Wer ist der Größte?
In ein paar Stunden haben die Wahlplakate ausgedient. Bis dahin gleichen unsere Straßen noch einem Laufsteg im Kampf um die besten Plätze. Klar ist: Wer gewählt werden will, der muss einiges tun, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Aber ob die sich wirklich wohlfühlen, die uns da von Bäumen und Laternenmasten zulächeln? Meinen die wirklich, dass sie die Besten oder die Klügsten sind, oder sehen sie sich in diese Rolle hineingedrängt?
Ich weiß es nicht. Ich erinnere mich daran, dass Jesus seinen Freunden gesagt hat: „Hört doch auf zu streiten, wer von euch der Größte ist. Echte Größe zeigt sich im Dienen und nicht im Wetteifer zu glänzen, alles zu wissen und zu können.“Er zeigt auf die Kinder. Die können ohne Angst fragen und zugeben, dass sie noch vieles lernen müssen. Wo das möglich ist, da wird Konkurrenzund Herrschaftsdenken aufgebrochen, da werden Barrieren zwischen Großen und Kleinen abgebaut.
Da wächst Menschlichkeit – und die Herrschaft Gottes. Das gilt nicht nur für die Politik. Auch die Kirche muss Demut lernen und sich von dem Schein verabschieden, ohne Fehler zu sein. Je höher der Anspruch, desto mehr lassen die Fakten erschrecken. Aber wahr ist auch: Oft werden die Vertreter der Kirche genauso wie die Politiker dazu genötigt, sich größer aufzuspielen als sie sind. Wer bescheiden schweigt oder gar sagt, dass er manches einfach nicht wisse, der gilt schnell als unfähig für ein Amt.
Wer da mitspielt, den zählt Jesus zu den „Letzten“. Wir können auch sagen: Sie sind geradezu gemeingefährlich, denn sie belasten das Zusammenleben, spalten und gefährden den Frieden. Beispiele dafür gibt es genug, nicht nur in Zeiten des Wahlkampfes oder aufgedeckter Skandale. Darum: Vorsicht beim Kampf um die ersten Plätze in der Politik, in der Kirche, in der Arbeitswelt, in den Medien – und nicht zuletzt in der Familie, überall, wo Menschen zusammenkommen.