswirtschafterin. „Sie hat mir immer davon vorgeschwärmt, wie toll es bei den Familien ist“, erzählt die 31-Jährige. Nun gerät Bettina Specht selbst ins Schwärmen: wie vielseitig ihr Arbeitsalltag ist, dass sie oft neue Leute kennenlernt und ständig dazulernt. Sowohl die Tätigkeiten draußen als auch drinnen machen ihr Spaß – die Mischung macht’s. Flexibilität, Fleiß, eine schnelle Auffassungsgabe und vor allem Empathie zeichnen eine gute Dorfhelferin aus, findet Bettina Specht. „Ich frage mich immer: Wie würde ich mich fühlen, wenn eine fremde Per- einfach meinen Schrank aufreißen würde?“Bestimmte Grenzen dürfe man nicht überschreiten. Erst muss das Vertrauen aufgebaut werden, Familienmitglieder und Dorfhelferin müssen sich aneinander gewöhnen. Bettina Specht ist nicht die einzige Dorfhelferin im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Insgesamt sind es fünf. Vier festangestellte und eine selbstständige, außerdem zwei festangestellte Betriebshelfer, berichtet Sieglinde Hutter, die seit 2011 bei den Maschinenringen für die Vermittlung der Dorfhelferinnen zuständig ist. Sie schickt die zu den Einsatzorten – immer dann, wenn Familien in eine Notlage geraten: zum Beispiel nach einem Unfall wie bei Heidi Moosheimer, nach einem Todesfall, bei Krankheit, Reha oder Schwangerschaft. Die Einsätze dauern teils wenige Wochen, in Ausnahmefällen aber auch bis zu einem Jahr. Bedarf an Dorfhelferinnen gibt es immer, sagt Sieglinde Hutter. Insbesondere bei privaten Haushalten würde die Nachfrage sogar eher steigen. Die Unterstützung muss allerdings zuerst von der Krankenkasse oder der Berufsgenossenschaft, je nachdem, wer für die Leistung aufson kommt, genehmigt werden, erklärt Hutter. Meistens klappt das. Nur „manchmal denke ich mir, das gibt es doch nicht, dass das nicht bewilligt wird!“Dass der Dienst der Dorfhelferinnen ausgenutzt wird, diese Gefahr sieht die Vermittlerin nicht. Im Gegenteil: Manche Menschen müssten erst davon überzeugt werden, die Hilfe überhaupt anzunehmen. Um 15.30 Uhr geht für Bettina Specht der Arbeitstag zu Ende. Sie arbeitet in der Regel 35 Stunden pro Woche, kann aber auch Überstunden aufbauen, wenn nötig. Die Wochenenden hat sie frei – das ist jeHilfskräfte doch von Fall zu Fall unterschiedlich. Wenn Heidi Moosheimer sie nicht mehr braucht, fährt die Dorfhelferin nach Hause. Dann schmeißt sie ihren eigenen Haushalt. Bettina Specht: „Das ist dann dasselbe noch mal – nur ohne Kartoffeln!“Jetzt, wo die Kartoffelernte zu Ende ist, werden sich die Aufgaben der 31-Jährigen verändern. Dann wird sie weniger auf dem Acker gebraucht und kann stattdessen eine ihrer Lieblingstätigkeiten ausüben, das Kochen. Ein Gericht steht schon fest: Bohnensuppe.